6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen
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Allerdings besäßen nicht alle eine solche Ruhe; selbst den Gläubigen sei sie nicht
immer gegeben, da auch deren Seelen durch das Wissen um die eigene Sündhaf-
tigkeit oftmals beunruhigt wären.351
Von dieser für ihn als Seelsorger wohl aus dem täglichen Umgang mit Men-
schen erwachsenen Gewissheit, dass selbst ein guter Mensch nicht notwendiger-
weise ein ruhiges Gewissen haben muss, kommt Webbe direkt zur Feststellung,
dass es vier Arten des Gewissens gebe - dies habe der geistreiche Bernhard gut
beobachtet.352 Auf welchen Text sich Webbe hier konkret bezieht, bleibt im
Dunkeln; zu unspezifisch sind seine anschließenden Ausführungen in ihrem Be-
zug auf mögliche Referenzen. Doch ist es recht wahrscheinlich, dass er seine
Kenntnisse schlicht aus der Exposition des John Boys erworben hatte, wie neben
der bereits erwähnten textlichen Parallelität nicht zuletzt die typographische
Ähnlichkeit der Bezüge in beiden Werke nahelegen: eine jeweils vierzeilige, num-
merierte Auflistung mit überdies identischer Formulierung.
Die beiden Arten eines guten Gewissens gehören zu den guten Menschen, die
schlechten zu den bösen, deren Gewissen entweder zu ruhig oder zu unruhig ist.
Letztere haben sich an die Sünde gewöhnt, weshalb ihr Gewissen schläfrig wird.
Niemand aber sei in gefährlicherer Weise krank als derjenige, der nicht merkt,
dass er krank ist.353 Anders bei den Menschen guten Gewissens: Zwar würden
auch sie zuweilen Unruhe, Zweifel, Verwirrung und Angst empfinden, aber all
dies sei heilsam und gereiche ihnen gleichsam zum Heil.354 Ein solches Heil liege
eben nicht zuletzt in der Gewissenruhe. Diejenigen, die ein gutes und zugleich
ruhiges Gewissen besitzen, seien Söhne des Friedens, ihre Namen wären im Buch
Gottes eingeschrieben.355
Hiervon ausgehend entwarf Webbe im Folgenden eine Ordnung sozialer Be-
ziehungen in Mikro- und Makroebene - von der Familie bis zum Staat -, deren
Basis in der titelgebenden Quietness liegt; John Ross sprach unlängst von einem
„aggressive political quietism“356, den Webbe und seine Zeitgenossen vertreten
hätten. Das Schema der vier Gewissensarten nahm innerhalb dieses gesellschaft-
lichen Ordnungsentwurfs eine zentrale Rolle ein, insofern die hier gebotene Ein-
teilung dienlich war, um Menschen im Hinblick auf ihre Befähigung zu scheiden,
an einer solchen Gesellschaft der Ruhe teilzuhaben. Ein Christ, der Ruhe an-
351 Ebd., S. 20.
352 „There are four kinds of Consciences, as witty Bernard hath well observed. 1. A good, but not
a quiet. 2. A quiet, but not good. 3. Both good and quiet. 4. Neither good nor quiet.“ Ebd.
353 Ebd. Vgl. auch S. 304, Anm. 333.
354 „Yet this Conflict is for their greater Triumph; after this Tempest will follow a more quiet
Calm.“ Ebd., S. 21.
355 Ebd.
356 R. J. Ross, The Commoning, S. 452.
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Allerdings besäßen nicht alle eine solche Ruhe; selbst den Gläubigen sei sie nicht
immer gegeben, da auch deren Seelen durch das Wissen um die eigene Sündhaf-
tigkeit oftmals beunruhigt wären.351
Von dieser für ihn als Seelsorger wohl aus dem täglichen Umgang mit Men-
schen erwachsenen Gewissheit, dass selbst ein guter Mensch nicht notwendiger-
weise ein ruhiges Gewissen haben muss, kommt Webbe direkt zur Feststellung,
dass es vier Arten des Gewissens gebe - dies habe der geistreiche Bernhard gut
beobachtet.352 Auf welchen Text sich Webbe hier konkret bezieht, bleibt im
Dunkeln; zu unspezifisch sind seine anschließenden Ausführungen in ihrem Be-
zug auf mögliche Referenzen. Doch ist es recht wahrscheinlich, dass er seine
Kenntnisse schlicht aus der Exposition des John Boys erworben hatte, wie neben
der bereits erwähnten textlichen Parallelität nicht zuletzt die typographische
Ähnlichkeit der Bezüge in beiden Werke nahelegen: eine jeweils vierzeilige, num-
merierte Auflistung mit überdies identischer Formulierung.
Die beiden Arten eines guten Gewissens gehören zu den guten Menschen, die
schlechten zu den bösen, deren Gewissen entweder zu ruhig oder zu unruhig ist.
Letztere haben sich an die Sünde gewöhnt, weshalb ihr Gewissen schläfrig wird.
Niemand aber sei in gefährlicherer Weise krank als derjenige, der nicht merkt,
dass er krank ist.353 Anders bei den Menschen guten Gewissens: Zwar würden
auch sie zuweilen Unruhe, Zweifel, Verwirrung und Angst empfinden, aber all
dies sei heilsam und gereiche ihnen gleichsam zum Heil.354 Ein solches Heil liege
eben nicht zuletzt in der Gewissenruhe. Diejenigen, die ein gutes und zugleich
ruhiges Gewissen besitzen, seien Söhne des Friedens, ihre Namen wären im Buch
Gottes eingeschrieben.355
Hiervon ausgehend entwarf Webbe im Folgenden eine Ordnung sozialer Be-
ziehungen in Mikro- und Makroebene - von der Familie bis zum Staat -, deren
Basis in der titelgebenden Quietness liegt; John Ross sprach unlängst von einem
„aggressive political quietism“356, den Webbe und seine Zeitgenossen vertreten
hätten. Das Schema der vier Gewissensarten nahm innerhalb dieses gesellschaft-
lichen Ordnungsentwurfs eine zentrale Rolle ein, insofern die hier gebotene Ein-
teilung dienlich war, um Menschen im Hinblick auf ihre Befähigung zu scheiden,
an einer solchen Gesellschaft der Ruhe teilzuhaben. Ein Christ, der Ruhe an-
351 Ebd., S. 20.
352 „There are four kinds of Consciences, as witty Bernard hath well observed. 1. A good, but not
a quiet. 2. A quiet, but not good. 3. Both good and quiet. 4. Neither good nor quiet.“ Ebd.
353 Ebd. Vgl. auch S. 304, Anm. 333.
354 „Yet this Conflict is for their greater Triumph; after this Tempest will follow a more quiet
Calm.“ Ebd., S. 21.
355 Ebd.
356 R. J. Ross, The Commoning, S. 452.