6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen
331
Francisco Palanco: Tractatus de conscientia humana
Im gesamten Feld der Theologie gebe es wohl kaum eine größere Sache, von der
gehandelt werden könne, als das Gewissen.450 Mit dieser Bemerkung eröffnete
der Paulaner Francisco Palanco seinen 1694 erschienenen Tractatus de consci-
entia humana in comuni et in particulari - ein Werk, das demjenigen Martin
Bressers hinsichtlich seines Umfangs nicht nachstand. Palanco hatte in Sala-
manca studiert und war dort auch dem Orden des Francesco da Paola (f 1507)
beigetreten, in dem er zahlreiche Aufgaben und Ämter, vor allem im Bereich des
Studienwesens, übernahm.451
Palanco verfasste eine ganze Reihe theologisch-philosophischer Schriften;
die Abhandlung vom menschlichen Gewissen zählt dabei zu seinen frühesten
Veröffentlichungen.452 Bei diesem Werk handelt es sich um einen der umfang-
reichsten Beiträge der spätscholastischen Moraltheologie zur Frage nach dem
Wesen, den Formen und Funktionen des Gewissens. In kaum je wieder anzutref-
fender Dichte hatte der spanische Geistliche die conscientia in ihren Deutungs-
und Beschreibungsmöglichkeiten zu erfassen versucht. Die Frage nach dem
Grund für die Wahl des Gegenstandes beantwortete er dabei bereits mit der ein-
gangs erwähnten Verortung des Gewissens als zentralem Thema jeder Theologie.
Ein solches war es für Palanco deshalb, weil er die conscientia als conscientia
antecedens deutete, wie er auch gleich am Beginn seiner Abhandlung vermerkte:
So wäre ein gutes Gewissen ebenso ursächlich für die Rechtschaffenheit der
Sitten, wie es ein schlechtes für die Entstehung von Sünde und Laster sei.453 Das
Gewissen wird somit gleichsam zur Tugend erklärt, insofern es die Aufgabe der
Klugheit übernimmt.
Bereits zu Beginn seines systematisch gegliederten Werkes - unmittelbar im
Anschluss an die grundsätzliche Frage, was denn unter dem Gewissen zu verste-
hen sei („Quid sit conscientia?“) - stellt Palanco die nach den Einteilungsmög-
lichkeiten dessen, was unter dem Begriff gefasst werden könne: „Quotuplex sit
450 „Pene in Universa theologia res ulla agitur maioris momenti, quam praesens de conscientia disser-
tatio.“ Fr. Palanco, De conscientia, S. 1.
451 Vgl. über ihn G. Diaz Diaz, „Palanco, Francisco“, sowie Fr. Diaz de Cerio, Interes del
Cardenal Pecci, S. 97f.
452 Eine zweite Auflage erschien 1731.
453 „Cum enim ex recta conscientia morum probitas in omne genus hominum profluat, ex pra-
vaque, et erronea innumera oriantur vitia, sceleraque; et aliunde Theologis incumbat docere,
qualis sit recta, qualis prava, et erronea conscientia, ut homines in via salutis, tutum, ac rectum
iter assumant; nihil videtur magis scitu, dignum esse ipsis, quam prajsntis tractatus materia.“
Fr. Palanco, Tractatus de conscientia, S. 1.
331
Francisco Palanco: Tractatus de conscientia humana
Im gesamten Feld der Theologie gebe es wohl kaum eine größere Sache, von der
gehandelt werden könne, als das Gewissen.450 Mit dieser Bemerkung eröffnete
der Paulaner Francisco Palanco seinen 1694 erschienenen Tractatus de consci-
entia humana in comuni et in particulari - ein Werk, das demjenigen Martin
Bressers hinsichtlich seines Umfangs nicht nachstand. Palanco hatte in Sala-
manca studiert und war dort auch dem Orden des Francesco da Paola (f 1507)
beigetreten, in dem er zahlreiche Aufgaben und Ämter, vor allem im Bereich des
Studienwesens, übernahm.451
Palanco verfasste eine ganze Reihe theologisch-philosophischer Schriften;
die Abhandlung vom menschlichen Gewissen zählt dabei zu seinen frühesten
Veröffentlichungen.452 Bei diesem Werk handelt es sich um einen der umfang-
reichsten Beiträge der spätscholastischen Moraltheologie zur Frage nach dem
Wesen, den Formen und Funktionen des Gewissens. In kaum je wieder anzutref-
fender Dichte hatte der spanische Geistliche die conscientia in ihren Deutungs-
und Beschreibungsmöglichkeiten zu erfassen versucht. Die Frage nach dem
Grund für die Wahl des Gegenstandes beantwortete er dabei bereits mit der ein-
gangs erwähnten Verortung des Gewissens als zentralem Thema jeder Theologie.
Ein solches war es für Palanco deshalb, weil er die conscientia als conscientia
antecedens deutete, wie er auch gleich am Beginn seiner Abhandlung vermerkte:
So wäre ein gutes Gewissen ebenso ursächlich für die Rechtschaffenheit der
Sitten, wie es ein schlechtes für die Entstehung von Sünde und Laster sei.453 Das
Gewissen wird somit gleichsam zur Tugend erklärt, insofern es die Aufgabe der
Klugheit übernimmt.
Bereits zu Beginn seines systematisch gegliederten Werkes - unmittelbar im
Anschluss an die grundsätzliche Frage, was denn unter dem Gewissen zu verste-
hen sei („Quid sit conscientia?“) - stellt Palanco die nach den Einteilungsmög-
lichkeiten dessen, was unter dem Begriff gefasst werden könne: „Quotuplex sit
450 „Pene in Universa theologia res ulla agitur maioris momenti, quam praesens de conscientia disser-
tatio.“ Fr. Palanco, De conscientia, S. 1.
451 Vgl. über ihn G. Diaz Diaz, „Palanco, Francisco“, sowie Fr. Diaz de Cerio, Interes del
Cardenal Pecci, S. 97f.
452 Eine zweite Auflage erschien 1731.
453 „Cum enim ex recta conscientia morum probitas in omne genus hominum profluat, ex pra-
vaque, et erronea innumera oriantur vitia, sceleraque; et aliunde Theologis incumbat docere,
qualis sit recta, qualis prava, et erronea conscientia, ut homines in via salutis, tutum, ac rectum
iter assumant; nihil videtur magis scitu, dignum esse ipsis, quam prajsntis tractatus materia.“
Fr. Palanco, Tractatus de conscientia, S. 1.