Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
110

Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

das spätere Nisibis. Die Anfänge der Geschichte dieser Stadt, die südlich des Tür- cAbdIn am Ufer des Jaghjagh liegt, sind zuletzt von
M. Streck in RIA 9, 185f. behandelt worden. Nisibis wird nach bisherigem Kenntnisstand erstmals von Adad-närärl II. erwähnt, der
901 und 900 v. Chr. den zum aramäischen Stamm der Teman gehörigen und in Nisibis residierenden Nür-Adad schlug und die Stadt
896 v. Chr. schließlich eroberte (RIMA 2, 99.2, Z. 39-44, 62-81). Tukultl-Ninurta II. zog 885 v. Chr. den Habür entlang bis nach
Nisibis und von dort weiter nach Westen (RIMA 2, 100.5, Z. 118), ohne dabei in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt zu
werden. Im Jahr 852 v. Chr. war Nisibis schließlich Sitz einer assyrischen Provinz, wie die erstmalige Erwähnung eines Gouverneurs
der Stadt in einer assyrischen Eponymenliste beweist (siehe A. Millard, The Eponyms ofthe Assyrian Empire, 27). Im umfangreichen
Inschriftenwerk Assurnasirpals II. wird Nisibis nirgends erwähnt, was nahelegt, daß es während der gesamten Regiemngszeit dieses
Königs fest in assyrischer Hand war. Daher ist es wenig wahrscheinlich, VAT 14402 Assurnasirpal zuzuschreiben.

Adad-närärl II., der Nisibis nachweislich eroberte, ist ein plausiblerer Kandidat für die Zuweisung des Textes, zumal in a 7’ ein Adad-
närärl mit Namen genannt wird. Hieraus sollte man freilich keine allzu weitreichenden Schlüsse ziehen, da es durchaus möglich ist,
daß an der fraglichen Stelle ein späterer König auf die Taten seines Vorgängers zurücklickt. Am ehesten ist dabei an Tukultl-Ninurta II.
zu denken, den Sohn und Nachfolger Adad-närärls II. Wir wissen kaum etwas über die Feldzüge, die dieser König vor seinem fünften
Regiemngsjahr unternahm. Der einzige diesbezüglich einschlägige Text, RIMA 2, 100.5, hat über die Ereignisse des Jahres 890 v.
Chr. nichts und über die der Jahre 889-87 v. Chr., folgt man der von Grayson in CAH 3/1 2, 251-52 etablierten Chronologie, nur sehr
wenig zu sagen (Z. 1-10). Es könnte also durchaus sein, daß Tukultl-Ninurta II. irgendwann in diesem Zeitraum erneut gegen Nisisbis
kämpfen mußte, womit er für die Zuweisung unseres Textes durchaus in Frage kommt. Mit Sicherheit beantworten läßt sich die Frage
der Zuweisung von VAT 14402 vorerst jedoch nicht.

Seite a:

Diese Seite der Tafel ist sehr schwer zu lesen, weil sie von zahlreichen waagerecht verlaufenden, offenbar vermittels eines Werkzeugs
produzierten tiefen Kratzern durchzogen wird, die den Eindmck erwecken, als seien sie erst angebracht worden, als die Tafel bereits
beschädigt war. Gmndsätzlich ist zu sagen, daß neuerliche Kollationen durchaus noch verbesserte Lesungen erbringen könnten.

2’: Vgl. RIMA 2,101.19, Z. 83: alpe semsunu ana lä mena utera (in Nairi). Zur Schreibung u-teg-ra ist ü-teg-ru-ni in VAT 9752
// VAT 9782+, Z. 31 ’ zu vergleichen (siehe Nr. 45f. des vorliegenden Bandes).

3’: Die Lesung kak^- vkP^ ist äußerst unsicher. Daß von dem als „Waffe Assurs" bezeichneten bekannten Emblem die Rede
ist, dürfte unwahrscheinlich sein, da dasselbe innerhalb des Korpus der assyrischen Königsinschriften nur in der Zeit von
Tiglatpileser III. bis Sanherib bezeugt ist (siehe S. W. Holloway,in: Tz. Abuschet al. (Hrsg.),Historiography in the Cuneiform
World, 239-66). Es ist jedoch möglich, daß metaphorisch auf „Waffen Assurs" verwiesen wird, vor denen die Feinde z. B.
geflohen sein könnten (vgl. etwa RIMA 2, 87.1, v 55f.).

6’: Liegt ein Personenname vor und ist womöglich: [x-[x- din?'] rISKUR zu lesen? Dies würde an den Namen des Temaniten Nür-
Adad erinnern, der in Z. 63 (u. ö.) der Adad-närärlIl.-Inschrift RIMA 2,99.2 erwähnt wird. Mit den Zeichenspuren wäre eine
entsprechende Lesung jedoch nur schwer zu vereinbaren.

9’: Nach MES könnte man eventuell an eine Lesung rsaF- rlä'-[a]t denken, die Zeichenspuren sind jedoch sehr unspezifisch. Am
Schluß ließe sich eine Lesung [d\a-ab-du- rü' nur mit erheblichen Bedenken vertreten.

15’: Am Schluß etwa vam'- vhü-url Das vorletzte Zeichen sieht jedoch eher wie UR aus, und in Z. 12’ und 16’ wird das Wort am-
hur geschrieben.

17’: Am Schluß ma-a oder GAL-a?

Seite b:

3’: Vermutlich ein Ethnikon; vgl. etwa RIMA 2, 99.2 (Adad-närärl II.), Z. 63: k mTe-man-na-a-ia\ RIMA 2, 100.5 (Tukultl-
Ninurta II.), Z. 85: kurLa -qa-a-ia.

6’: Ergänzt nach RIMA 2,101.1 (Assurnasirpal II.), i 93: Ahi-iababa ana Ninua ublassu aküssu masaksu düru sa Ninua uhallip.
Die Bewohner von Süm in Blt-Halupe hatten im Jahr 883 v. Chr. ihren Regenten Hamatäja getötet und dem aus Blt-Adini
stammenden Ahi-iababa, dem „Sohn eines Niemand", die Herrschaft übertragen; Assurnasirpal war daraufhin den Habür
entlang gegen die Stadt gezogen und hatte nach ihrer Bezwingung den neuen Herrscher gefangengenommen, um ihm
schließlich die Haut abzuziehen.

7’: Vor \-sü-nu sind mehrere Ergänzungen denkbar, da buttuqu auf die verschiedensten Gliedmaßen bezogen sein kann: Hände,
Füße, Zungen, Hälse, Köpfe und „Fleisch" im allgemeinen (siehe CAD B, 164, VAT 9752 // 9782, Z. 5’, 15’ (Nr 45f. des
vorliegenden Bandes) sowie Seite b, Z. 15’ des vorliegenden Textes).

8’: Am Zeilenanfang ist möglicherweise zu ergänzen: ktma napäsi sadü asrup „Ich färbte das Gebirge (mit ihrem Blut) rot wie
Purpurwolle" (vgl. RIMA 2,101.1, ii 17f.; 101.17, ii 56f.). Ebenfalls denkbar ist eine Ergänzung seni iü asrup „Ich färbte die
Steppe rot (mit ihrem Blut)" (vgl. RIMA 2,99.2, Z. 43).

9’ Mir ist kein anderer Passus bekannt, in dem Ittu, das in Inschriften Adad-närärls II., Assurnasirpals II. und anderer assyrischer
Könige belegt ist (siehe CAD L, 223b), zusammen mit (w)atäru S gebraucht würde. Vielleicht beginnt mit dem letztgenannten
Wort ein neuer Satz.

16’: Die hier geschilderte Methode der Verletzung von Augen und Ohren mit (glühendem?) Metall scheint sonst nirgends bezeugt
zu sein; siehe J. Fincke, Augenleiden nach keilschriftlichen Quellen, 54-61.

18’: Es ist nicht ganz ausgeschlossen, daß auf dem rechten Rand noch Reste eines weiteren Zeichens zu erkennen sind.

19’: Die hier vorgenommene Ergänzung folgt VAT 9752 // VAT 9782+,Z. 10’f. (siehe oben Nr. 45f.), doch ist auch dieser Passus
nicht vollständig erhalten. Bei Adad-närärl II. heißt es in RIMA 2, 99.2, Z. 54f.: äläni battubatte.su addi älM ana nalbän
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften