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Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

Übersetzung:

Jede Zeile wird von einem Strich gefolgt.

Vs 1 der Neustadt, 2 " 3 [welche(n/s)] meine königlichen Vor[gänger] gebaut hatten, 4 war baufällig geworden, 5 eingefallen und

zur Ruine geworden.

6 " 7 (Da) errichtete ich [da]vor fürwahr ein(en) zweit(en)/andere(n) ..., 8 " 10 vollendete ihn/sie/es von seinem/ihrem Fundament bis zu
seinem/ihrem Zinnenkranz Rs !und hinterlegte meine Gründungsurkunden.

2" 3Wer meine Inschrift und meinen Namen beseitigt, 4" 5dessen Königtum soll mein Herr Assur zu Fall bringen. 6" 7Seinen Namen und
seinen Samen soll er im (ganzen) Land vernichten.

Bemerkungen:

VAT 14408 ist in einer sehr archaisch anmutenden Schrift monumentalen Charakters abgefaßt, die an die Schrift auf Steinobjekten
erinnert; man beachte etwa das wie AN geschriebene HAL in Rs. 7. Die genaue Datiemng des Textes ist nicht gesichert. Da der -
freilich eher stereotype - Abschnitt Rs. 1-7 phraseologische Parallelen mit der Adad-närärl I.-Inschrift RIMA 1,76.9, Z. 15-26, der
Salmanassar I.-Inschrift RIMA 1,77.3, Z. 38-46 und der Tukultl-Ninurta I.-Inschrift RIMA 1,78.18, Z. 34-43 aufweist, geht man
jedoch gewiß nicht fehl in der Annahme, daß VAT 14408 einem dieser drei nacheinander regierenden Herrscher zuzuweisen ist. Das
Bauvorhaben, von dem der Text zu berichten scheint, spricht, wie in der nachstehenden Anmerkung zu Vs. 1’ dargelegt, dafür, ihn
entweder Adad-närärl oder Tukultl-Ninurta zuzuweisen.

Vs. l’:Hier scheint das Bauwerk erwähnt zu sein, um das es in der Inschrift geht. Die erhaltenen Zeichen sind durchweg stark
beschädigt, doch für die beiden letzten kommt kaum eine andere Lesung als die hier vorgeschlagene in Frage. Wenn wirklich
von der „Neustadt" die Rede sein sollte, die mit der südlichen Vorstadt Assurs zu identifizieren ist, dann liegt es nahe zu
vermuten, daß der Text sich mit Bauarbeiten am Außenwall dieses Stadtteils beschäftigt, wie sie auch in anderen Texten
beschrieben werden. In Vs. 6’ ist dann am Anfang, wo offenbar erneut auf die fragliche Baulichkeit verwiesen wird, am
ehesten [BA]D (= düru „Mauer") zu lesen, was mit den Spuren nicht unvereinbar erscheint.

Die Mauer der Neustadt von Assur wird in Texten Puzur-Assurs III. (Teilübersetzung R. Borger, EAK 1,24, nicht in RIMA
1), Assur-bel-nlsesus (RIMA 1,69.1, Z. 5-15), Adad-närärls I. (RIMA 1,76.10, Z. 35-49; 76.13, Z. 29-49), Tiglatpilesers
I. (RIMA 2, 87.3, Z. 36-44) und Salmanassars III. (RIMA 3, 102.10, iv 40 - unt. Rd. 3) erwähnt (vgl. ferner Nr. 55 des
vorliegenden Bandes). Die Inschrift Salmanassars III., der die Gmndungsurkunden seiner Vorgänger sorgfältig studiert zu
haben scheint, verweist auf eine frühere Bautätigkeit aller der zuvor genannten Herrscher mit Ausnahme von Assur-bel-
nlsesu und führt außerdem als früheren Bauhenn auch noch Tukultl-Ninurta I. an, von dem sich zwar eine Inschrift zur
Stadtmauer gefunden hat (RIMA 1,78.19), bislang jedoch keine, die speziell die Umwallung der Neustadt beträfe. Adad-
närärl I. wiederum erwähnt, daß neben Puzur-Assur III. auch noch Assur-bel-nlsesu und Erlba-Adad I. an der Mauer der
Neustadt (von ihm dür äli essi genannt und BAD URU GIBIL geschrieben) Bauarbeiten durchgeführt hätten (RIMA 1,76.13,
Z. 31-38), während Tiglatpileser I. in diesem Zusammenhang des weiteren Assur-nädin-ahhe (II.?) nennt. Die meisten der
genannten Inschriften beschreiben die Arbeiten an der Mauer ausführlicher als der vorliegende Text.

2’-5’: Eine ähnliche Formuliemng findet sich in der Tukultl-Ninurta I.-Inschrift RIMA 1,78.14, Z. 11-16.

6’-7’: Wenn am Anfang von Z. 6’ tatsächlich, wie in der Anmerkung zu Vs. 1 ’ vermutet, [BA]D zu lesen und auch der Rest dieser
Zeilen hier korrekt wiedergegeben ist, dann hätte der königliche Bauherr den alten, in sich zusammengestürzten Mauerwall
nicht an Ort und Stelle erneuert, sondern stattdessen unmittelbar vor demselben eine neue Mauer gebaut. Ähnlich scheint
beim Wiederaufbau der Mauer der Neustadt Tiglatpileser I. vorgegangen zu sein, der in der Inschrift RIMA 2, 87.3, Z. 36-44
verlauten läßt, er habe auf die Ruinen der alten Mauer Erde geschüttet, um sie so zu stärken, darüber hinaus aber davor eine
neue Mauer gebaut. Der entscheidende Passus, der mit dem entsprechenden Abschnitt der vorliegenden Inschrift gewisse
phraseologische Ähnlichkeiten aufweist, lautet in Umschrift und Übersetzung: düra danna ana essUte ina mahrTsu arsip
istu ussesu adi gabadibbisu epus useklil nareja ina qerbTsu askun „Ich errichtete davor (der alten Umwallung) von neuem
eine starke Mauer, baute und vollendete sie von ihrem Fundament bis zu ihrem Zinnenkranz und hinterlegte darin meine
Gründungsurkunden." Im Lichte dieses Absatzes erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, daß die hier für die drei Zeichen am
Schluß von Vs. 7’ gebotene Lesung ar- rsT' ^- rqf ^ tatsächlich korrekt ist. Die Lesung ist problematisch, weil sie auf einer
Emendation bemht; das vorletzte Zeichen sieht nicht wirklich wie ein si aus. Für weitere Stellen in Bauberichten, in denen
rasäpu in Verbindung mit suklulu bezeugt ist, siehe CAD R, 184b-85a.

Rs. Es ist gut möglich, daß in der nunmehr weggebrochenen unteren Partie der Rs„ im Anschluß an ein größeres unbeschriebenes

Tafelsegment, ursprünglich noch eine Eponymendatiemng gefolgt ist. Hierfür lassen sich zahlreiche Parallelen aus anderen
mittelassyrischen Königsinschriften anführen (siehe z. B. Nr. 1 im vorliegenden Band).
 
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