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Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur
erscheint mir die oben vorgeschlagene, inhaltlich sehr viel näherliegende Lesung nach nochmaliger Überprüfung meiner
Kollationsergebnisse nunmehr plausibler.
12’: Für sarrat apsi, das als Epitheton der Göttinnen Damkina und Belet-ill bezeugt ist, siehe K. Tallqvist, AGE, 238. Die Deutung
der Zeichen am Schluß der Zeile bleibt mir verschlossen. Man könnte alternativ auch li ma 5 a ma ad x li at te [0?] lesen, doch
wird der Sinn der Zeile hierdurch nicht im mindesten klarer.
13’: Am Zeilenanfang vielleicht: su\- ra'-t\ii\, was die Übersetzung „dies [(...)] sprach ich" erfordern würde.
15’: Wohl nicht [inapisa], dapü nur im Plural feminin ist (AHw, 872); möglich ist eine Ergänzung [.ina saptesa e]l-le-ti „[.
mit ihren] reinen [Lippen]".
16’: altamme ist entweder als 1. Ps. Sg. Prät. Gtn von semü „hören" oder als Lautvariante des Genitivs von astammu „Taverne" zu
interpretieren.
Seite b
1 ’: Den Namen Pazuzu trägt nicht nur der aus dem 1. Jahrtausend bekannte Dämon (zu diesem siehe zuletzt N. Heeßel, Pazuzu
und F. A. M. Wiggerman, RIA 10, 372-81). „P/bazuzu", ein strukturell mit „Alulu" verwandter klassischer „Banana-Name",
ist, wie von Heeßel, Pazuzu, 79f. ausgeführt, in Mesopotamien von früh an auch als Personenname bezeugt. W. G. Lambert,
FuB 12 (1970), 47 hat vermutet, möglicherweise habe ein entsprechend benannter legendärer König der Frühzeit als Vorbild
für die Gestalt des Dämons gedient, ohne jedoch Belege für die Existenz eines solchen Herrschers anführen zu können. Wenn
in der vorliegenden Zeile tatsächlich 0)P]a--z,u-z[u zu lesen sein sollte, dann mag man dies angesichts der nachfolgenden
Nennung des urzeitlichen Königs Alulu als - freilich sehr unsicheres - Indiz für die Richtigkeit von Lamberts Hypothese
werten.
2’: Am Schluß ist, sollte riV- zu lesen sein, vermutlich eine Verbalform anzusetzen (etwa u-s[e-sa-an-ni]‘TT).
3’: Vor us finden sich Spuren eines weiteren, radierten us oder eines ni. usnälanni ist wegen der Erwähnung verschiedener
Gruppen von Frauen in Rs. 5’f. wohl im sexuellen Sinn zu verstehen, wie in dem Fluch Dilbat... hirätekunu ina sün nakrikunu
li-sä-ni-il („Dilbat (die Venusgöttin) ... möge eure Gattinnen im Schoß eures Feindes liegen lassen"), der in Asarhaddons
„Vassal Treaties" überliefert ist (SAA 2, no. 6, Z. 428f.). Davor ist möglicherweise ina ersi ° xsmu-su]-ka-an-ni („in einem
Bett aus Sissoo-Holz") zu ergänzen; Betten aus diesem Holz sind belegt (CAD M/2, 238a). Eine weniger wahrscheinliche
Ergänzung wäre i-ni]-ka-an-ni (o. ä.) „er beschlief mich"; S. Jakob erwägt des weiteren, einfach il-li]-ka-an-ni „er kam" zu
lesen. Man fragt sich, ob davon die Rede sein könnte, daß Alulu, der erste irdische Herrscher, die Frauen von Babylon in
Anspruchnahme eines königlichen ius primae noctis zunächst für sich beanspmchte, so wie Gilgames der altbabylonischen
Fassung des Gilgames-Epos zufolge die Frauen von Uruk (A. R. George, The Babylonian Gilgamesh Epic, 178f„ Z. 154-
163). Vielleicht verging er sich sogar an den zur Keuschheit verpflichteten cnm-Priesterinnen, die in Z. 5’ genannt sind.
Sollte diese zugegebenermaßen gewagte Vermutung zutreffen, läge hier womöglich, so wie in 1 Sam. 8 (beachte besonders
Vers 13), eine Kritik an der Institution des Königtums vor. Da der Kummer, von dem in den Zeilen 5’-8’ die Rede ist, nicht
auf Frauen beschränkt bleibt, ist es jedoch ebensogut denkbar, daß der Passus Alulus Tod und die sich hieran anschließenden
kollektiven Trauerbekundungen schildert.
4’: Ich habe zunächst lA]- rlü'-lu LUGAL lA-lu-l\u 0?] lesen wollen, was an den im mittelassyrischen Krönungsritual überlieferten
Ausruf Assur sar(ru) Assur sar(ru) „Assur ist König, Assur ist König" erinnern würde (K. F. Müller, Das assyrische Ritual,
8f„ Z. 29). S. Jakob zufolge ist das erste Zeichen jedoch eher als la' zu deuten, wofür auch die Zeichenabfolge am Anfang
der möglicherweise sehr ähnlichen Zeile 9’ sprechen könnte. In diesem Falle könnte i-da(l)]- rlcT -lu „sie preisen" zu lesen
sein, aber auch Ableitungen von ullulu „reinigen", kullulu „krönen", qullulu „geringschätzen" oder sullulu „beschirmen" sind
nicht von vornherein auszuschließen.
5’: Vor h]i-ra-a-tu dürfte ein weiteres Verbum des Klagens gestanden haben.
6’: Vielleicht ist zu lesen: [.särassina (oder särat qaqqadlsina) ü-ba]q-qi-na ba-tu-la-t[u] „[.] die jungen Mädchen rupften
sich (trauernd) [ihr (Haupt)haar] aus." Für vergleichbare Formulierungen siehe CAD B, 99a.
7’: Hier liegt die erste Bezeugung des Wortespirsu „Kleinkind" in einem Text nichtadministrativen bzw. nichtjuristischen Inhalts
vor.
8’: Vgl. su-um-mes x [(x) i\d--\m\u--ma „er klagte ... wie eine Taube" in einem von W. G. Lambert edierten Istar-Gebet (AfO 19,
51, Z. 94).
9’: Vgl. die Anmerkung zu Z. 4’. Jakob erwägt, i-da]-la-lu m]u-si\ V ur-ri „sie preisen Tag und Nacht" zu lesen, doch da die
verbliebenen Zeichenspuren sehr unspezifisch sind und in Z. 7’ die Konjunktion u mit dem Zeichen ü geschrieben wird, bleibt
dies zweifelhaft.
13’: Der Gott Kalkal ist der Türhüter Enlils.
14’: Vielleicht wird Alulu hier als „Abbild" eines Gottes bezeichnet, so wie es etwa von Tukultl-Ninurta I. im Tukultl-Ninurta-
Epos heißt: stt-ma salam dBAD därü „Er ist das ewige Abbild Enlils" (P. Machinist, The Epic of Tukulti-Ninurta, 68f„ A Vs.
i 18’). Es könnte aber auch von einem Abbild des (verstorbenen??) Alulu die Rede sein.
15’: Möglicherweise ist ] sa-tC-ir „ist geschrieben" zu lesen.
Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur
erscheint mir die oben vorgeschlagene, inhaltlich sehr viel näherliegende Lesung nach nochmaliger Überprüfung meiner
Kollationsergebnisse nunmehr plausibler.
12’: Für sarrat apsi, das als Epitheton der Göttinnen Damkina und Belet-ill bezeugt ist, siehe K. Tallqvist, AGE, 238. Die Deutung
der Zeichen am Schluß der Zeile bleibt mir verschlossen. Man könnte alternativ auch li ma 5 a ma ad x li at te [0?] lesen, doch
wird der Sinn der Zeile hierdurch nicht im mindesten klarer.
13’: Am Zeilenanfang vielleicht: su\- ra'-t\ii\, was die Übersetzung „dies [(...)] sprach ich" erfordern würde.
15’: Wohl nicht [inapisa], dapü nur im Plural feminin ist (AHw, 872); möglich ist eine Ergänzung [.ina saptesa e]l-le-ti „[.
mit ihren] reinen [Lippen]".
16’: altamme ist entweder als 1. Ps. Sg. Prät. Gtn von semü „hören" oder als Lautvariante des Genitivs von astammu „Taverne" zu
interpretieren.
Seite b
1 ’: Den Namen Pazuzu trägt nicht nur der aus dem 1. Jahrtausend bekannte Dämon (zu diesem siehe zuletzt N. Heeßel, Pazuzu
und F. A. M. Wiggerman, RIA 10, 372-81). „P/bazuzu", ein strukturell mit „Alulu" verwandter klassischer „Banana-Name",
ist, wie von Heeßel, Pazuzu, 79f. ausgeführt, in Mesopotamien von früh an auch als Personenname bezeugt. W. G. Lambert,
FuB 12 (1970), 47 hat vermutet, möglicherweise habe ein entsprechend benannter legendärer König der Frühzeit als Vorbild
für die Gestalt des Dämons gedient, ohne jedoch Belege für die Existenz eines solchen Herrschers anführen zu können. Wenn
in der vorliegenden Zeile tatsächlich 0)P]a--z,u-z[u zu lesen sein sollte, dann mag man dies angesichts der nachfolgenden
Nennung des urzeitlichen Königs Alulu als - freilich sehr unsicheres - Indiz für die Richtigkeit von Lamberts Hypothese
werten.
2’: Am Schluß ist, sollte riV- zu lesen sein, vermutlich eine Verbalform anzusetzen (etwa u-s[e-sa-an-ni]‘TT).
3’: Vor us finden sich Spuren eines weiteren, radierten us oder eines ni. usnälanni ist wegen der Erwähnung verschiedener
Gruppen von Frauen in Rs. 5’f. wohl im sexuellen Sinn zu verstehen, wie in dem Fluch Dilbat... hirätekunu ina sün nakrikunu
li-sä-ni-il („Dilbat (die Venusgöttin) ... möge eure Gattinnen im Schoß eures Feindes liegen lassen"), der in Asarhaddons
„Vassal Treaties" überliefert ist (SAA 2, no. 6, Z. 428f.). Davor ist möglicherweise ina ersi ° xsmu-su]-ka-an-ni („in einem
Bett aus Sissoo-Holz") zu ergänzen; Betten aus diesem Holz sind belegt (CAD M/2, 238a). Eine weniger wahrscheinliche
Ergänzung wäre i-ni]-ka-an-ni (o. ä.) „er beschlief mich"; S. Jakob erwägt des weiteren, einfach il-li]-ka-an-ni „er kam" zu
lesen. Man fragt sich, ob davon die Rede sein könnte, daß Alulu, der erste irdische Herrscher, die Frauen von Babylon in
Anspruchnahme eines königlichen ius primae noctis zunächst für sich beanspmchte, so wie Gilgames der altbabylonischen
Fassung des Gilgames-Epos zufolge die Frauen von Uruk (A. R. George, The Babylonian Gilgamesh Epic, 178f„ Z. 154-
163). Vielleicht verging er sich sogar an den zur Keuschheit verpflichteten cnm-Priesterinnen, die in Z. 5’ genannt sind.
Sollte diese zugegebenermaßen gewagte Vermutung zutreffen, läge hier womöglich, so wie in 1 Sam. 8 (beachte besonders
Vers 13), eine Kritik an der Institution des Königtums vor. Da der Kummer, von dem in den Zeilen 5’-8’ die Rede ist, nicht
auf Frauen beschränkt bleibt, ist es jedoch ebensogut denkbar, daß der Passus Alulus Tod und die sich hieran anschließenden
kollektiven Trauerbekundungen schildert.
4’: Ich habe zunächst lA]- rlü'-lu LUGAL lA-lu-l\u 0?] lesen wollen, was an den im mittelassyrischen Krönungsritual überlieferten
Ausruf Assur sar(ru) Assur sar(ru) „Assur ist König, Assur ist König" erinnern würde (K. F. Müller, Das assyrische Ritual,
8f„ Z. 29). S. Jakob zufolge ist das erste Zeichen jedoch eher als la' zu deuten, wofür auch die Zeichenabfolge am Anfang
der möglicherweise sehr ähnlichen Zeile 9’ sprechen könnte. In diesem Falle könnte i-da(l)]- rlcT -lu „sie preisen" zu lesen
sein, aber auch Ableitungen von ullulu „reinigen", kullulu „krönen", qullulu „geringschätzen" oder sullulu „beschirmen" sind
nicht von vornherein auszuschließen.
5’: Vor h]i-ra-a-tu dürfte ein weiteres Verbum des Klagens gestanden haben.
6’: Vielleicht ist zu lesen: [.särassina (oder särat qaqqadlsina) ü-ba]q-qi-na ba-tu-la-t[u] „[.] die jungen Mädchen rupften
sich (trauernd) [ihr (Haupt)haar] aus." Für vergleichbare Formulierungen siehe CAD B, 99a.
7’: Hier liegt die erste Bezeugung des Wortespirsu „Kleinkind" in einem Text nichtadministrativen bzw. nichtjuristischen Inhalts
vor.
8’: Vgl. su-um-mes x [(x) i\d--\m\u--ma „er klagte ... wie eine Taube" in einem von W. G. Lambert edierten Istar-Gebet (AfO 19,
51, Z. 94).
9’: Vgl. die Anmerkung zu Z. 4’. Jakob erwägt, i-da]-la-lu m]u-si\ V ur-ri „sie preisen Tag und Nacht" zu lesen, doch da die
verbliebenen Zeichenspuren sehr unspezifisch sind und in Z. 7’ die Konjunktion u mit dem Zeichen ü geschrieben wird, bleibt
dies zweifelhaft.
13’: Der Gott Kalkal ist der Türhüter Enlils.
14’: Vielleicht wird Alulu hier als „Abbild" eines Gottes bezeichnet, so wie es etwa von Tukultl-Ninurta I. im Tukultl-Ninurta-
Epos heißt: stt-ma salam dBAD därü „Er ist das ewige Abbild Enlils" (P. Machinist, The Epic of Tukulti-Ninurta, 68f„ A Vs.
i 18’). Es könnte aber auch von einem Abbild des (verstorbenen??) Alulu die Rede sein.
15’: Möglicherweise ist ] sa-tC-ir „ist geschrieben" zu lesen.