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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0165
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Eifersuchtswahn

den Menschen abgeschnitten und verlassen, als Gefangener, die armen unschuldigen Kinder
in Not und Elend wissen, und leider, trotz Pflicht und Gewissen, trotz bestem Willen, absolut
98 nicht helfen zu können, ist beinahe | mehr als ich armer schwacher Mensch zu ertragen
imstande bin. Oft schon glaubte ich daher befürchten zu müssen, daß Gram und Heimweh,
mich um den Verstand bringen, zum wirklichen Wahnsinn treiben müßten.«
Im Gefängnis, im Spital und in der Pflegeanstalt benahm sich K. ruhig, besonnen, widersetzte
sich nie. Zu allen Zeiten war er völlig komponiert, über alles orientiert. Er hielt sich nie für krank,
empfand es schmerzlich, wie er überführt wurde und unterdrückte sichtlich eine große innere
Erregung. Er führte sich im weiteren Verlauf musterhaft, drängte sich niemals auf, erzählte aber
gern von seiner Kunstuhr, wenn man ihn danach fragte. Dankbar nahm er an, was man ihm
anbot, vertrieb seine Zeit mit Lesen, und verfaßte außer der eben erwähnten Selbstbiographie
eine lange Verteidigungsschrift. Gern befaßte er sich mit der Reparatur von Uhren. In seiner
Stimmung war er meist tief bekümmert. Er ertrug die Internierung nur mit Schmerz, sah kein
Ende des Elends, glaubte, sein Herzleiden habe sich in letzter Zeit infolge des Kummers ver-
schlimmert und er werde noch in der Anstalt sterben müssen. Einige Male klagte er wieder über
nächtliche Anfälle von Engigkeitsgefühl.
Bei der Entlassung (23. Mai 1896) beteuerte er wieder seine geistige Gesundheit. Aber es gebe
eben für ihn auf dieser Welt kein Recht mehr. Er wisse, wenn er wieder ein Wort sagen würde,
werde er wieder ins Irrenhaus gesperrt, denn er habe 100 Aufpasser.
Von nun an hielt sich K. dauernd als Uhrmacher in seinem Heimatdorfe auf, wo er jetzt noch
lebt. Im ganzen ist es ihm gut gegangen, er hat sich und seine Familie ernährt, hat keine weite-
ren ernsten Konflikte mehr bekommen, aber ohne Störungen ging es doch nicht ab. Seine
Wahnideen hat er nie vergessen, wie unser weiterer Bericht zeigen wird. - 16. November 1898
beschwert sich der Gemeinderat, daß K. das Ansehen des Bürgermeisters in der ganzen Umge-
gend empfindlich schädige, indem er fortwährend behaupte, dieser sei ihm früher bei der Her-
stellung der Uhr stets hindernd in den Weg getreten und habe seine Aufnahme in die zweite
Irrenanstalt veranlaßt. -1899 wird K. wegen seiner Kunstfertigkeit und seiner Aufsehen erregen-
den, nunmehr fertig gestellten großen astronomischen Uhr wiederholt in den Zeitungen
genannt.
16. Februar 1899 macht K. eine Eingabe an das Bezirksamt um Gewährung der Akteneinsicht.
Er habe unter großen Mühen und Opfern seine Uhr fertiggestellt und wolle sie natürlich gern
verkaufen. Oft habe er in Unterhandlung gestanden, »aber immer, noch ehe der Abschluß zur
Reife kam, ist die Sache auf fast unbegreifliche Weise zu Nichts geworden«. Ein Geschäftsagent
habe die gleichen Erfahrungen mit der Uhr gemacht und schließlich, wie er, wahrgenommen,
»daß wohl die obligate Närrischerklärung bezüglich die Gerüchte davon den jeweiligen Kauf-
lustigen das zum Kauf eines so teueren Objektes nötige Vertrauen benehme«. Er sei angegangen
worden, darum wahrheitsgetreu seine Erlebnisse zu beschreiben, um diese Gerüchte zu entkräf-
ten. Er habe jedoch die Daten nicht mehr im Kopf und wolle sich daher gern in den Akten ori-
entieren. Wenn ihm das versagt werde, müsse er aus dem Kopf schreiben und die Lücken
mit möglichst begründeten Vermutungen ausfüllen. - Das Bezirksamt erklärt ihm, daß eine
Närrischerklärung nicht stattgefunden habe, daher ihm auch in der Verwertung seiner Kunst-
uhr nicht hinderlich sein könne. Es erklärt sich gern bereit, ihm bei der finanziellen Ausnüt-
zung seiner Kunstuhr, deren Vollendung es mit Freude vernommen habe, behilflich zu sein.
Bei dieser Gelegenheit gab das Bezirksamt (6. November 1901) folgendes Urteil ab: »Ohne
jemals eine Fachschule besucht zu haben, hat er sich auf dem Gebiet der Uhrmacherei eine gera-
 
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