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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0537
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Stellenkommentar

§ XXVII die >Nostalgia< als eine der Krankheiten an, welche »vermöge einer uns unbekann-
ten Einwirkung die Brusteingeweide angreifen« und somit an einer »Dämpfung des norma-
len Perkussionsschalls« erkennbar sind. Er beschreibt dabei die Ergebnisse der zahlreichen
Obduktionen, die er an Heimwehkranken vorgenommen hatte. Vgl. H. Jodassohn (Hg.):
Leopold Auenbrugger's Neue Erfindung mittels des Anschlagens an den Brustkorb, als eines Zei-
chens, verborgene Brust-Krankheiten zu entdecken, Berlin 1908,24-25.
Als erstes psychiatrisches Lehrbuch gilt W. Battie: A Treatise on Madness, London 1758. Im
deutschen Sprachraum bezieht man sich meist auf A. Heindorf: Versuch einer Pathologie und
Therapie der Geistes- und Gemütskrankheiten, Heidelberg 1811, oder auf A. M. Vering: Psychi-
sche Heilkunde, 3 Bde., Leipzig 1818-1821.
Vgl. A. E. Benoist de la Grandiere: De la nostalgie, ou mal du pays, Paris 1873.
Vgl. C. C. H. Marc: De la folie. Consideree dans ses rapports avec les questions medico-judiciaires,
Bd. 2, Paris 1840 (dt.: Die Geisteskrankheiten in Beziehung zur Rechtspflege, Berlin 1844).
Zur Anmerkung: Zu den historischen und literarischen Beispielen vgl. Kluge: Heimweh. Das
desideriumpatriae (Sehnsucht nach dem Vaterland) kommt bei dem römischen Dichter Publius
Ovidius Naso, dt. Ovid (47 v.Chr.-i7 n.Chr.), besonders in den Trauerelegien, die vor allem in
Briefform verfasst wurden, zum Ausdruck. Die Anspielung auf Dante bezieht sich auf den ach-
ten Gesang des »Fegefeuers«, der wie folgt beginnt: »Die Stunde war’s, die Schiffenden das
Sehnen/Heim wendet und ihr Herz erweicht am Tage,/Da sie: >Lebt wohl!< gesagt den süssen
Freunden« (D. Alighieri: Göttliche Comödie, dt. von Philalethes, Leipzig, Berlin 1904,2. Teil, 62).
Gemeint ist hier die Schrift Dissertatio medica de Nostalgia oder Heimweh des angehenden
Arztes Johannes Hofer (1669-1752) aus Mühlhausen, die allerdings schon im Jahre 1688 vor-
gelegt wurde. Der Fehler beruht vermutlich darauf, dass die Schrift noch zu Hofers Lebzei-
ten mehrmals mit dem falschen Erscheinungsjahr (1678) nachgedruckt wurde (siehe Stel-
lenkommentar, Nr. 49). Damals war es üblich, das Medizinstudium mit zwei Dissertationen
abzuschließen. Hofers eigentliche Doktorarbeit war eine Abhandlung zur Wassersucht des
Uterus. Praeses der Arbeit war der Baseler Mediziner Johann Jakob Harder (1656-1711).
Es handelt sich hier um eine Übersetzung des lateinischen Originals. Das Zitat ist bei Hofer
auf Deutsch. Hofer schildert neben diesen zwei Fällen noch einen dritten.
Stupor, abgeleitet vom lateinischen Verb stupere (starr, steif sein), bezeichnet einen Zustand
der körperlichen Erstarrung ohne Beeinträchtigung der Vigilanz.
Ätiologie ist die Lehre von den Ursachen einer Krankheit.
Die Pathogenese beschreibt Entstehung und Entwicklung einer Erkrankung oder den Ver-
lauf eines krankhaften Prozesses.
Die Spiritus animales gehörten zum damaligen medizinischen Kanon. Darunter verstand man
eine flüchtige Substanz, die den Nervenfasern entlangfloss und so die verschiedenen Kör-
perregionen miteinander verband.
Der Chymus ist der nicht zu Ende verdaute Speisebrei im Magen.
Bei Hofer (§ X) heißt es: »hae certe vires solius imaginationis esse possunt«.
Purgans = Abführmittel.
Die Dissertation von Johannes Verhovitz erschien erst Ende des 18. Jahrhunderts: Vgl. J. Ver-
hovitz: Dissertatio inauguralis de nostalgia [...], Wien 1777.
Vgl. E. Tack: Dissertatio inauguralis MedicaExhibensZEgrum NostalgiaLaborantem [...], Gießen
1707. Täcks Dissertation ist auch die einzige Schrift über Heimweh, die vor Zwingers Bearbei-
tung von Hofers Text erschien (vgl. hierzu nachfolgenden Stellenkommentar).
 
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