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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0009
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VIII

Einleitung des Herausgebers

sollte, avancierte im Handumdrehen zum Bestseller, hätte jedoch, auf sich gestellt,
nicht nachhaltig gewirkt. Erst die Kombination aus Zeitdiagnose, Existenzerhellung
und Metaphysik verschaffte Jaspers das Ansehen »einer zwar umstrittenen, aber sehr
ausgeprägten Figur eines modernen Philosophen«, wie die Frankfurter Zeitung 1937
schrieb, mit erkennbarer Sympathie für den inzwischen aus dem Amt Gejagten.8
Rehabilitiert nachdem die Heidelberger Universität zumindest nominell vom deut-
schen zum lebendigen Geist zurückgefunden hatte, wechselte Jaspers, mittlerweile
im Emeritusalter, nach Basel. Leichtsinn unter Kontrolle verlangte höchstens noch
der Umzug. Jaspers war längst ein Name, durch seine mutige, jedenfalls unkompro-
mittierte Haltung während des Dritten Reichs auch öffentlich eine Instanz. Den
»wunderbaren Anachronismus der Schweiz« - »Ruhe und Freiheit und nichts als
Philosophieren«9 - nutzte er zu intensiver Produktion: Vom Ursprung und Ziel der Ge-
schichte, die Schelling-Monographie, der erste Band großer Philosophen, Die Atom-
bombe und die Zukunft des Menschen, schließlich das Spätwerk über den Philosophischen
Glauben angesichts der Offenbarung - addiert mehrere tausend Seiten, die Absatz fan-
den. Rund 900.000 verkaufte Exemplare bilanzierte sein Verleger Klaus Piper,io und
der Spiegel meldete im Juli 1966: »nach Auflagenhöhe ist Karl Jaspers [...] der einfluß-
reichste Philosoph deutscher Sprache in diesem Jahrhundert«."
Für viele ist er trotzdem ein Anfänger geblieben, erfolgreich zwar und »auf aufrei-
zende Weise prominent«,12 aber eine Art Quereinsteiger im Dauerzustand. Zum Teil
wo/ltejaspers so verstanden werden, als »Outsider«;13 die Rolle gehörte zu seinem Image
wie das bis heute kolportierte Gerücht der Schülerlosigkeit. Hannah Arendt, Jeanne
Hersch, Dolf Sternberger, Golo Mann, Alexandre Kojeve oder Paul Ricoeur wären als
die prominentesten Gegenbeispiele zu nennen,14 und was das eigene Standing betraf,

8 »Karl Jaspers entpflichtet«, Frankfurter Zeitung, 3. Juli 1937.

9 »Von Heidelberg nach Basel«, 183 -»wunderbarer Anachronismus«: zit. aus dem Nachlass bei Saner,
56.

10 K. Piper: »Begegnung des Verlegers mit Karl Jaspers. Zugleich eine Einleitung«, in: Karl Jaspers -
Werk und Wirkung, hg. von K. Piper, München 1963, 9-18, hier: 14.

II »Jaspers: Wißbar wohin«, Der Spiegel, 11. Juli 1966.

12 »>Auf aufreizende Weise prominent« Hans Saner über Karl Jaspers, der vor 50 Jahren in Basel seine
Abschiedsvorlesung hielt«, Basler Zeitung, 8. Juli 2011.

13 Philosophische Autobiographie, 39.

14 Hinzukommen unerwartete Resonanzen, etwa bei Wolfgang Stegmüller: »Als ich im Jahre 1943
erstmals auf Ihre Philosophie stieß, bildete dies das entscheidende Erlebnis für mich, den damals
Zwanzigjährigen, auf meinem philos. Studiengang« (W. Stegmüller an K. Jaspers, 15. November
1948, DLA, A: Jaspers). Zu Stegmüllers jaspers-Interpretation vgl. neben der bekannten Darstellung
in Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie (Stuttgart 41969, 195-242) den frühen Vortrag »Vom
Wesen des Menschen in der Existenzphilosophie«, in: S. Moser (Hg.): Weltbild und Menschenbild.
Internationale Hochschulwochen des österreichischen College. Alpbach-Tirol, 24. August bis 11.
September 1947, Innsbruck und Wien 1948,39-54.
 
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