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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0171
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ITO

Existenzphilosophie

Das gegenwärtige Philosophieren geschieht bewußt aus dem eigenen, durch Wissen-
schaft allein nicht zu entdeckenden und nicht zu erreichenden Ursprung:
12 | Das Suchen der Wirklichkeit vollzieht es durch Denken als inneres Handeln. Bei al-
len Sachen ist dieses Denken, um über sie zu transzendieren auf die eigentliche Erfül-
lung.
Diese Wirklichkeit kann nicht noch einmal wie in den Wissenschaften als ein be-
stimmter Wissensinhalt gefunden werden. Philosophie kann nicht mehr eine Lehre
vom Ganzen des Seins in gegenständlicher Einheit zeigen.
Auch kann diese Wirklichkeit nicht in bloß erlebenden Gefühlen verläßlich gegen-
wärtig sein. Wirklichkeit ist durch sie und mit ihnen nur im Denken zu gewinnen.
Das Philosophieren drängt denkend dahin, wo das Denken zur Erfahrung der Wirk-
lichkeit selbst würde. Um dahin zu kommen, muß ich jedoch durchweg denken, ohne
in diesem Denken als solchem schon wirklich zu sein. Auf dem Wege des vorläufigen
vorbereitenden Denkens erfahre ich ein Mehr-als-Denken.
Die methodische Objektivierung dieses Denkens ist Philosophie. Um von ihr einen Be-
griff zu verschaffen, vermag ich weder eine Übersicht zu geben über die Leistungen,
die heute unter dem Namen Existenzphilosophie gehen, noch eine Übersicht über
meine eigene Philosophie. Ich kann nur an einigen Grundgedanken beispielsweise zei-
gen, worum es sich handelt. Ich stelle folgende Fragen:
In der ersten Vorlesung: die Frage nach dem Sein, in dem Sinne des weitesten Raums
des Umgreifenden, in dem uns entgegenkommt, was jeweils Sein für uns ist.
In der zweiten Vorlesung: die Frage nach der Wahrheit, in dem Sinne des Wegs zu
dem entgegenkommenden Sein.
In der dritten Vorlesung: die Frage nach der Wirklichkeit, in dem Sinne des Seins als
Ziel und Ursprung, in dem all unser Denken und Leben Ruhe findet.
 
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