Existenzphilosophie
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Aber unter diesen Entscheidungen ist die am tiefsten wirkende, ob ich den Sprung
21 von der Gesamtheit der Im\manenz zur Transzendenz leugne, oder ob ich den Vollzug
dieses Sprunges zum Ausgang des Philosophierens mache.
Es ist der Sprung von allem, was als zeitlich erfahrbar und als zeitlos wißbar241 ist
(und darum immer nur Erscheinung bleibt), zum Sein selbst, das wirklich und ewig ist
(und darum im Zeitdasein nicht wißbar wird, wenn es auch für uns nur im Zeitdasein
zum Sprechen kommt).
Es ist der Sprung von dem Umgreifenden, das wir sind als Dasein, Bewußtsein, Geist,
zu dem Umgreifenden, das wir sein können oder eigentlich sind als Existenz. Und es ist
damit zugleich der Sprung vom Umgreifenden, das wir erkennen als Welt, zu dem Um-
greifenden, das das Sein an sich selbst ist.
Dieser Sprung entscheidet über meine Freiheit. Denn Freiheit ist nur mit der Trans-
zendenz durch Transzendenz.
Es gibt zwar schon in der Immanenz etwas, das der Freiheit verwandt scheint: wenn
ich das Umgreifende, das ich bin als Dasein und Geist, nicht identifiziere mit seiner
Erkennbarkeit. Aber es ist nur eine relative Freiheit des Offenbleibens für dieses Um-
greifende von Dasein und Geist.
Es gibt zwar auch die Freiheit des Denkens, die sich zur absoluten Freiheit des Abse-
henkönnens von allem steigert, eine Freiheit des Nein ist.242 Aber die positive Freiheit
hat einen anderen Ursprung als das Denken. Sie erwächst nur der im Sprung erreich-
ten Existenz. Und diese Freiheit erlischt, wenn das Absehenkönnen des Denkens sich
auf sie selbst und die Transzendenz erstreckt. Ich kann nicht auch von mir als mögli-
cher Existenz - und damit nicht von der Transzendenz - absehen, ohne mich zu ver-
raten und ins Leere zu sinken.
Denn die Freiheit der Existenz ist nur als Identität mit dem Ursprung, an dem
das Denken strandet. Diese Freiheit ist mir in dem Augenblick verschwunden, wo
ich, den Sprung rückgängig machend, wieder hinübergleite in die Immanenz: etwa
in die täuschenden Gedanken eines allgemeinen, notwendigen und erkennbaren
22 Gesamtgelschehens (der Welt, des Daseins, des Geistes), vor dem ich meine Freiheit
preisgebe.
Hier, in diesem Sprung zur Transzendenz, ist daher die Grundentscheidung mei-
nes Wesens selbst in Gedanken gefaßt, die Grundentscheidung seiner Wirklichkeit.
Das Philosophieren in den Weisen des Umgreifenden ist Sache eines Entschlusses. Es
ist der Entschluß des Seinswillens, sich zu lösen von allem bestimmten Seinswissen,
nachdem ich es in seiner Prägnanz angeeignet habe, damit in Wahrheit das Sein selbst
zu mir kommen könne.
Es ist der Entschluß, ob ich, statt mich in einem befriedigenden Seinswissen zu be-
ruhigen, vielmehr im ungeschlossenen, alle Horizonte umgreifenden, horizontlosen
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Aber unter diesen Entscheidungen ist die am tiefsten wirkende, ob ich den Sprung
21 von der Gesamtheit der Im\manenz zur Transzendenz leugne, oder ob ich den Vollzug
dieses Sprunges zum Ausgang des Philosophierens mache.
Es ist der Sprung von allem, was als zeitlich erfahrbar und als zeitlos wißbar241 ist
(und darum immer nur Erscheinung bleibt), zum Sein selbst, das wirklich und ewig ist
(und darum im Zeitdasein nicht wißbar wird, wenn es auch für uns nur im Zeitdasein
zum Sprechen kommt).
Es ist der Sprung von dem Umgreifenden, das wir sind als Dasein, Bewußtsein, Geist,
zu dem Umgreifenden, das wir sein können oder eigentlich sind als Existenz. Und es ist
damit zugleich der Sprung vom Umgreifenden, das wir erkennen als Welt, zu dem Um-
greifenden, das das Sein an sich selbst ist.
Dieser Sprung entscheidet über meine Freiheit. Denn Freiheit ist nur mit der Trans-
zendenz durch Transzendenz.
Es gibt zwar schon in der Immanenz etwas, das der Freiheit verwandt scheint: wenn
ich das Umgreifende, das ich bin als Dasein und Geist, nicht identifiziere mit seiner
Erkennbarkeit. Aber es ist nur eine relative Freiheit des Offenbleibens für dieses Um-
greifende von Dasein und Geist.
Es gibt zwar auch die Freiheit des Denkens, die sich zur absoluten Freiheit des Abse-
henkönnens von allem steigert, eine Freiheit des Nein ist.242 Aber die positive Freiheit
hat einen anderen Ursprung als das Denken. Sie erwächst nur der im Sprung erreich-
ten Existenz. Und diese Freiheit erlischt, wenn das Absehenkönnen des Denkens sich
auf sie selbst und die Transzendenz erstreckt. Ich kann nicht auch von mir als mögli-
cher Existenz - und damit nicht von der Transzendenz - absehen, ohne mich zu ver-
raten und ins Leere zu sinken.
Denn die Freiheit der Existenz ist nur als Identität mit dem Ursprung, an dem
das Denken strandet. Diese Freiheit ist mir in dem Augenblick verschwunden, wo
ich, den Sprung rückgängig machend, wieder hinübergleite in die Immanenz: etwa
in die täuschenden Gedanken eines allgemeinen, notwendigen und erkennbaren
22 Gesamtgelschehens (der Welt, des Daseins, des Geistes), vor dem ich meine Freiheit
preisgebe.
Hier, in diesem Sprung zur Transzendenz, ist daher die Grundentscheidung mei-
nes Wesens selbst in Gedanken gefaßt, die Grundentscheidung seiner Wirklichkeit.
Das Philosophieren in den Weisen des Umgreifenden ist Sache eines Entschlusses. Es
ist der Entschluß des Seinswillens, sich zu lösen von allem bestimmten Seinswissen,
nachdem ich es in seiner Prägnanz angeeignet habe, damit in Wahrheit das Sein selbst
zu mir kommen könne.
Es ist der Entschluß, ob ich, statt mich in einem befriedigenden Seinswissen zu be-
ruhigen, vielmehr im ungeschlossenen, alle Horizonte umgreifenden, horizontlosen