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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0226
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Karl Jaspers an Jean Wahl

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gaard sich verstand, und glaube vor ihr soa zu stehen, wie er es wollte: sie ist nicht Vor-
bild zur Nachfolge, sondern sie macht aufmerksam; sie unterwirft sich selbst dem All-
gemeinen des Sich-in der-Welt-verwirklichens [sic] als einem Massstab, dem sie - wie
sie weiss - nicht genügt, und zwar in der bleibenden Zweideutigkeit tiefer Schuld oder
unerhörter Erwähltheit zu einer unersetzlichen, nicht zu wiederholenden Einzigkeit.
3) Ich würde jeden »Ersatz« der Ewigkeit durch verweltlichende Gedanken als Täu-
schung verwerfen. Dass in der Welt die Treue, die Kontinuität, die »Wiederholung«
eine Bewährung und Vergewisserung der Ewigkeit ist, heisst nicht, dass die Ewigkeit
ersetzt wird. Wohl aber heisst es, dass wenn ich keinem Menschen und auch damit mir
selbst keinen Glauben mehr schenke, mir auch die Ewigkeit versunken ist, nicht je-
doch, dass sie nicht sei.
4) Dass in meiner Philosophie ein Heimweh spreche nach einem Verlorenen, dass
in ihr ein Echo wi[]derklinge3°7 der Religion, würde ich nicht leugnen. Aber ich glaube
dieses Heimweh in aller Philosophie zu spüren, die im Schatten Platos und Kants steht,
dieser aus so grossem Heimweh Suchenden und Erinnernden. Wer möchte nicht im
innersten Herzen, dass der leibhaftige Gott zu ihm wie zu einem Kinde spräche, selbst
wenn wir wissen, dass die Gottheit grade dadurch, dass sie uns dieses versagte, uns erst
als Menschen in unserer Freiheit möglich machte (Kant).
5) Dass eine »Theorie« der Existenz die Existenz grade ausschaltet, ist wahr für die
Missverständnisse, welche mit existenzerhellenden, appellierenden Gedanken in der
Welt operieren, als ob damit irgend etwas in einer Situation subsumiert, erkannt, ent-
schieden werden könnte. Der Existentialismus wäre der Tod der Existenzphilosophie
- und ist es seit den Plato-Schülern immer wieder gewesen. Philosophie kann nur er-
wecken.
6) Die »Gefahren«, einerseits zu eng an Theologie gebunden oder andererseits von
jeder Concretheit entfernt zu sein, erkenne ich nicht eigentlich als Gefahren. Fast
könnte ich sagen: Was Sie als Gefahr bezeichnen, das möchte ich grade erreichen, we-
nigstens so wie ich es verstehe. Die Theologie betreffend: Was ich ursprünglich als
wahr erfahre, bleibt wahr, auch wenn ich nachträglich begreife, dass es ohne Chris-
tentum geschichtlich kaum in meine Seele gekommen wäre. Die Concretheit betref-
fend: Die rational mitgeteilte Philosophie muss als solche die offene Flanke haben, die
zu ergänzen Sache des jeweils sie Denkenden ist. Sie darf nicht das Konkrete [sic] schon
darbieten, das entweder in den Wissenschaften erobert, oder in den Visionen der Dich-
ter mitteilbar wird oder das als solches geschichtlich und damit für jeden, der mögli-
che Existenz ist, noch frei bleibt. Die grössten Anstrengungen des philosophischen Ge-
dankens gehen, wie mir scheint, darauf, die echte, nicht leere, sondern wirkende

a so ms. Einf.
 
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