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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0051
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48

Grundsätze des Philosophierens

folge eines selbst erkannten3 Gesetzes anerkannt. In solcher Abstraktion ist zwar die
Möglichkeit der Erweckung für andereb bewahrt, aber trotzdem ist der eigentliche Ge-
halt verloren. Denn dieser liegt nicht in der Befolgung eines Gebots oder Verbots all-
gemeiner Art, sondern in derc Wirklichkeit des situationsgebundenen Tuns, wenn die-
ses Tun sich aus der Unbedingtheit des existentiellen Entschlusses bewusst ist.
Das Handeln, welches sich ableitet aus allgemeinen Gesetzen, nach denen es sich
richtet/ ist moralisch; das Handeln, das im Medium moralischer Erhellungen unbe-
dingt wirde, nennen wir metaphysisch. Die Unbedingtheitf moralischer Gesetze ist
eine abstrakte, nicht geschichtliche, eine gewaltsame, nicht von der Seele erfüllte. Sie
ist unser Halt für matte Zeiten der versagenden Seele, dann wenn ihre metaphysisch
gegründete geschichtliche Existenz ihr in dem Ablauf blossen Zeitdaseins vorüberge-
hend unerfüllbar geworden ist.
Der Sinn der moralischen Gesetze ist zu klären:
Die unbedingten Forderungen sollen® verständlich und damit allgemein11 werden
durch formulierte Gesetze. Das ist sinnvoll, weil die geschichtliche Unbedingtheit ein
Moment des Allgemeinen enthält, aus dem zwar die Unbedingtheit nicht' abgeleitet
werden kann, ohne das sie jedoch nicht besteht.
So sind die zehn Gebote eine Fixierung schlichter Grundwahrheiten: Du sollst
nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen, nicht verleumden, nicht begehren dei-
nes Nächsten Weib noch Haus.46 Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.47 Sol-
che und andere Verbote und Gebote dienen als Halt in der Verwirrung der Leidenschaf-
ten und in der Unentschiedenheit. Sie sind einfach und werden doch so leicht verletzt;
sie müssen daher jederzeit von neuem mit ganzem Ernst in ihrer Ursprünglichkeit be-
griffen werden. Sie bergen einen metaphysischen Sinn und sind doch durch Tun und
Vermeiden äusserlich zu befolgen. Es ist charakteristisch, dass Verbote überwiegen: das
Negative lässt sich leichter im Gesetz aussprechen als das Positive.
Beides aber kann im Gesetz nur als Tun (als Werk)' gefordert werden, als Vollzug
von Leistungen und Verhaltungsweisen. Die Wahrheit der gesetzlichen Forderung da-

a selbst erkannten im Vorlesungs-Ms. 1945/46 gestr.
t> für andere im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu und des Festhaltens am Entschluss
c nach der im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. geschichtlichen
d nach richtet, im Vorlesungs-Ms. 1945/4 6hs.Einf. ist gegründet auf die Unbedingtheit der ersten Stufe,
e unbedingt wird im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu geschichtlich unbedingt ist, das der dritten Stufe,
f nach Unbedingtheit im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. losgelöster
g Die unbedingten Forderungen sollen im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Die unbedingte Forde-
rung soll
h nach allgemein im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. gültig
i nach nicht im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. zureichend
j Beides aber kann im Gesetz nur als Tun (als Werk) im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Im Gesetz
kann aber nur das Tun als Werk
 
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