Grundsätze des Philosophierens
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nisse der Biochemie aufgefasst werden. Kreislauf, Atmung, Ernährung, Stoffwechsel,
muskuläre und sensorische Erscheinungen, die Regulationen seitens des Nervensystems
und der inneren Sekretion werden Gegenstand der Physiologie.
Eine dritte Objektivierung geht auf die Entwicklung des Lebens in Wachstumspha-
sen und auf die Fortpflanzung und Vererbung (Entwicklungslehre und Genetik).
Eine vierte Objektivierung untersucht die Gestaltungen des Lebens in den Form-
strukturen des Leibes und in den zeitlichen Abläufen der Entwicklung. Eine unendli-
che Welt sichtbarer Formen und zeitlicher Gestaltungen wird beschrieben; sie werden
in den Zusammenhängen von Grundformen und ihrer als Formgeschehen begreifba-
ren Entfaltungen typologisch vor Augen gebracht. Diese Welt der Lebensgestalten ist
Gegenstand der Morphologie.
Eine fünfte Objektivierung geht über den Leib und seine Materie, über Funktionen
und über Formen hinaus auf den Tatbestand des Lebens als Leben in einer Umwelt. Die
Daseins- und Weltstrukturen des Lebendigen werden Gegenstand der Beschreibung.
Das Ganze aus Innenwelt und Umwelt, ihres Ineinanderspiels und der Mannigfaltig-
keit der Umwelten in der Vielfalt des Lebendigen bringt einen Grundwesenszug des
Lebens zur bewussten Anschauung und Kenntnis.
Keine dieser Objektivierungen hat das Leben selber und im Ganzen zum Gegen-
stand der Forschung gewonnen. Was Leben sei, kann für das Wissen nur in der Man-
nigfaltigkeit solcher Objektivierungen zur Erscheinung kommen.
Dann ist die Frage nach dem Zusammenhang aller solcher Objektivierungen zur
Einheit des Lebens. Das eine Ganze jedoch, das für das ursprüngliche, noch gedanken-
lose Wahrnehmen des Lebendigen da zu sein scheint, bleibt für die Erkenntnis nicht
erhalten. Statt der greifbaren Einheit gibt es nur Wege zu ihr, die immer wieder zum
Ergebnis haben, dass mit dem Aufdecken neuer Einheitsbeziehungen nur andere die
Einheit des Lebendigen für die Erkenntnis zerreissende Sprünge um so klarer vor Au-
gen kommen. - Es gibt wohl die faktischen Bezüge zwischen allen genannten Objek-
tivierungen, aus jeder heraus wird nach der anderen gefragt; die eine gibt die Tatbe-
stände, welche die andere zum Teil in ihren Bedingungen zu erklären vermag. Aber
diese Bezüge begründen nicht ein gewusstes Eines, das das Leben selber sei, sondern
bleiben Bezüge innerhalb der Erscheinungen des Lebendigen; sie weisen wohl hin auf
die Einheit des Lebens als Idee, aber sie konstituieren nicht diese Einheit als Gegen-
stand. - Es gibt wohl die Ganzheiten, aber jede klare Ganzheit ist nicht die Ganzheit
des Lebens, sondern eine Ganzheit in ihm. Die Hierarchie der Ganzheiten scheint das
Leben aufzubauen, aber diese Hierarchie schliesst sich nirgends zur einen gewussten
oder wissbaren Ganzheit, sondern bleibt ungeschlossen an der Grenze jedes Individu-
ums, das in Vererbungszusammenhängen steht, dann jeder Art des Lebendigen, die
über sich hinausweist, schliesslich des Lebens überhaupt, das nicht in sich Endziel,
Vollendung, Abschluss hat.
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nisse der Biochemie aufgefasst werden. Kreislauf, Atmung, Ernährung, Stoffwechsel,
muskuläre und sensorische Erscheinungen, die Regulationen seitens des Nervensystems
und der inneren Sekretion werden Gegenstand der Physiologie.
Eine dritte Objektivierung geht auf die Entwicklung des Lebens in Wachstumspha-
sen und auf die Fortpflanzung und Vererbung (Entwicklungslehre und Genetik).
Eine vierte Objektivierung untersucht die Gestaltungen des Lebens in den Form-
strukturen des Leibes und in den zeitlichen Abläufen der Entwicklung. Eine unendli-
che Welt sichtbarer Formen und zeitlicher Gestaltungen wird beschrieben; sie werden
in den Zusammenhängen von Grundformen und ihrer als Formgeschehen begreifba-
ren Entfaltungen typologisch vor Augen gebracht. Diese Welt der Lebensgestalten ist
Gegenstand der Morphologie.
Eine fünfte Objektivierung geht über den Leib und seine Materie, über Funktionen
und über Formen hinaus auf den Tatbestand des Lebens als Leben in einer Umwelt. Die
Daseins- und Weltstrukturen des Lebendigen werden Gegenstand der Beschreibung.
Das Ganze aus Innenwelt und Umwelt, ihres Ineinanderspiels und der Mannigfaltig-
keit der Umwelten in der Vielfalt des Lebendigen bringt einen Grundwesenszug des
Lebens zur bewussten Anschauung und Kenntnis.
Keine dieser Objektivierungen hat das Leben selber und im Ganzen zum Gegen-
stand der Forschung gewonnen. Was Leben sei, kann für das Wissen nur in der Man-
nigfaltigkeit solcher Objektivierungen zur Erscheinung kommen.
Dann ist die Frage nach dem Zusammenhang aller solcher Objektivierungen zur
Einheit des Lebens. Das eine Ganze jedoch, das für das ursprüngliche, noch gedanken-
lose Wahrnehmen des Lebendigen da zu sein scheint, bleibt für die Erkenntnis nicht
erhalten. Statt der greifbaren Einheit gibt es nur Wege zu ihr, die immer wieder zum
Ergebnis haben, dass mit dem Aufdecken neuer Einheitsbeziehungen nur andere die
Einheit des Lebendigen für die Erkenntnis zerreissende Sprünge um so klarer vor Au-
gen kommen. - Es gibt wohl die faktischen Bezüge zwischen allen genannten Objek-
tivierungen, aus jeder heraus wird nach der anderen gefragt; die eine gibt die Tatbe-
stände, welche die andere zum Teil in ihren Bedingungen zu erklären vermag. Aber
diese Bezüge begründen nicht ein gewusstes Eines, das das Leben selber sei, sondern
bleiben Bezüge innerhalb der Erscheinungen des Lebendigen; sie weisen wohl hin auf
die Einheit des Lebens als Idee, aber sie konstituieren nicht diese Einheit als Gegen-
stand. - Es gibt wohl die Ganzheiten, aber jede klare Ganzheit ist nicht die Ganzheit
des Lebens, sondern eine Ganzheit in ihm. Die Hierarchie der Ganzheiten scheint das
Leben aufzubauen, aber diese Hierarchie schliesst sich nirgends zur einen gewussten
oder wissbaren Ganzheit, sondern bleibt ungeschlossen an der Grenze jedes Individu-
ums, das in Vererbungszusammenhängen steht, dann jeder Art des Lebendigen, die
über sich hinausweist, schliesslich des Lebens überhaupt, das nicht in sich Endziel,
Vollendung, Abschluss hat.