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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0182
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Grundsätze des Philosophierens

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ditation, in der der Denkende sich vergewissernd sich selber verwandelt auf einem
Wege, auf dem er die weltdurchdringende, im realen Untergehen (im Scheitern) sich
bewährende Einheit mit der Wirklichkeit sucht und an dessen Ende bei abgleitender
Automatisierung vielleicht die Nichtigkeit eines untermenschlichen Fakirdaseins
steht. Die Wege des Denkens mit der Folge technischer Operationen - inbezug auf die
Materie in der äusseren Welt, inbezug auf die Transcendenz am eigenen Bewusstsein -
berühren in der Realität die Wirklichkeit. Dann haben sie den metaphysischen Cha-
rakter einer hinreissenden Grunderfahrung des Seins, wenn auch auf zwei heterogene,
unter sich äusserst fremde Weisen. Auf beiden Wegen aber wird die Wirklichkeit ver-
loren und dann ein Ruin der Realität des menschlichen Daseins bewirkt, sei es von aus-
sen der Ruin der Daseinsrealität aller, sei es von innen der Ruin des Menschseins je Ein-
zelner.
ee. Die Frage nach der Affektion des Subjekts durch das Objekt: Wenn man Objekt
und Subjekt getrennt hat zu zwei Seienden, die sich an sich gegenseitig nichts ange-
hen (statt jedes Subjekt- und Objektsein als in specifischen Spaltungen aufeinander
polar bezogen zu sehen), so ist die Frage: wie kommt das Objekt zum Subjekt, das Sub-
jekt zum Objekt? und dann ist die Frage unbeantwortbar.
Bei solcher Trennung ist das Objekt als ein Sein an sich gemeint, das Subjekt als ein
für sich Seiendes, Hinzukommendes, das als von sich aus Leeres das Objekt gleichsam
abspiegelt, oder das wie ein Wachstäfelchen seine Eindrücke empfängt. Vorbild dieser
Auffassung ist eine Beziehung der Lebewesen in der Welt: die Sinneswahrnehmung,
in der von aussen kommende Reize die Sinnesorgane treffen und die Wahrnehmung
von Gegenständen in der Welt veranlassen.
Nimmt man die Wahrnehmung zum Vorbild aller Subjekt-Objekt-Verhältnisse, so
ist zu bedenken, was für eine Beziehung hier tatsächlich vorliegt. Es handelt sich phy-
siologisch um die Wirkung von physischen Reizen auf lebendige Organe. Ein Objekt
wirkt auf ein anderes Objekt. Für die Untersuchung dieses Vorgangs ist es jedoch ein
Rätsel, wie die Seele in der Wahrnehmung einen Gegenstand vor sich haben kann. Bio-
logisch, physiologisch und psychologisch können wir wohl den Unterbau erforschen,
ohne den keine Wahrnehmung stattfindet: durch ihn wird das all diesem Vorherge-
hende, Ursprüngliche der Subjekt-Objekt-Spaltung mit diesen Wahrnehmungsinhal-
ten möglich. Was aber in der Wahrnehmung als gegenständliches Wissen von Etwas
da ist, das ist durch einen Abgrund getrennt von den physiologischen Causalvorgän-
gen. Im gegenständlichen Meinen ist das Umgreifende des Bewusstseins gespalten in
Subjekt und Objekt derart, dass das Subjekt nicht selber noch einmal als Objekt aufge-
fasst werden kann. Untersuche ich aber die Frage, wie ein Objekt auf ein Subjekt wirke
(so wie äussere Reize auf Sinnesorgane), dann habe ich durch solche Frage das Subjekt
zu einem anderen Objekt gemacht. Auf diesem Wege ist die Frage nach der Affektion
des Subjekts durch ein Objekt nicht lösbar, weil nicht mehr richtig gestellt. Denn das
 
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