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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0183
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i8o

Grundsätze des Philosophierens

Subjekt-Objekt-Verhältnis ist, statt umgreifend zu bleiben, zu einem Verhältnis inner-
halb der Objekte geworden.
Es ist bei dieser Frage nach der Subjekt-Objekt-Spaltung vielmehr unbeirrbar fest-
zuhalten, dass sie nicht durch gegenständliche Untersuchung eine bestimmte, son-
dern nur im Transcendieren eine unbestimmte Antwort finden kann. Die Subjekt-Ob-
jekt-Spaltung im Ganzen ist nicht wiederum als Objekt zu ergreifen. Wir bleiben
denkend immer in der Spaltung, die wir begreifen möchten. Wir können sie denkend
nur erhellen, indem wir sie zugleich wiederum vollziehen. In der Spaltung können wir
zwar transcendierend über die Spaltung hinaus sein in dem Umgreifenden, das doch
nur in der Spaltung zu sich, zum Bewusstsein, zur Entfaltung kommt. Die Spaltung
aber ist das Rätsel der Grenze unseres Denkenkönnens, dessen wir als des Urphaeno-
mens unseres bewussten Daseins transcendierend inne werden. Dieses transcendie-
rende Denken muss sich zwar jeweiliger Vergegenständlichung als unumgänglicher
Leitfäden bedienen. Indem es dies auf mannigfache Weise tut, kann es aber jede die-
ser gegenständlichen Denkwege rückgängig machen, um durch sie alle zu dem klaren
Grenzbewusstsein der Subjekt-Objekt-Spaltung zu kommen.
1. Erkennen ist entweder Erkennen des Anderen oder dessen, was ich selber bin:
Wenn Subjekt-Objekt-Spaltung die Erscheinung des Seins im zeitlichen Bewusstsein
ist, dann ist aus dem einen die Spaltung Umgreifenden her das Objekt mit dem Sub-
jekt untrennbar verbunden. Vom Umgreifenden her ist das Objekt im Subjekt und das
Subjekt im Objekt gegenwärtig. Dann erkenne ich nur, was ich als Umgreifendes zu-
gleich selber bin. Dann sind Subjekt und Objekt in ihrer Spaltung aufeinander bezo-
gen, einer der Spiegel des anderen, beide in der Unterschiedenheit auch identisch. Er-
kennen ist in eins Erkennen seiner selbst und des anderen. Indem ich die Welt erkenne,
erkenne ich mich; indem ich mich erkenne, erkenne ich die Welt.
Dies gilt jedoch nicht durchweg. Es ist vielmehr im Erkennen ein zweifaches: Er-
kennen des Anderen als etwas, das ich auch selber bin, und Erkennen des Anderen, das
nur der Form nach in mir, dem Gehalt nach schlechthin anders ist. In beiden Fällen
ist die Frage, wie das erkennende Subjekt afficiert werde von dem, was es erkennt, sei
dieses Erkannte es selber oder ein anderes Sein. »Afficiertwerden« ist ein Gleichnis für
das, was geschieht, wenn das den Gedanken Erfüllende im Denken gegenwärtig wird.
2. Erkennen des Anderen: Materie und Transcendenz waren die Pole des Seienden,
das auf keine Weise wir selber sind und die nie als das, was sie eigentlich sind, sondern
in Formen der Subjektivität des denkenden Bewusstseins uns zugänglich werden, wo-
bei diese Formen erfüllt sind von dem undurchdringlichen, schlechthin Anderen. Hier
ist die Frage, wie Materie und Transcendenz das denkende Subjekt affieieren. Zwar sind
Materie und Transcendenz an sich nicht Objekte, sondern werden dies nur in den For-
men ihres Gedachtseins. Aber sie sind doch nicht denkbar, ohne dass etwas geschieht,
was wir im Gleichnis des Afficiertwerdens des Subjekts durch ein Objekt aussprechen,
 
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