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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0186
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Grundsätze des Philosophierens

183

unserer Freiheit. Im Erkennen dessen, was im Anderen ich selber bin, erwachsen die
Gehalte des Bewusstseins überhaupt, das wir sind, aus den anderen Weisen des Um-
greifenden, das wir sind als Dasein, Geist, Existenz. Das Andere, das ich auch selber
bin, erkenne ich dadurch, dass alle Weisen des Umgreifenden, die ich bin, in einander
sind und im Bewusstsein überhaupt ihren Sinn vergegenständlichen.
In diesem Erkennen ist also die Subjektivität des Erkennenden affi eiert von sich sel-
ber. Es ist das Ineinandersein der Weisen des Umgreifenden als Dasein und Geist im
Bewusstsein überhaupt, das letzterem gestattet, in der Welt Gegenstände zu ergreifen.
Statt der Frage, wie das Objekt das Subjekt affieiert, ist die Frage nach dem Ineinander-
sein der Weisen des Umgreifenden, die wir sind.
Die weitere Frage ist, wie das je einzelne Bewusstsein in seinem Dasein affieiert wird
von anderem einzelnen Umgreifenden, dem anderen Lebendigen und dem anderen
Menschen. In der Welt geschieht auch dies nur auf dem Unterbau des physisch-mate-
riellen Dunkels als Mittler aller Communication im Raum. Aber die eigentliche Affek-
tion durch das fremde Wesen ist ein sich in eins Stimmen in dem Maasse des gegen-
seitigen Bereitseins; dieses geschieht aus dem Wissen des jeweiligen Umgreifenden,
das nur aufnehmen kann, was der Möglichkeit nach in ihm selber steckt.
ff. Das Subjekt-Objekt-Verhältnis auf verschiedenen Standpunkten der Erörterung:
In der Subjekt-Objekt-Spaltung verwandelt sich das Subjekt mit dem Objekt und um-
gekehrt.
Aber im Erkennen meinen wir das Objekt als solches. Die Subjektivität soll ausge-
schaltet werden, um das Objekt ohne Trübung zu erfassen. Wird daher die Subjektivi-
tät bewusst, so wird sie entweder als Störung corrigiert; oder sie wird als unumgäng-
lich in Rechnung gestellt (als die Situation des Beobachters, als Abhängigkeit der
Beobachtungsinhalte von dieser Subjektivität konstatiert) und wird in ihrer Gesetz-
mässigkeit selber zu einem Teil des Objekts; oder sie wird als das universale apriori des
Denkens und der Anschauung seitens des Bewusstseins überhaupt erhellt: es ist keine
willkürliche und keine zufällige und keine variierende Subjektivität, sondern die Ob-
jektivität selber in der Subjektivität.
Erkennen ist darum in der Tat nirgends ein Ergreifen des Seins ohne Subjektivität, son-
dern vielmehr das Ergreifen des Seins durch eine jeweils besondere, die Weise der Erschei-
nung des Seins ihrerseits bestimmende Subjektivität. Diese aber ist ein Problem durch die
Vielfachheit der Subjektivitäten. Die Subjektivität ist nicht nur das apriori des umgrei-
fenden Bewusstseins überhaupt, sondern es liegt in jeder Weise des Umgreifenden, das
wir sind - in Dasein, Geist, Existenz - eine Subjektivität, zu der eine ihr eigentümliche
Objektivität gehört. Anders gesagt: Das Sein erscheint in den Weisen des Umgreifenden,
in denen Subjekt-Objekt-Spaltung stattfindet, durch Objektivitäten; diese Objektivitä-
ten sind in den jeweiligen Weisen des Umgreifenden begründet; daher ist mit der eigen-
tümlichen Objektivität eine zugehörende Subjektivität untrennbar verbunden.
 
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