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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0192
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Grundsätze des Philosophierens

189

und die Beschränkung von wesentlichen Erkenntnissen auf eine Minderzahl von Men-
schen.
Die Quelle des Materials liegt in den Weisen des Umgreifenden, das wir sind.
3) Erhellung der Weisen des Umgreifenden und der in ihnen auftretenden Subjekt-
Objekt-Spaltungen: Wir haben früher ausgeführt, wie die Spaltungen mehrere sind:
Das Dasein in seiner Umwelt, der Geist und seine Ideen, das Bewusstsein und sein Ge-
genstand, Existenz und Transcendenz.
Jede Weise des Umgreifenden bedeutet eine Weise der Subjektivität und die dazu
gehörende Weise der Objektivität. Es ist eine Gliederung des Seienden zu entwerfen
mit einer Gliederung der Subjektivitäten. Dann geht eine Hierarchie der Subjektivitä-
ten einher mit einer Hierarchie des Seienden.
Die sich auf diesem Wege zeigende Gliederung des Seienden - die wir in der Erhel-
lung des Umgreifenden früher entworfen haben - wiederholen wir in mehreren For-
mulierungen:
1. Das Bewusstsein überhaupt richtet sich durch das Dasein und den Geist auf die
Welt, durch Existenz auf Transcendenz.
In der Welt findet es seine Gegenstände als Objektivierung eines Umgreifenden,
das ist, wie wir sind: es erwachsen die Wissenschaften der Biologie, Psychologie, So-
ciologie. Oder es findet seine Gegenstände als Objektivierung eines ganz Fremden, als
ein Lebloses, schlechthin Anderes, von innen restlos Unzugängliches, das Materie
heisst: es erwachsen Physik und Chemie. In allen diesen Fällen sprechen wir von Er-
kenntnis. Alle Erkenntnis füllt sich im Bewusstsein überhaupt aus dem Dasein und
dem Geiste, als die der Denkende wirklich ist. Sie objektiviert ein anderes Umgreifen-
des in Biologie und Geisteswissenschaften; sie objektiviert das schlechthin Fremde,
nur gegenständlich Werdende in der Physik.
In der Welt werden durch das Bewusstsein überhaupt die Gegenstände hell, in de-
nen Existenz sich auf Transcendenz richtet. Die Welt wird eine Chiffernsprache, Denk-
vollzüge werden Wege des Innewerdens der Transcendenz. In diesem Falle sprechen
wir von erhellendem Wissen. Erhellendes Wissen füllt sich im Bewusstsein überhaupt
aus den Erfahrungen der Existenz, die der Mensch sein kann. Es objektiviert sich im
philosophischen Denken der Existenzerhellung und Metaphysik.
2. Wird das Umgreifende des Daseins und des Geistes als in der Welt vorkommen-
des Sein zum Objekt, so liegt es als Gegenstand im Umgreifenden des Bewusstseins
überhaupt. Ist es damit objektiviert zu einem Wissbaren, Denkbaren, Erforschbaren,
so ist es doch dadurch auch zugleich denaturiert; das ist offenbar, wenn wir sein Sein
als Objektsein messen an seinem Umgreifendsein.
3. Gehalte alles Umgreifenden - des leblosen Seins, des Daseins, des Geistes - sind
als Ideen im erkennenden Geiste lebendig, sei es im Widerschein, sei es in verstehen-
der oder realer Identität. Forschung wird geführt von Ideen der Materie, des Lebens
 
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