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Grundsätze des Philosophierens
gen. Aus der Idee will ich im Ganzen verändern, im Bilde der Autorität will ich im
Ganzen mich fügen. In der Idee empöre ich mich, der Autorität beuge ich mich.
Jene Idee und dieses Bild stossen beide an Grenzen, scheitern und zeigen, dass sie
als solche dem Ganzen des Umgreifenden nicht genügen. Aber jene Idee und dieses
Bild stehen nicht nebeneinander, sondern je an der Grenze des einen tritt das andere
als Ergänzung auf. Wenn sie beide scheitern, so jeweils hinüber aus dem einen in das
andere als die immer wieder auftauchende Rettung.
Aber Idee und Bild werden nicht zur Einheit als ein Ganzes, sodass sie im Ausgleich
sich vollenden könnten. Vielmehr sind Freiheit und Autorität eines Stachel des ande-
ren. Sie treiben sich hinauf, wenn sie sich nicht zerstören, aber hinauf nicht in einen
Ruhezustand, der immer nur vorübergehender Schein oder Wunschtraum war und
bleiben wird, sondern ins Unabsehbare innerhalb der ungeschlossenen Welt. Weder
Freiheit noch Autorität umfassen alles. Aus beiden kommt ein ursprünglicher Antrieb
des Geschehens. Ohne einander erlahmen sie beide. Freiheit lebt nicht ohne Autori-
tät, Autorität nicht ohne Freiheit.
Wir vergewissern uns also dieser Polarität: Das, was ich plane, will ich hervorbrin-
gen; die Autorität ergreife ich, indem ich mich ihr hingebe. Darum gründet sich das
Wollen der Zukunft in zwei Ursprüngen, dem freien Planen des Verstandes und der
Führung durch Autorität. Wir haben das politische Handeln erörtert vom Standpunkt
der Freiheit des Menschen, seine Zustände nach seinem Plan einzurichten, und haben
die Grenzen gezeigt. Jetzt wollen wir sehen, wie der Mensch nicht plant und nicht än-
dert, sondern folgt, gehorcht und empfängt, das heisst sich auf Autorität gründet.
a. Auftreten der Autorität an der Grenze des Planens
Auch die umfassendste Planung setzt etwas voraus, was sich allem Machen entzieht.
Das ist der Ablauf des Ganzen, der aus dem Umgreifenden geschieht. Das Ganze ist
noch nicht das Zusammen aller Teile, welche geplant werden konnten. Der Ablauf des
Ganzen wird vergeblich in geschichtsphilosophischen Konstruktionen zu umfassen
versucht. Diese Konstruktionen werden als Symbole zu Glaubensinhalten; erst in der
Mannigfaltigkeit solcher Symbole, die ohne Ausnahme als Wissensinhalt scheitern,
wird der Durchbruch zur Gottheit möglich. Die geschichtsphilosophischen Konstruk-
tionen sind eine theoretische Objektivität von dem, worin alles Planen und Machen
geschieht, das selber aber dem Planen und Machen sich entzieht.
Jedoch das allem Planen und Machen Vorauszusetzende ist an deren Grenzen nicht
nur objektivierbar da[,] sondern im Subjekt gegenwärtig als Daseinsinstinkt, als Idee,
als Existenz. Grenze ist nicht nur im Gegenüber des Widerstandst,] sondern in dem,
woraus gewollt und geplant wird.
Wenn der Mensch sich auf seinen Verstand und seine Kraft verlassen hat, erfährt
er die Grenze von aussen als unüberwindlichen Widerstand der Dinge, von innen als
Grundsätze des Philosophierens
gen. Aus der Idee will ich im Ganzen verändern, im Bilde der Autorität will ich im
Ganzen mich fügen. In der Idee empöre ich mich, der Autorität beuge ich mich.
Jene Idee und dieses Bild stossen beide an Grenzen, scheitern und zeigen, dass sie
als solche dem Ganzen des Umgreifenden nicht genügen. Aber jene Idee und dieses
Bild stehen nicht nebeneinander, sondern je an der Grenze des einen tritt das andere
als Ergänzung auf. Wenn sie beide scheitern, so jeweils hinüber aus dem einen in das
andere als die immer wieder auftauchende Rettung.
Aber Idee und Bild werden nicht zur Einheit als ein Ganzes, sodass sie im Ausgleich
sich vollenden könnten. Vielmehr sind Freiheit und Autorität eines Stachel des ande-
ren. Sie treiben sich hinauf, wenn sie sich nicht zerstören, aber hinauf nicht in einen
Ruhezustand, der immer nur vorübergehender Schein oder Wunschtraum war und
bleiben wird, sondern ins Unabsehbare innerhalb der ungeschlossenen Welt. Weder
Freiheit noch Autorität umfassen alles. Aus beiden kommt ein ursprünglicher Antrieb
des Geschehens. Ohne einander erlahmen sie beide. Freiheit lebt nicht ohne Autori-
tät, Autorität nicht ohne Freiheit.
Wir vergewissern uns also dieser Polarität: Das, was ich plane, will ich hervorbrin-
gen; die Autorität ergreife ich, indem ich mich ihr hingebe. Darum gründet sich das
Wollen der Zukunft in zwei Ursprüngen, dem freien Planen des Verstandes und der
Führung durch Autorität. Wir haben das politische Handeln erörtert vom Standpunkt
der Freiheit des Menschen, seine Zustände nach seinem Plan einzurichten, und haben
die Grenzen gezeigt. Jetzt wollen wir sehen, wie der Mensch nicht plant und nicht än-
dert, sondern folgt, gehorcht und empfängt, das heisst sich auf Autorität gründet.
a. Auftreten der Autorität an der Grenze des Planens
Auch die umfassendste Planung setzt etwas voraus, was sich allem Machen entzieht.
Das ist der Ablauf des Ganzen, der aus dem Umgreifenden geschieht. Das Ganze ist
noch nicht das Zusammen aller Teile, welche geplant werden konnten. Der Ablauf des
Ganzen wird vergeblich in geschichtsphilosophischen Konstruktionen zu umfassen
versucht. Diese Konstruktionen werden als Symbole zu Glaubensinhalten; erst in der
Mannigfaltigkeit solcher Symbole, die ohne Ausnahme als Wissensinhalt scheitern,
wird der Durchbruch zur Gottheit möglich. Die geschichtsphilosophischen Konstruk-
tionen sind eine theoretische Objektivität von dem, worin alles Planen und Machen
geschieht, das selber aber dem Planen und Machen sich entzieht.
Jedoch das allem Planen und Machen Vorauszusetzende ist an deren Grenzen nicht
nur objektivierbar da[,] sondern im Subjekt gegenwärtig als Daseinsinstinkt, als Idee,
als Existenz. Grenze ist nicht nur im Gegenüber des Widerstandst,] sondern in dem,
woraus gewollt und geplant wird.
Wenn der Mensch sich auf seinen Verstand und seine Kraft verlassen hat, erfährt
er die Grenze von aussen als unüberwindlichen Widerstand der Dinge, von innen als