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Grundsätze des Philosophierens
aber der Respekt vor dema durch Bezug auf Transcendenz in der Ewigkeit verwurzelten
Menschenb, vor dem Menschen als solchen.
3) c Der Bezug auf das Eine wird nicht gewonnen. Der dämonologisch denkenden
Lebenshaltung fehlt das Eine. Vielmehr geschieht in Zerstreutheit eine Vielfachheit
des Anschauens, zerfällt der Mensch in seine Möglichkeiten, deren er heute diese, mor-
gen jene ergreift - das Leben wird Vergesslichkeit. Das Leben mit Dämonen wird ein
fliessendes, im Unbestimmten zergehendes. Dieser Unglaube ist nicht zu fassen, was
er eigentlich meint, da er immer anders interpretiert. Er istd ausgeliefert an den Strom
der Antriebe und Leidenschaften, die ihne zerreissen. Alles kann gerechtfertigt wer-
den. Trotz aller Kraft eines Augenblicks fehlt die Energie der Kontinuität. Trotz aller je-
weiligen Intensität einseitigen Behauptens fehlt die Concentration des Wesens.
Der Aufschwung zur Transcendenzf ist überall in Überwindung der Dämonologie
erfolgt. Sokrates hat sich den Dämonen entzogen, um seinem Daimonion und in die-
sem der Forderung der Gottheit zu folgen.308 Die Propheten überwanden den Baals-
dienst, um Gott zu dienen.
4) 8 Dämonologie ist versenkt in die Natur. Natur ist11 die letzte übergreifende Not-
wendigkeit. Alle' Tiere sind dämonisch. Und der Mensch fühlt sich dämonisch, soweit
er Tier ist. Herrschaft dämonologischer Anschauung führt zum Verlust des menschli-
chen Selbstbewusstseins an die Natur. Bei einigem Wohlergehen gibt es eine verblasste
dämonologische Anschauung als Naturvertrauen. Aber Natur vertrauen ist nicht Gott-
vertrauen. Stösst das Naturvertrauen an Grenzen, so findet das dann etwa noch blei-
bende Vertrauen in der Natur gerade keinen Grund. Naturvertrauen, absolut gesetzt,
wird Götzendienst, wie er auf der ganzen Welt in Naturkulten vollzogen wurde.
5) ' Moderne Dämonologie ist durchweg eine aesthetische Haltung. Dafür ist cha-
rakteristisch die Unverbindlichkeit des dämonologisch Gedachten. Es ist Anschauen
des vermeintlich Realen statt Vollzug eigener Wirklichkeit im Medium der Bilder. Es
ist ein Ausweichen in aesthetische Anschauung mit einem dunklen Willen zum Un-
bestimmten. Dadurch wird Leidenschaft als Affekt des Augenblicks ermöglicht, der
Leidenschaft als lebentragendem [,] unbeirrbar durchhaltendem Entschluss ausgewi-
chen. Man kann zur Entscheidung auffordern zwischen gut und böse, diese Entschei-
a dem im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu der
b Menschen im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Seele
c 3) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt cc. in der Abschrift Gertrud Jaspers
d Er ist im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu Wir sind in ihm
e ihn im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu uns
f nach Transcendenz im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Einf. des Einen
g 4) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt dd. in der Abschrift Gertrud /aspers
h ist im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu gilt als
i Alle im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu Die
j 5) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt ee. in der Abschrift Gertrud /aspers
Grundsätze des Philosophierens
aber der Respekt vor dema durch Bezug auf Transcendenz in der Ewigkeit verwurzelten
Menschenb, vor dem Menschen als solchen.
3) c Der Bezug auf das Eine wird nicht gewonnen. Der dämonologisch denkenden
Lebenshaltung fehlt das Eine. Vielmehr geschieht in Zerstreutheit eine Vielfachheit
des Anschauens, zerfällt der Mensch in seine Möglichkeiten, deren er heute diese, mor-
gen jene ergreift - das Leben wird Vergesslichkeit. Das Leben mit Dämonen wird ein
fliessendes, im Unbestimmten zergehendes. Dieser Unglaube ist nicht zu fassen, was
er eigentlich meint, da er immer anders interpretiert. Er istd ausgeliefert an den Strom
der Antriebe und Leidenschaften, die ihne zerreissen. Alles kann gerechtfertigt wer-
den. Trotz aller Kraft eines Augenblicks fehlt die Energie der Kontinuität. Trotz aller je-
weiligen Intensität einseitigen Behauptens fehlt die Concentration des Wesens.
Der Aufschwung zur Transcendenzf ist überall in Überwindung der Dämonologie
erfolgt. Sokrates hat sich den Dämonen entzogen, um seinem Daimonion und in die-
sem der Forderung der Gottheit zu folgen.308 Die Propheten überwanden den Baals-
dienst, um Gott zu dienen.
4) 8 Dämonologie ist versenkt in die Natur. Natur ist11 die letzte übergreifende Not-
wendigkeit. Alle' Tiere sind dämonisch. Und der Mensch fühlt sich dämonisch, soweit
er Tier ist. Herrschaft dämonologischer Anschauung führt zum Verlust des menschli-
chen Selbstbewusstseins an die Natur. Bei einigem Wohlergehen gibt es eine verblasste
dämonologische Anschauung als Naturvertrauen. Aber Natur vertrauen ist nicht Gott-
vertrauen. Stösst das Naturvertrauen an Grenzen, so findet das dann etwa noch blei-
bende Vertrauen in der Natur gerade keinen Grund. Naturvertrauen, absolut gesetzt,
wird Götzendienst, wie er auf der ganzen Welt in Naturkulten vollzogen wurde.
5) ' Moderne Dämonologie ist durchweg eine aesthetische Haltung. Dafür ist cha-
rakteristisch die Unverbindlichkeit des dämonologisch Gedachten. Es ist Anschauen
des vermeintlich Realen statt Vollzug eigener Wirklichkeit im Medium der Bilder. Es
ist ein Ausweichen in aesthetische Anschauung mit einem dunklen Willen zum Un-
bestimmten. Dadurch wird Leidenschaft als Affekt des Augenblicks ermöglicht, der
Leidenschaft als lebentragendem [,] unbeirrbar durchhaltendem Entschluss ausgewi-
chen. Man kann zur Entscheidung auffordern zwischen gut und böse, diese Entschei-
a dem im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu der
b Menschen im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Seele
c 3) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt cc. in der Abschrift Gertrud Jaspers
d Er ist im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu Wir sind in ihm
e ihn im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu uns
f nach Transcendenz im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Einf. des Einen
g 4) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt dd. in der Abschrift Gertrud /aspers
h ist im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu gilt als
i Alle im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu Die
j 5) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt ee. in der Abschrift Gertrud /aspers