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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0484
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Grundsätze des Philosophierens

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sehen Menschen ista Liebe. Liebe ist ineinsb zu Gott und Liebe zum Nächsten. Ihr ent-
spricht eine Seelenhaltung: Jesus preist »die Sanftmütigen«,368 »die Barmherzigen«,369
»die Frieden stiften«.370 Er wehrt ab: »Richtet nicht... Was siehst du den Splitter in dei-
nes Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?«371 Jesus fordert
die tätige Liebe: »Alles nun, was ihr wollt, das[s] euch die Leute tun sollen, das tut ih-
nen auch«372 (anders klingt derc negative Satz: was du nicht willst, dass man dir tu, das
füg auch keinem anderen zu). Jesus ermutigt das Vertrauen zum Menschen: »Bittet, so
wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.«373
Drittens die Forderung eines radikalen ausserweltlichen Verhaltens: Wir richten
uns in der Welt ein, indem wir uns in ihr behaupten. Aber jede Welteinrichtung bringt
Übel mit sich, jede Selbstbehauptung den Kampf. Jesus fordert den Verzicht auf welt-
liche Ordnung:
»Ihr habt gehört, dass es den Alten gesagt ist: Du sollst keinen falschen Eid tun. Ich
aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt.«374
»Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch,
dass ihr nicht widerstreben sollt der Bosheit; sondern, wenn dir jemand einen Streich
gibt auf deinen rechten Backen, dem biete auch den anderen0 dar.«375
»Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind
hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl de-
nen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen.«376
»Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet. Sehet die Vögel un-
ter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheu-
nen; und euer himmlischer Vater nähret sie doch ... Schaute die Lilien auf dem Felde,
wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch
Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist, wie eine von ihnen ...
Darum sollt ihr nicht sorgen. Trachtet am ehesten nach Gottes Reich, so wird euch sol-
ches alles zufallen ... Darum sorget nicht für den anderen Morgen. Es ist genug, dass
ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe.«377 Vordenken soll der Mensch auch nicht
für sein Verhalten und Reden in etwa bevorstehender drohender Not: »sorget nicht,
wie oder was ihr reden sollt, denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden.«378
Also: Nicht schwören, nicht kämpfen, auch keinen Widerstand leisten gegen An-
griffe, Unrecht und Bosheit, den Feind lieben, nicht sparen und nicht vorsorgen.
Dazu kommen asketische Forderungen gewaltsamer Art: »Will dich aber dein rech-
tes Auge verführen, so reiss es aus und wirf es von dir. Es ist besser, dass eins deiner Glie-
a nach ist im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. durch
b nach ineins im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. Liebe
c nach der im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. nicht christliche
d den anderen nach der Abschrift Schott statt die andere in den Abschriften Gertrud Jaspers und A. F.
e Schaut nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/4 6 statt Schau in den Abschriften Gertrud Jaspers, A. F. und Schott
 
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