Einleitung des Herausgebers
XXVII
nen Rede >Vom europäischen Geist< dem Kreis unsrer Autoren zuführen zu können.«49
Nach dieser Publikation, die trotz vorherrschender Papierknappheit in einer Auflage
von 20 ooo Exemplaren im März 1947 erfolgen konnte,50 kommt es, gleichfalls noch
im Jahr 1947, zum Druck des ersten Bandes der Philosophischen Logik: Von der Wahr-
heit.51 Für Jaspers' früheren Verleger, Ferdinand Springer, war es ein schwerer Schlag,
von einer so bedeutenden Schrift durch Jaspers persönlich erst zu erfahren, als sich
diese bereits bei Piper im Druck befand, wenngleich sein Sohn Georg Springer, der
sich in den letzten Kriegsjahren in Heidelberg mit dem Ehepaar Jaspers angefreundet
hatte, ihm dies bereits einige Wochen zuvor mitgeteilt hatte.52 Jaspers erklärt sein Vor-
gehen folgendermaßen: »Es [...] lässt sich der Natur der Dinge nach die Beschränkung
auf einen Verlag für mich als Autor kaum durchführen. Es ist gegenwärtig eine geistige
Lebensfrage für mich in der Welt, dass alles irgend Wichtige von mir so bald als mög-
lich käuflich ist. Indem ich von Ihnen den Verlag meines Hauptwerkes - der Philoso-
phie - erwarte, kann ich Ihnen nicht gleichzeitig andere Werke zumuten, weil damit
unvermeidlich längere Verzögerungen in Kauf genommen werden müssten. [...] Aus
demselben Grunde habe ich ein [...] grösseres Werk über philosophische Logik Ihnen
garnicht angeboten, weil die Philosophie noch garnicht im Satz ist. [...] Ich lebe in der
Sorge und Unruhe, wohl nicht allein meines Alters wegen, schnellstens unter Dach
zu bringen, was möglich ist.«53 Gleichwohl änderte das nichts daran, dass Springer die
verspätete Mitteilung als Kränkung empfand. Es werde für Außenstehende so ausse-
hen, »als sei der Autor mit dem alten Verleger nicht mehr ganz zufrieden. Dies trifft
mich in dem Augenblick besonders, in dem ich im Begriff stehe, nach Heidelberg zu
übersiedeln, ein Entschluss, zu dem mich die Beziehungen zu Ihnen mit in erster Linie
veranlasst haben.«54
49 R. Piper: Mein Leben als Verleger. Vormittag, Nachmittag, mit einem Geleitwort von K. Piper, Mün-
chen 1964, 695.
50 Vgl. K. Jaspers: Vom europäischen Geist. Vortrag gehalten bei den Rencontres internationales de Geneve,
September 1946, München 1947.
51 Vgl. K. Jaspers: Von der Wahrheit, München 1947.
52 G. Springer an F. Springer, 14. Juni 1946, VA Springer, C 475a: »Prof. Jaspers gibt ein neues Buch
heraus, die »Wahrheit«, und zwar soll es im Piper-Verlag erscheinen, weil er das Papierkontingent
des Springer-Verlags nicht nur mit seinen Arbeiten beschlagnahmen will, wie mir vor einigen
Tagen eröffnet.« - Klaus Piper hingegen stellt es in seiner Autobiographie so dar, dass Jaspers sich
zuvor an Springer gewandt und für zumindest einen Teil der Auflage holzfreies Papier verlangt
habe, woraufhin ihm entgegnet worden sei, es stehe nur ganz wenig holzfreies Papier zur Verfü-
gung und dies sei für anatomische Werke reserviert. Vgl. K. Piper: Lesen heißt doppelt leben, 124. Da
keine Korrespondenz über diese Angelegenheit erhalten ist, kann diese nur bei einem Besuch Fer-
dinand Springers Anfang Oktober 1945 in Heidelberg (vgl. F. Springer an K. Jaspers, 20. Septem-
ber 1945, DLA, A: Jaspers) besprochen worden sein.
53 K.Jaspers an F. Springer, 24. Juli 1946, KJG III/8.1, 373.
54 F. Springer an K. Jaspers, 2. August 1946, ebd., 374.
XXVII
nen Rede >Vom europäischen Geist< dem Kreis unsrer Autoren zuführen zu können.«49
Nach dieser Publikation, die trotz vorherrschender Papierknappheit in einer Auflage
von 20 ooo Exemplaren im März 1947 erfolgen konnte,50 kommt es, gleichfalls noch
im Jahr 1947, zum Druck des ersten Bandes der Philosophischen Logik: Von der Wahr-
heit.51 Für Jaspers' früheren Verleger, Ferdinand Springer, war es ein schwerer Schlag,
von einer so bedeutenden Schrift durch Jaspers persönlich erst zu erfahren, als sich
diese bereits bei Piper im Druck befand, wenngleich sein Sohn Georg Springer, der
sich in den letzten Kriegsjahren in Heidelberg mit dem Ehepaar Jaspers angefreundet
hatte, ihm dies bereits einige Wochen zuvor mitgeteilt hatte.52 Jaspers erklärt sein Vor-
gehen folgendermaßen: »Es [...] lässt sich der Natur der Dinge nach die Beschränkung
auf einen Verlag für mich als Autor kaum durchführen. Es ist gegenwärtig eine geistige
Lebensfrage für mich in der Welt, dass alles irgend Wichtige von mir so bald als mög-
lich käuflich ist. Indem ich von Ihnen den Verlag meines Hauptwerkes - der Philoso-
phie - erwarte, kann ich Ihnen nicht gleichzeitig andere Werke zumuten, weil damit
unvermeidlich längere Verzögerungen in Kauf genommen werden müssten. [...] Aus
demselben Grunde habe ich ein [...] grösseres Werk über philosophische Logik Ihnen
garnicht angeboten, weil die Philosophie noch garnicht im Satz ist. [...] Ich lebe in der
Sorge und Unruhe, wohl nicht allein meines Alters wegen, schnellstens unter Dach
zu bringen, was möglich ist.«53 Gleichwohl änderte das nichts daran, dass Springer die
verspätete Mitteilung als Kränkung empfand. Es werde für Außenstehende so ausse-
hen, »als sei der Autor mit dem alten Verleger nicht mehr ganz zufrieden. Dies trifft
mich in dem Augenblick besonders, in dem ich im Begriff stehe, nach Heidelberg zu
übersiedeln, ein Entschluss, zu dem mich die Beziehungen zu Ihnen mit in erster Linie
veranlasst haben.«54
49 R. Piper: Mein Leben als Verleger. Vormittag, Nachmittag, mit einem Geleitwort von K. Piper, Mün-
chen 1964, 695.
50 Vgl. K. Jaspers: Vom europäischen Geist. Vortrag gehalten bei den Rencontres internationales de Geneve,
September 1946, München 1947.
51 Vgl. K. Jaspers: Von der Wahrheit, München 1947.
52 G. Springer an F. Springer, 14. Juni 1946, VA Springer, C 475a: »Prof. Jaspers gibt ein neues Buch
heraus, die »Wahrheit«, und zwar soll es im Piper-Verlag erscheinen, weil er das Papierkontingent
des Springer-Verlags nicht nur mit seinen Arbeiten beschlagnahmen will, wie mir vor einigen
Tagen eröffnet.« - Klaus Piper hingegen stellt es in seiner Autobiographie so dar, dass Jaspers sich
zuvor an Springer gewandt und für zumindest einen Teil der Auflage holzfreies Papier verlangt
habe, woraufhin ihm entgegnet worden sei, es stehe nur ganz wenig holzfreies Papier zur Verfü-
gung und dies sei für anatomische Werke reserviert. Vgl. K. Piper: Lesen heißt doppelt leben, 124. Da
keine Korrespondenz über diese Angelegenheit erhalten ist, kann diese nur bei einem Besuch Fer-
dinand Springers Anfang Oktober 1945 in Heidelberg (vgl. F. Springer an K. Jaspers, 20. Septem-
ber 1945, DLA, A: Jaspers) besprochen worden sein.
53 K.Jaspers an F. Springer, 24. Juli 1946, KJG III/8.1, 373.
54 F. Springer an K. Jaspers, 2. August 1946, ebd., 374.