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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1949)

53 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
den 20. Jan. 1949
Sehr verehrter Herr Professor!
Ich war letzte Woche verreist und sandte Ihnen nach meiner Rückkehr am 15. eine
telegraphische Bestätigung über den Empfang des Manuskripts zu Ihrem neuen Werk
»Ursprung und Ziel der Geschichte«.
Das Manuskript habe ich, gleichzeitig mit meinem Vater, mit stärkstem Interesse
gelesen. Ich selbst habe die zweite Hälfte noch vor mir. Ich bin überzeugt, dass die-
ses Werk eine sehr lebhafte Teilnahme und Diskussion finden wird, zumal es nicht,
was der Titel vermuten lassen könnte, in erster Linie theoretische Geschichtsphiloso-
phie gibt, sondern phänomenologisch die konkreten grossen Strukturen und Tenden-
zen der Weltgeschichte untersucht. Besonders Ihre Behandlung der aktuellen Fragen,
wie der Technik, der Massen oder des Sozialismus, wird von vielen Lesern als wichtig
und klärend empfunden werden. Die ungemein übersichtliche Gliederung des Stoffes
erleichtert in sehr angenehmer Weise die Lektüre für den geistig interessierten Leser,
der heute von der Tagesarbeit meistens ziemlich erschöpft ist.
Ihre Darlegungen über die Achsenzeit und ebenso Ihre Beweisführung, dass die
Situation der Gegenwart trotz ihrer radikalen Krisenhaftigkeit für die ganze Welt
nicht Ausdruck einer neuena Achsenzeit ist, haben mich sehr beeindruckt. Wenn Sie
mir eine persönliche Bemerkung erlauben, so möchte ich nur sagen, dass ich selbst
die biblische Religion nicht in einem solchen einheitlichen Wesenszusammenhang
sehe.253 Es war für mich stets so, dass mit Jesus Christus eine völlig neue geistige Kraft
in die Welt getreten ist, zwar vorbereitet durch die Propheten, aber ihnen im inner-
sten Wesen doch unvergleichbar. Das christliche Pneuma, das, die antike Welt ver-
wandelnd, das entscheidende Wirkungselement des Abendlandes wurde, war nach
meinem Empfinden von dem Unerhörten und durchaus Neuen der Person und Lehre
Christi nicht zu trennen.
Anbei erlaube ich mir, Ihnen die Seiten 179, 180 und 181 des Manuskripts noch ein-
mal zuzusenden. Sie behandeln dort die Konzentrationslager und den Terror als schon

a nicht Ausdruck einer neuen hs. Vdg. für keine neue
 
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