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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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LX

Einleitung des Herausgebers

Bundestag (März 1965) und des darauf bezogenen Spiegel-Interviews, drängt es Jaspers
wieder, zur politischen Situation Stellung zu nehmen. So kann Gertrud nur beklagen:
»Ich bin nicht sehr froh, dass er sich so in die deutsche Politik begeben hat.«262 Jaspers
publiziert das Bundesrepublikbuch, von dem er prophezeit: »es soll mein letztes poli-
tisches Buch sein.«263 Doch herausgefordert durch seine Kritiker, schreibt er noch ein
zweites Deutschlandbuch, die Antwortschrift. Kurz vor deren Fertigstellung erfolgt
die erneute Ankündigung: »Dann will ich kein Wort mehr über Politik schreiben.«264
Endgültig ist der Abschied von der Politik erst im März 1968, als Jaspers Thilo Koch
mitteilt: »Ich will mich zur deutschen Politik nicht mehr äussern und glaube, da ich
nun Basler Bürger bin, ein Recht dazu zu haben.«265 Piper hat diese Schwerpunktverla-
gerungen stets aufmerksam mitverfolgt, jeden Impuls seines Autors ernstgenommen
und respektiert, aber ebenso Gertruds leitmotivisches Mahnen zur Rückkehr zur Phi-
losophie. Dies war nicht nur seinem langjährigen persönlichen Interesse an Jaspers'
Schriften geschuldet, sondern darin bestand offensichtlich sein verlegerisches Kalkül.
3. Hans Rössner und der lange Schatten der NS-Diktatur
Jaspers suchte nach Kriegsende keinen auf ein bestimmtes Fachpublikum begrenzten
Wissenschaftsverlag, auch keinen Verlegerverlag, sondern einen »Publikumsverlag«266,
wie ihn Klaus Piper aus dem vom Vater ererbten, ursprünglichen Verlegerverlag
gemacht hatte. Außerdem suchte er einen Verlag, der über hinreichend Papier zur
Herstellung größerer Bücher und über einen entsprechend gut ausgestatteten Werbe-
apparat zu deren bestmöglicher Vermarktung verfügen musste. Und schließlich hatte
der gesuchte Verlag hinsichtlich nationalsozialistischer Tendenzen völlig unbeschol-
ten und unbelastet zu sein. Auf Piper traf das bis 1958 alles zu.
In diesem Jahr, 1958, stellte Piper jedoch Hans Rössner (1910-1997) als Verlagslei-
ter ein, und damit war das dritte Kriterium nicht mehr erfüllt.267 Seit April 1936 wis-
senschaftlicher Assistent des Bonner Germanisten Karl Justus Obenauer, seinem Dok-
torvater und damaligen Dekan der Philosophischen Fakultät, war Rössner beteiligt
an der Aberkennung der Ehrendoktorwürde Thomas Manns.268 Er promovierte 1937

262 G. Jaspers an H. Arendt, 9. Juli 1965, DLA, A: Arendt.

263 K. Jaspers an E. Dugend, 22. Dezember 1965, DLA, A: Jaspers.

264 K. Jaspers an E. Dugend, 3. Dezember 1966, ebd.

265 K. Jaspers an T. Koch, 27. März 1968, Durchschlag, ebd.

266 E. Ziegler: 100 Jahre Piper, 163.

267 Zu Rössners Biographie und Wirken nach der Pensionierung vgl. auch Korrespondentenver-
zeichnis, S. 834-836.

268 Zu Obenauer in diesem Kontext vgl. L. Jäger: Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die
Diskretion der Germanistik, München 1998, 295-296; P. E. Hübinger: Thomas Mann, die Universität
 
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