Metadaten

Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0151
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
50

Karl Jaspers - Piper Verlag (1947)

natürlich tatsächlich sehr schwierige Probleme, die, glaube ich, zum Teil aus unse-
rer geringen Distanz zur Katastrophe des Hitler-Reiches überhaupt noch nicht richtig
gesehen werden können. Dazu gehört vor allem das Verhältnis zur jüngeren Vergan-
genheit unseres Volkes. Es ist ja nicht zu leugnen, dass sich Stimmen erhoben haben,
die den Deutschen glaubhaft machen wollen, dass unsere Vergangenheit, wenigstens
der letzten etwa 200 Jahre, in toto falsch und verdammenswert war. Hiergegen wehrt
sich natürlich nicht nur ein natürlicher Instinkt, sondern die Erkenntnis, dass ebenso
wenig, wie der Einzelne als Person keine Zukunft haben kann, wenn er ohne Erinne-
rung ist, so auch ein Volk ohne ein positives Verhältnis zu seiner Vergangenheit nicht
leben kann. Es fehlt nur leider zu häufig an der sich hieran anschliessenden Erkennt-
nis, dass dies positive Verhältnis zur eigenen Geschichte nichts fertig Gegebenes ist,
sondern dass es erst durch eine liebende Kritik, d.h. Unterscheidung des Verhängnis-
vollen und des Guten, geschaffen werden kann. Wenn nur nicht der gegenwärtige
weltpolitische Anschauungsunterricht in dem am Boden liegenden deutschen Volk
einen Schüler hätte, der, im Hinblick auf den Zwiespalt zwischen Ost und West, so
sehr dazu neigt, Entwicklungen, die noch im Gange sind, nicht als solche zu sehen,
sondern verfrüht Entscheidungen des »Schicksals« anzunehmen, die noch garnicht
gefallen sind!15°
Ich schrieb Ihnen, verehrter Herr Professor, schon früher, als wir über die »Deut-
sche Selbstbesinnung« korrespondierten,151 dass ich glaube, dieses Buch von Ihnen
neben einer Normal-Ausgabe in einer hohen Auflage als Rotations-Ausgabe heraus-
bringen zu können.152 Die hiesige Verlagsstelle der Militärregierung ermöglicht seit
einiger Zeit in Zusammenarbeit mit dem Druckhaus der amerikanischen Armee die
Herstellung solcher Rotationsauflagen, in deren Reihe nicht nur erzählende, sondern
auch philosophisch-kritische Werke von allgemeinem Interesse herauskommen sol-
len. So wird jetzt innerhalb dieser Sonderausgaben, deren Preis sehr billig angesetzt ist
(bisher zwischen RM 1.-- und RM 2.--), der »Aufstand der Massen« von Ortega y Gas-
set vorbereitet.153 Ich glaube, sicher sagen zu können, dass die Militärregierung einem
Vorschlag von uns, Ihre »Deutsche Selbstbesinnung« in dieser Reihe aufzunehmen,
zustimmen wird, falls sich die gegenwärtigen Verhältnisse nicht bis nächstes Frühjahr
grundlegend ändern sollten.
Vor einigen Tagen war Professor Preetorius bei uns im Verlag.154 Ich sprach ausführ-
lich mit ihm über Einband und Umschlag Ihres grossen Werkes.155 Professor Preetorius
war geradezu gerührt über die bescheidene Art, in der Sie ihm Ihren Wunsch bezüg-
lich des Einband-Rückens ausgedrückt haben.156 Herr Professor Preetorius, der Ihnen,
wenn er nicht vor einer eiligen Reise gestanden wäre, noch selbst geantwortet hätte,
zeichnete den beiliegenden neuen Entwurf für den Rückentitel. Ich glaube, dass diese
Zeichnung Ihren Intentionen entspricht. Bitte bedenken Sie dabei, dass die Zeich-
nung in der Ausführung auf dem fertigen Buch eine Verkleinerung erfährt, nämlich
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften