Karl Jaspers - Piper Verlag (1947)
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Errechenbarkeit allein folgen. Wenn ich an die Möglichkeit denke, dass ich nach Basel
gehe, so bleibe ich faktisch und geistig in Deutschland, bin als Deutscher in einem
windstillen Raum, in dem ich in Ruhe meine Werke vollenden kann und mich aus
dieser etwas wunderlichen gegenwärtigen Kino-Berühmtheit in die Abgeschieden-
heit zurückziehen darf. Während die Schweizer Kollegen in der Schweiz publizieren,
möchte ich natürlich in jedem Fall weiter in Deutschland drucken. Nun ist die Frage,
ob Sie vom Standpunkt des Verlegers eine Beeinträchtigung meiner literarischen Wir-
kung bei einem Fortgang nach Basel erwarten würden, ferner, ob Sie Wege sehen, auf
denen es zu erwarten ist, dass ich mit Sicherheit in nicht zu ferner Zeit meine gesamte
literarische Produktion in Schweizer Buchhandlungen zum Verkauf finden kann. Ich
selber habe im Augenblick das Gefühl, dass ich als Deutscher vor dem europäischen
Forum in Basel nicht nur ruhiger, sondern auch intensiver wirken kann. All das leere
Getriebe, das einen auffrisst, ohne dass etwas dabei herauskommt, würde aufhören.
Der Begriff Deutschland schliesst es für mich ein, dass die politischen Grenzen der
Länder nicht die Grenzen sind für die Wirksamkeit und für die Wiederherstellung
deutschen Selbstbewusstseins. Im Gegenteil. Mein Buch Ȇber deutsche Selbstbesin-
nung« würde in keinem Satz sich ändern, ob ich es von hier aus oder von Basel aus
publiziere. Das Wunder, gegen alle Gesetze und alle Gewohnheiten einen Mann in
meinem Alter und Gesundheitszustand zu berufen mit gleichzeitiger Sicherung der
vielleicht als Witwe ihn überlebenden Gattin ist so ausserordentlich, zumal irgendein
Nutzen, wie bei der massenhaften Heranziehung von Naturforschern aus Deutsch-
land nach Amerika, nicht vorliegt, dass ich darin so etwas wie einen Finger des Schick-
sals spüre. Es können nur reine Absichten sein, aus altem europäischen Geist und
humanistischer Überlieferung, die etwas so Unnützliches und Kostspieliges wie meine
Berufung unternehmen. Ich schreibe, weil mich Ihr Urteil interessieren würde. Doch
ist es Ihnen unbequem, oder zu zeitraubend oder fühlen Sie sich unentschieden, so
habe ich in jedem Fall volles Verständnis, wenn Sie auf meine Frage nicht eingehen.
Ich darf Sie bitten, meine Äusserungen als völlig vertraulich zu betrachten. Ich bin
noch unentschieden.
Mit den besten Wünschen für Weihnachten und mit meinen besten Grüssen für
Sie und Ihren Vater
Ihr sehr ergebener
Karl Jaspers
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Errechenbarkeit allein folgen. Wenn ich an die Möglichkeit denke, dass ich nach Basel
gehe, so bleibe ich faktisch und geistig in Deutschland, bin als Deutscher in einem
windstillen Raum, in dem ich in Ruhe meine Werke vollenden kann und mich aus
dieser etwas wunderlichen gegenwärtigen Kino-Berühmtheit in die Abgeschieden-
heit zurückziehen darf. Während die Schweizer Kollegen in der Schweiz publizieren,
möchte ich natürlich in jedem Fall weiter in Deutschland drucken. Nun ist die Frage,
ob Sie vom Standpunkt des Verlegers eine Beeinträchtigung meiner literarischen Wir-
kung bei einem Fortgang nach Basel erwarten würden, ferner, ob Sie Wege sehen, auf
denen es zu erwarten ist, dass ich mit Sicherheit in nicht zu ferner Zeit meine gesamte
literarische Produktion in Schweizer Buchhandlungen zum Verkauf finden kann. Ich
selber habe im Augenblick das Gefühl, dass ich als Deutscher vor dem europäischen
Forum in Basel nicht nur ruhiger, sondern auch intensiver wirken kann. All das leere
Getriebe, das einen auffrisst, ohne dass etwas dabei herauskommt, würde aufhören.
Der Begriff Deutschland schliesst es für mich ein, dass die politischen Grenzen der
Länder nicht die Grenzen sind für die Wirksamkeit und für die Wiederherstellung
deutschen Selbstbewusstseins. Im Gegenteil. Mein Buch Ȇber deutsche Selbstbesin-
nung« würde in keinem Satz sich ändern, ob ich es von hier aus oder von Basel aus
publiziere. Das Wunder, gegen alle Gesetze und alle Gewohnheiten einen Mann in
meinem Alter und Gesundheitszustand zu berufen mit gleichzeitiger Sicherung der
vielleicht als Witwe ihn überlebenden Gattin ist so ausserordentlich, zumal irgendein
Nutzen, wie bei der massenhaften Heranziehung von Naturforschern aus Deutsch-
land nach Amerika, nicht vorliegt, dass ich darin so etwas wie einen Finger des Schick-
sals spüre. Es können nur reine Absichten sein, aus altem europäischen Geist und
humanistischer Überlieferung, die etwas so Unnützliches und Kostspieliges wie meine
Berufung unternehmen. Ich schreibe, weil mich Ihr Urteil interessieren würde. Doch
ist es Ihnen unbequem, oder zu zeitraubend oder fühlen Sie sich unentschieden, so
habe ich in jedem Fall volles Verständnis, wenn Sie auf meine Frage nicht eingehen.
Ich darf Sie bitten, meine Äusserungen als völlig vertraulich zu betrachten. Ich bin
noch unentschieden.
Mit den besten Wünschen für Weihnachten und mit meinen besten Grüssen für
Sie und Ihren Vater
Ihr sehr ergebener
Karl Jaspers