Karl Jaspers - Piper Verlag (1950) 119
65 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper, hs. PS
Heidelberg, den 23. VII. 1950
Sehr verehrter Herr Piper!
Eben habe ich drei Gastvorlesungen mit anschliessendem Colloquium in Heidelberg
gehalten. Für mich ein grosser Eindruck: die grosse Lebendigkeit der Jugend, die ent-
spannten, aufgeschlossenen Gesichter, manche schönen, versprechenden Menschen.
Man gerät in eine frohe Stimmung - trotz allem Unheil, trotzdem dass diese jungen
Menschen und wir alle nicht wissen, wohin es geht. Ich sehe tapfere junge Leute.
Nun ist, wie gewöhnlich nach solchem Unternehmen die Frage, ob ich die drei
Vorlesungen gesondert publicieren soll. Manche Studenten legten es mir, unabhän-
gig voneinander, nahe. Die Aula war so überfüllt, es war kein Stehplatz in den Gängen
mehr zu finden, - und, wie man mir sagte, kehrten am ersten Tage hunderte wieder
um. Aber das ist kein Beweis, ob junge Leute in der Lage wären, solch ein kleines Buch
zu kaufen. Es müsste billig sein.
Ausserdem möchte ich die Vorlesungen noch redigieren. Hätte einige Arbeit
damit. Vorher möchte ich daher Ihre Meinung kennen. Wenn, dann müsste die Sache
selbst bald herauskommen. Ich würde das Manuscript, denke ich, am 20. August fertig
haben können. Am Semesterbeginn, im Herbst, sollte es im Handel sein. Wie denken
Sie über alles?333 Als Titel dachte ich mir (etwas anders, als ich hier anzeigte)334
Vernunft und Widervernunft
im gegenwärtigen Philosophieren
Drei Gastvorlesungen an der Universität Heidelberg 1950335
Am kommenden Freitag fahren wir wahrscheinlich nach Basel zurück. Hier in Heidel-
berg ist meine Adresse:
bei Dr. Waltz, Gaisbergstr. 2
Mit den besten Empfehlungen und Grüssen
Ihr ergebener
Karl Jaspers
Entschuldigen Sie den technisch missratenen Brief. Meine Frau, die ihn mir in unru-
higer Umgebung auf fremder Maschine schrieb, bittet Sie ausdrücklich um Entschul-
digung. Ich wollte wegen Zeitverlust nicht bis Basel warten.
65 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper, hs. PS
Heidelberg, den 23. VII. 1950
Sehr verehrter Herr Piper!
Eben habe ich drei Gastvorlesungen mit anschliessendem Colloquium in Heidelberg
gehalten. Für mich ein grosser Eindruck: die grosse Lebendigkeit der Jugend, die ent-
spannten, aufgeschlossenen Gesichter, manche schönen, versprechenden Menschen.
Man gerät in eine frohe Stimmung - trotz allem Unheil, trotzdem dass diese jungen
Menschen und wir alle nicht wissen, wohin es geht. Ich sehe tapfere junge Leute.
Nun ist, wie gewöhnlich nach solchem Unternehmen die Frage, ob ich die drei
Vorlesungen gesondert publicieren soll. Manche Studenten legten es mir, unabhän-
gig voneinander, nahe. Die Aula war so überfüllt, es war kein Stehplatz in den Gängen
mehr zu finden, - und, wie man mir sagte, kehrten am ersten Tage hunderte wieder
um. Aber das ist kein Beweis, ob junge Leute in der Lage wären, solch ein kleines Buch
zu kaufen. Es müsste billig sein.
Ausserdem möchte ich die Vorlesungen noch redigieren. Hätte einige Arbeit
damit. Vorher möchte ich daher Ihre Meinung kennen. Wenn, dann müsste die Sache
selbst bald herauskommen. Ich würde das Manuscript, denke ich, am 20. August fertig
haben können. Am Semesterbeginn, im Herbst, sollte es im Handel sein. Wie denken
Sie über alles?333 Als Titel dachte ich mir (etwas anders, als ich hier anzeigte)334
Vernunft und Widervernunft
im gegenwärtigen Philosophieren
Drei Gastvorlesungen an der Universität Heidelberg 1950335
Am kommenden Freitag fahren wir wahrscheinlich nach Basel zurück. Hier in Heidel-
berg ist meine Adresse:
bei Dr. Waltz, Gaisbergstr. 2
Mit den besten Empfehlungen und Grüssen
Ihr ergebener
Karl Jaspers
Entschuldigen Sie den technisch missratenen Brief. Meine Frau, die ihn mir in unru-
higer Umgebung auf fremder Maschine schrieb, bittet Sie ausdrücklich um Entschul-
digung. Ich wollte wegen Zeitverlust nicht bis Basel warten.