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Karl Jaspers - Piper Verlag (1953)
ich sehr, vielleicht ein wenig wegen der Beziehung auf mich. Es wird eine Welt der
Heidelberger Psychiatrischen Klinik um 1910 skizziert, die ein Unikum war. Persön-
lich war mir die Charakteristik und Wertschätzung meiner »Psychopathologie« durch
Gruhle, meinen alten Freund, eine besondere Befriedigung. Portmanns Aufsatz ist
vortrefflich.501 Alfred Weber las ich gern, über Rousseau hervorragend, das übrige bei
ihm wohl schon bekannt. Mit Bewunderung sehe ich, dass dieser Aufsatz Teil eines
bald erscheinenden Buches ist.5°2 Es ist fabelhaft, wie der 85-Jährige frisch und auf-
geschlossen schreibt. Ludwig Curtius war mir aus der Erinnerung langer Jahrzehnte
nicht neu, aber wiederum faszinierend durch die Persönlichkeit, die ich sehr liebe.503
Ihre Mitteilung über den Absatz ist ermutigend. Hoffentlich geht es noch weiter. Ihre
Fragestellung für die Besprechungen könnte Rezensenten ermuntern. Es ist wirklich
eine verbreitete Meinung, dass diese Festschrift so etwas wie einen neuen Stil hat. Das
ist Ihre Leistung. Camus, Huxley und Ortega sind die einzigen, die für mich etwas
zufällig wirken.504 Sie haben mir die Ehre der Teilnahme erwiesen, aber nicht aus einer
Beziehung zu mir heraus geschrieben. Das letztere gilt in irgendeinem Sinne wohl von
allen andern Aufsätzen.
Gern lese ich, dass Ihr Vater meine Ansprache durch Sie gehört hat. Es geht daraus
hervor, dass er trotz der schweren Erkrankung als Persönlichkeit noch da ist. Möch-
ten die Bewegungsübungen weiter Erfolg haben. Sehr viel wird nicht zu erwarten sein,
aber jeder Erfolg ist für den Patienten eine Ermutigung. Für den Kranken bildet sich
eine neue Welt. In ihr würdig da zu sein mit den immer bleibenden natürlichen Freu-
den, ist eine, wie mir scheint, gar nicht zu verachtende Aufgabe.
Die Pressenotiz über Hamburg ist eine wohl unbeabsichtigte Irreführung. Ich habe
die Ehrenmitgliedschaft für die Kongressleitung angenommen, aber sofort mit der
Erklärung, dass ich persönlich nicht kommen kann. Das wäre eine Kraft- und Zeitver-
geudung, die ich mir nicht leisten darf.
Die Abrechnung von Herrn Stadler befriedigt mich.505 Die alten Schriften können
unmöglich dauernd in gleicher Höhe verkauft werden. So etwas gibt es bei Lehrbü-
chern.
Schönen Dank auch für das Schaufenster.506
Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus - bitte empfehlen Sie mich auch bei
Gelegenheit Ihrem verehrten Vater -
Ihr sehr ergebener
Karl Jaspers
Karl Jaspers - Piper Verlag (1953)
ich sehr, vielleicht ein wenig wegen der Beziehung auf mich. Es wird eine Welt der
Heidelberger Psychiatrischen Klinik um 1910 skizziert, die ein Unikum war. Persön-
lich war mir die Charakteristik und Wertschätzung meiner »Psychopathologie« durch
Gruhle, meinen alten Freund, eine besondere Befriedigung. Portmanns Aufsatz ist
vortrefflich.501 Alfred Weber las ich gern, über Rousseau hervorragend, das übrige bei
ihm wohl schon bekannt. Mit Bewunderung sehe ich, dass dieser Aufsatz Teil eines
bald erscheinenden Buches ist.5°2 Es ist fabelhaft, wie der 85-Jährige frisch und auf-
geschlossen schreibt. Ludwig Curtius war mir aus der Erinnerung langer Jahrzehnte
nicht neu, aber wiederum faszinierend durch die Persönlichkeit, die ich sehr liebe.503
Ihre Mitteilung über den Absatz ist ermutigend. Hoffentlich geht es noch weiter. Ihre
Fragestellung für die Besprechungen könnte Rezensenten ermuntern. Es ist wirklich
eine verbreitete Meinung, dass diese Festschrift so etwas wie einen neuen Stil hat. Das
ist Ihre Leistung. Camus, Huxley und Ortega sind die einzigen, die für mich etwas
zufällig wirken.504 Sie haben mir die Ehre der Teilnahme erwiesen, aber nicht aus einer
Beziehung zu mir heraus geschrieben. Das letztere gilt in irgendeinem Sinne wohl von
allen andern Aufsätzen.
Gern lese ich, dass Ihr Vater meine Ansprache durch Sie gehört hat. Es geht daraus
hervor, dass er trotz der schweren Erkrankung als Persönlichkeit noch da ist. Möch-
ten die Bewegungsübungen weiter Erfolg haben. Sehr viel wird nicht zu erwarten sein,
aber jeder Erfolg ist für den Patienten eine Ermutigung. Für den Kranken bildet sich
eine neue Welt. In ihr würdig da zu sein mit den immer bleibenden natürlichen Freu-
den, ist eine, wie mir scheint, gar nicht zu verachtende Aufgabe.
Die Pressenotiz über Hamburg ist eine wohl unbeabsichtigte Irreführung. Ich habe
die Ehrenmitgliedschaft für die Kongressleitung angenommen, aber sofort mit der
Erklärung, dass ich persönlich nicht kommen kann. Das wäre eine Kraft- und Zeitver-
geudung, die ich mir nicht leisten darf.
Die Abrechnung von Herrn Stadler befriedigt mich.505 Die alten Schriften können
unmöglich dauernd in gleicher Höhe verkauft werden. So etwas gibt es bei Lehrbü-
chern.
Schönen Dank auch für das Schaufenster.506
Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus - bitte empfehlen Sie mich auch bei
Gelegenheit Ihrem verehrten Vater -
Ihr sehr ergebener
Karl Jaspers