Karl Jaspers - Piper Verlag (1954)
203
so belebendes Element ist, dies nicht nur beobachtet zu haben, sondern auch einmal
auszusprechen, darf ich mir wohl gestatten.
Besonders freute uns, wie Sie beim Essen in der lebendigsten Weise die Geschichte
Ihrer Heidelberger Berufung vor uns vorüberziehen ließen. Besonders die Episode mit
Ihrem damaligen Arzt Dr. Fraenkel als Verbündetem und Kiel als diplomatischem
Instrument hat uns viel Vergnügen gemacht.603
Ich hoffe, daß Sie von der äußeren Gestalt der »Entmythologisierung« befriedigt
sind. Wir haben schon Nachbestellungen auf das Buch bekommen. Die gewünschten
weiteren Freiexemplare gehen noch diese Woche an Sie ab.
Mit Interesse erwarte ich in einiger Zeit Ihren Bescheid, ob Springer mit dem
Abdruck des Kapitels über die Psychotherapie aus der »Psychopathologie« als Band
der Piper-Bücherei einverstanden ist.
Die Kongreßtage in Zürich waren anregend.6°4 Die produktivsten Resultate bei sol-
chen Veranstaltungen bringen ja meist - und so war es auch diesmal - die Begegnun-
gen mit Einzelnen, die dann zu engeren Verbindungen führen können. Ich bin so mit
verschiedenen Verlegern aus Frankreich, England, Skandinavien, Italien und Spanien
(die namhaften Schweizer Kollegen kannte ich zumeist schon) in Kontakt gekommen.
Nach einem kurzen Abstecher zum Genfer See besuchten wir auf der Rückreise
Golo Mann, der zur Zeit in einem Gasthof in Altnau (bei Kreuzlingen) mit einer
Geschichte des 19. Jahrhunderts als Auftragsarbeit beschäftigt ist (als Ergänzung zu
dem deutschen Geschichtswerk von Ricarda Huch, das im Atlantis-Verlag und bei
einer Buchgemeinschaft erscheinen soll).6°5 Ich sprach mit Golo Mann wegen sei-
nes Plans eines Buches über die geschichtlichen Utopien. Dieser Plan beschäftigt ihn
nach wie vor. Er will aber das polemische Element - ursprünglich war an den Titel
»Falsche Propheten« gedacht - ganz herausnehmen und vor allem die Grundfragen
des geschichtlichen Denkens behandeln. Es würde sein bisher persönlichstes, ihm
selbst wichtigstes Buch werden und er versprach, mir das Manuskript, wenn er soweit
sein würde, vorzulegen. Ich verspreche mir viel von diesem Buch und freue mich dar-
auf.
Mit gleicher Post sende ich Ihnen das eben erschienene Buch von Raymond Cartier
»48 MAL AMERIKA - Panorama einer Welt«.6°6 Es ist kein geistig-analytisches Buch.
Mir gefiel es, und ich halte es für nützlich für die deutschen Leser aber gerade deshalb,
weil es dies wichtige Land einerseits ziemlich umfassend, andererseits bewußt von
außen gesehen, zeigt.
Mit herzlichen Grüßen und guten Wünschen von meiner Frau und mir Ihrer ver-
ehrten Gattin und Ihnen
Ihr stets ergebener
Klaus Piper
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so belebendes Element ist, dies nicht nur beobachtet zu haben, sondern auch einmal
auszusprechen, darf ich mir wohl gestatten.
Besonders freute uns, wie Sie beim Essen in der lebendigsten Weise die Geschichte
Ihrer Heidelberger Berufung vor uns vorüberziehen ließen. Besonders die Episode mit
Ihrem damaligen Arzt Dr. Fraenkel als Verbündetem und Kiel als diplomatischem
Instrument hat uns viel Vergnügen gemacht.603
Ich hoffe, daß Sie von der äußeren Gestalt der »Entmythologisierung« befriedigt
sind. Wir haben schon Nachbestellungen auf das Buch bekommen. Die gewünschten
weiteren Freiexemplare gehen noch diese Woche an Sie ab.
Mit Interesse erwarte ich in einiger Zeit Ihren Bescheid, ob Springer mit dem
Abdruck des Kapitels über die Psychotherapie aus der »Psychopathologie« als Band
der Piper-Bücherei einverstanden ist.
Die Kongreßtage in Zürich waren anregend.6°4 Die produktivsten Resultate bei sol-
chen Veranstaltungen bringen ja meist - und so war es auch diesmal - die Begegnun-
gen mit Einzelnen, die dann zu engeren Verbindungen führen können. Ich bin so mit
verschiedenen Verlegern aus Frankreich, England, Skandinavien, Italien und Spanien
(die namhaften Schweizer Kollegen kannte ich zumeist schon) in Kontakt gekommen.
Nach einem kurzen Abstecher zum Genfer See besuchten wir auf der Rückreise
Golo Mann, der zur Zeit in einem Gasthof in Altnau (bei Kreuzlingen) mit einer
Geschichte des 19. Jahrhunderts als Auftragsarbeit beschäftigt ist (als Ergänzung zu
dem deutschen Geschichtswerk von Ricarda Huch, das im Atlantis-Verlag und bei
einer Buchgemeinschaft erscheinen soll).6°5 Ich sprach mit Golo Mann wegen sei-
nes Plans eines Buches über die geschichtlichen Utopien. Dieser Plan beschäftigt ihn
nach wie vor. Er will aber das polemische Element - ursprünglich war an den Titel
»Falsche Propheten« gedacht - ganz herausnehmen und vor allem die Grundfragen
des geschichtlichen Denkens behandeln. Es würde sein bisher persönlichstes, ihm
selbst wichtigstes Buch werden und er versprach, mir das Manuskript, wenn er soweit
sein würde, vorzulegen. Ich verspreche mir viel von diesem Buch und freue mich dar-
auf.
Mit gleicher Post sende ich Ihnen das eben erschienene Buch von Raymond Cartier
»48 MAL AMERIKA - Panorama einer Welt«.6°6 Es ist kein geistig-analytisches Buch.
Mir gefiel es, und ich halte es für nützlich für die deutschen Leser aber gerade deshalb,
weil es dies wichtige Land einerseits ziemlich umfassend, andererseits bewußt von
außen gesehen, zeigt.
Mit herzlichen Grüßen und guten Wünschen von meiner Frau und mir Ihrer ver-
ehrten Gattin und Ihnen
Ihr stets ergebener
Klaus Piper