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Karl Jaspers - Piper Verlag (1955)
kung dort von Belang ist, kann ich nicht abschätzen, aber Herr Merz wäre zu einer
Besprechung bereit.714 Wenn Sie das Exemplar dransetzen wollen, lassen Sie es bitte
schicken an die Redaktion des Winterthurer Landboten mit der Bitte, die Rezension
Herrn Ernst Merz in St. Abbondio zu übertragen.x)
Hannah Arendt denke ich im November zu sehen. Ihr Vorschlag leuchtet mir
durchaus ein. Ich will ihn dann an Hannah Arendt weitergeben. Jetzt ist sie auf einer
Reise in Griechenland und Israel. Sie hat grade eben einen Vortrag gehalten auf
dem grossen Kongress der Gesellschaft für die Freiheit der Kultur in Mailand.715 Viel-
leicht liesse sich ihr Vortrag für den Plan des Buches bei Ihnen verwenden.716 Der
Vortrag handelt über Entstehung und Entwicklung der totalitären und autoritären
Staatsformen im 20. Jahrhundert. Der englische Vortrag wird vermutlich schon jetzt
gedruckt.717 Alles Nähere werde ich im November hören. Ob für das grosse Werk ein
Druckkostenzuschuss zur Verfügung stand, weiss ich nicht. Auch darüber werde ich
im November gewiss Bescheid bekommen. Das ist eine in der Tat bedeutsame Frage für
die Möglichkeit des Zurwirkungbringens grösserer geistiger Werke.
Sie gehen freundlich ein auf meine eigenen Pläne. Dazu möchte ich heute nur
eines sagen. Die beiden Werke »Grosse Philosophen« und »Weltgeschichte der Philo-
sophie« möchte ich nicht als zwei Teile eines Werkes, sondern als zwei selbständige
Werke behandeln. Im Vorwort zu den »Grossen Philosophen« werde ich vielleicht auf
die sechs Gesichtspunkte kurz eingehen, unter denen man meines Erachtens Philoso-
phiegeschichte betreiben kann.718 Dass die fünf andern Gesichtspunkte gemeinsam in
einer »Weltgeschichte der Philosophie« behandelt werden sollen, will ich aber nicht
aussprechen. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass mehrbändige Werke von vornherein
einen völlig andern Aspekt haben. In diesem Falle aber ist die Trennung, die ich voll-
ziehe, so wie sie sich jetzt auswirkt, nicht künstlich. Das Buch über die grossen Philo-
sophen ist ein Ganzes.
Ihr freundlicher Vorschlag, einfach weiterzuarbeiten in meinen Darstellungen
und Band nach Band zu publizieren, ist eine gewaltige Verführung. Es wäre das Natür-
lichste und Nächstliegende. Aber es ist in der Tat eine Verführung, denn, da ich keine
Enzyklopädie anstrebe und jede enzyklopädische philosophiehistorische Arbeit an
Stoffreichtum die meine immer nocha weit überragen würde, ist der Sinn bei meinen
beiden Werken grade nicht in der enzyklopädischen Vollständigkeit und der Breite
gegeben, sondern in der Verwirklichung der Grundgesichtspunkte beim Umgang mit
der Philosophiegeschichte in der Weise, dass der Leser zugleich interessiert und einge-
übt wird, aber nicht eine grenzenlose Menge von Kenntnissen angehäuft findet. Viel-
mehr ist das Inhaltliche, Lernbare durchweg Beispiel und wäre fast beliebig zu erwei-
tern. Wohl ist es eine grosse Arbeit, zu den Darstellungen zu kommen. Manchmal
a immer noch hs. Einf.
Karl Jaspers - Piper Verlag (1955)
kung dort von Belang ist, kann ich nicht abschätzen, aber Herr Merz wäre zu einer
Besprechung bereit.714 Wenn Sie das Exemplar dransetzen wollen, lassen Sie es bitte
schicken an die Redaktion des Winterthurer Landboten mit der Bitte, die Rezension
Herrn Ernst Merz in St. Abbondio zu übertragen.x)
Hannah Arendt denke ich im November zu sehen. Ihr Vorschlag leuchtet mir
durchaus ein. Ich will ihn dann an Hannah Arendt weitergeben. Jetzt ist sie auf einer
Reise in Griechenland und Israel. Sie hat grade eben einen Vortrag gehalten auf
dem grossen Kongress der Gesellschaft für die Freiheit der Kultur in Mailand.715 Viel-
leicht liesse sich ihr Vortrag für den Plan des Buches bei Ihnen verwenden.716 Der
Vortrag handelt über Entstehung und Entwicklung der totalitären und autoritären
Staatsformen im 20. Jahrhundert. Der englische Vortrag wird vermutlich schon jetzt
gedruckt.717 Alles Nähere werde ich im November hören. Ob für das grosse Werk ein
Druckkostenzuschuss zur Verfügung stand, weiss ich nicht. Auch darüber werde ich
im November gewiss Bescheid bekommen. Das ist eine in der Tat bedeutsame Frage für
die Möglichkeit des Zurwirkungbringens grösserer geistiger Werke.
Sie gehen freundlich ein auf meine eigenen Pläne. Dazu möchte ich heute nur
eines sagen. Die beiden Werke »Grosse Philosophen« und »Weltgeschichte der Philo-
sophie« möchte ich nicht als zwei Teile eines Werkes, sondern als zwei selbständige
Werke behandeln. Im Vorwort zu den »Grossen Philosophen« werde ich vielleicht auf
die sechs Gesichtspunkte kurz eingehen, unter denen man meines Erachtens Philoso-
phiegeschichte betreiben kann.718 Dass die fünf andern Gesichtspunkte gemeinsam in
einer »Weltgeschichte der Philosophie« behandelt werden sollen, will ich aber nicht
aussprechen. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass mehrbändige Werke von vornherein
einen völlig andern Aspekt haben. In diesem Falle aber ist die Trennung, die ich voll-
ziehe, so wie sie sich jetzt auswirkt, nicht künstlich. Das Buch über die grossen Philo-
sophen ist ein Ganzes.
Ihr freundlicher Vorschlag, einfach weiterzuarbeiten in meinen Darstellungen
und Band nach Band zu publizieren, ist eine gewaltige Verführung. Es wäre das Natür-
lichste und Nächstliegende. Aber es ist in der Tat eine Verführung, denn, da ich keine
Enzyklopädie anstrebe und jede enzyklopädische philosophiehistorische Arbeit an
Stoffreichtum die meine immer nocha weit überragen würde, ist der Sinn bei meinen
beiden Werken grade nicht in der enzyklopädischen Vollständigkeit und der Breite
gegeben, sondern in der Verwirklichung der Grundgesichtspunkte beim Umgang mit
der Philosophiegeschichte in der Weise, dass der Leser zugleich interessiert und einge-
übt wird, aber nicht eine grenzenlose Menge von Kenntnissen angehäuft findet. Viel-
mehr ist das Inhaltliche, Lernbare durchweg Beispiel und wäre fast beliebig zu erwei-
tern. Wohl ist es eine grosse Arbeit, zu den Darstellungen zu kommen. Manchmal
a immer noch hs. Einf.