Karl Jaspers - Piper Verlag (1959)
341
licher Prägungen, grosser Anschauungen, von einer hochgemuten Ergriffenheit. Aber
nur dies zu sagen und auszuführen, empfinde ich als unredlich, und meine Kritik aus-
zusprechen, wäre gegenüber dem gerade Verstorbenen mir wider die Natur und ist
mir wahrscheinlich auch in Zukunft unerwünscht: was unter den Lebenden nicht ge-
lang, kann nach dem Tode des Einen nicht einseitig getan werden. Ich liebe den Mann
viel zu sehr in seinem geistig hochbeschwingten Leben und seiner asketischen Grund-
haltung. Würde ich aber jetzt durch ein Vorwort (wie Sie mit Recht sagen, eigent-
lich doch ungemäss, da heute noch Alfred Webers Name klingt) das Buch meiner-
seits herausheben, so muss das - bei der ausserordentlichen Seltenheit solcher Akte
von mir - öffentlich als eine Solidaritätserklärung wirken, zu der ich nicht bereit sein
darf.
Ich bedaure sehr, dass ich Ihren Wunsch nicht erfüllen kann.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr
Karl Jaspers
Was ist das für eine wunderliche Sache mit Heuss' Brief wegen des Friedenspreises?1064
Wird das Gremium, das den Preis verleiht, etwas Reales mitteilen und bezeugen kön-
nen, was seine »Unabhängigkeit«, die nun öffentlich bezweifelt wird, wieder völlig
glaubhaft macht? Oder wird es schweigen?
204 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
24. Februar 1959
Lieber, sehr verehrter Herr Professor!
Ich hoffe sehr, daß Sie und die liebe gnädige Frau einen schönen Doppel-Geburtstag,
bei gutem Befinden, begehen werden.
Herzlich danke ich Ihnen für Ihren Brief vom 30.Januar. Wir halten Sie gerne über
den weiteren Absatz des Buchs über die Atombombe auf dem laufenden, damit Sie
für die übernächste Auflage des Buchs wunschgemäß einen zeitlichen Spielraum von
etwa vier Monaten für das Nachwort-Manuskript zur Verfügung haben. - Im Januar
wurden laut Auskunft der Auslieferung rund 950 Exemplare verkauft, was ich sehr
erfreulich finde. Ich nehme an, daß der jetzt verfügbare Bestand der letzten Auflage
doch noch bis Ende April reichen wird.
Denken Sie daran, unabhängig vom Nachwort, schon in der nächsten Zeit mit dem
Manuskript für die geplante Broschüre zur Frage, ob und wie man mit dem Kommu-
nismus reden kann, zu beginnen? Für die sich abzeichnende - wenn auch in ihrem
341
licher Prägungen, grosser Anschauungen, von einer hochgemuten Ergriffenheit. Aber
nur dies zu sagen und auszuführen, empfinde ich als unredlich, und meine Kritik aus-
zusprechen, wäre gegenüber dem gerade Verstorbenen mir wider die Natur und ist
mir wahrscheinlich auch in Zukunft unerwünscht: was unter den Lebenden nicht ge-
lang, kann nach dem Tode des Einen nicht einseitig getan werden. Ich liebe den Mann
viel zu sehr in seinem geistig hochbeschwingten Leben und seiner asketischen Grund-
haltung. Würde ich aber jetzt durch ein Vorwort (wie Sie mit Recht sagen, eigent-
lich doch ungemäss, da heute noch Alfred Webers Name klingt) das Buch meiner-
seits herausheben, so muss das - bei der ausserordentlichen Seltenheit solcher Akte
von mir - öffentlich als eine Solidaritätserklärung wirken, zu der ich nicht bereit sein
darf.
Ich bedaure sehr, dass ich Ihren Wunsch nicht erfüllen kann.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr
Karl Jaspers
Was ist das für eine wunderliche Sache mit Heuss' Brief wegen des Friedenspreises?1064
Wird das Gremium, das den Preis verleiht, etwas Reales mitteilen und bezeugen kön-
nen, was seine »Unabhängigkeit«, die nun öffentlich bezweifelt wird, wieder völlig
glaubhaft macht? Oder wird es schweigen?
204 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
24. Februar 1959
Lieber, sehr verehrter Herr Professor!
Ich hoffe sehr, daß Sie und die liebe gnädige Frau einen schönen Doppel-Geburtstag,
bei gutem Befinden, begehen werden.
Herzlich danke ich Ihnen für Ihren Brief vom 30.Januar. Wir halten Sie gerne über
den weiteren Absatz des Buchs über die Atombombe auf dem laufenden, damit Sie
für die übernächste Auflage des Buchs wunschgemäß einen zeitlichen Spielraum von
etwa vier Monaten für das Nachwort-Manuskript zur Verfügung haben. - Im Januar
wurden laut Auskunft der Auslieferung rund 950 Exemplare verkauft, was ich sehr
erfreulich finde. Ich nehme an, daß der jetzt verfügbare Bestand der letzten Auflage
doch noch bis Ende April reichen wird.
Denken Sie daran, unabhängig vom Nachwort, schon in der nächsten Zeit mit dem
Manuskript für die geplante Broschüre zur Frage, ob und wie man mit dem Kommu-
nismus reden kann, zu beginnen? Für die sich abzeichnende - wenn auch in ihrem