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Karl Jaspers - Piper Verlag (1959)
Ich verstehe, dass Sie das Nachwort zur »Atombombe« verschieben müssen, da
Sie die Arbeit im Semester ganz auf die »Grossen Philosophen« konzentrieren wollen.
Der Fortgang des zweiten Bandes bei Ihnen freut mich sehr. Wenn alles nach Ihrem
Wunsch läuft, dann darf wohl mit einem Erscheinen im nächsten Jahr gerechnet wer-
den. Dies wird dann wiederum ein wahrhaftes geistiges Ereignis sein. Den ersten Band
habe ich in der kleinen Präsenzbibliothek in meinem Schlafzimmer ständig zur Hand,
und immer wieder lese ich einen Abschnitt - auch aus mir schon bekannten Partien -
und schöpfe inneren Gewinn und Stärkung aus der Lektüre. - Die zweite Auflage von
Band I geht nun in Kürze bei der Druckerei in die Maschine.
Ich freue mich, dass Sie den Gedanken einer wohlfeilen Volks- oder Studienaus-
gabe der »Atombombe« mit entschiedener Zustimmung aufgegriffen haben. Wenn
eine Ausgabe für unter 10.-- Mark bei uns herauskommt, dann wäre dies schon ein
gewaltiger Preissprung nach unten, jeder ernsthafte Interessent könnte doch und
würde zugreifen. Immerhin kosten zwei Plätze in einem mittleren Kino schon rund
6.-- Mark. Bereits in Bälde der Fischer-Bücherei eine Lizenz etwa für einen Doppel-
Band zu geben, wäre nicht zweckmässig, da dann einmal wegen des krassen Preis-
unterschieds doch das Vertrauen des Publikums bei über 20 000 Lesern, die erst vor
kurzem das Fünffache bezahlten, in die verlegerischen Praktiken erschüttert wer-
den würde. Zum anderen wäre auch zu fürchten, dass bei einem schnellen Erschei-
nen einer Taschenbuchausgabe eine Art geistiger Substanzentwertung erfolgte. Dem
gegenüber hatte ein Buch, wie zum Beispiel »Ursprung und Ziel der Geschichte«,
vor der Taschenbuchausgabe mehrere Jahre Zeit zur buchhändlerischen und gei-
stigen Entfaltung. Von einer wohlfeilen Sonderausgabe des Originalverlags wird
sicher zunächst die grössere Durchschlagskraft ausgehen. Eine dann später folgende
Taschenbuchausgabe bleibt aber, als sozusagen dritte Stufe der Verbreitung, immer
noch als Chance bestehen. Und die Aktualität des Grundthemas Ihres Buches kann
sich gewiss nicht bald erschöpfen.
Wir stellen jetzt sorgfältige Überlegungen wegen der billigen Ausgabe nach allen
Seiten an. Herr Dr. Rössner, eben auf einer Geschäftsreise in Norddeutschland, befragt
einige der besonders urteilsfähigen führenden Sortimenter in Hamburg und Hanno-
ver. Wenn ich Sie das nächste Mal in Basel besuchen darf, kann ich gewiss schon einen
konkreten Vorschlag machen. Übrigens trifft natürlich zu, dass billige Taschenbuch-
ausgaben in der Tat heute einen gegenüber früheren Verhältnissen ausserordentli-
chen Radius erreichen. Interessant ist, dass zum Beispiel der Verlag Suhrkamp einige
Texte von Bert Brecht selbst als billige Taschenbuchausgaben brachte, die auch von
den Buchhändlern viel vorgelegt werden. Eben besorgte ich mir Brechts »Galilei«, um
den Text nach der hiesigen eindrucksvollen Theatervorführung zu lesen.1083
Ich lasse Ihnen in diesen Tagen einige Veröffentlichungen zugehen, die Sie viel-
leicht interessieren: das letzte Heft der »Neuen Rundschau«, mit einem in »unserem
Karl Jaspers - Piper Verlag (1959)
Ich verstehe, dass Sie das Nachwort zur »Atombombe« verschieben müssen, da
Sie die Arbeit im Semester ganz auf die »Grossen Philosophen« konzentrieren wollen.
Der Fortgang des zweiten Bandes bei Ihnen freut mich sehr. Wenn alles nach Ihrem
Wunsch läuft, dann darf wohl mit einem Erscheinen im nächsten Jahr gerechnet wer-
den. Dies wird dann wiederum ein wahrhaftes geistiges Ereignis sein. Den ersten Band
habe ich in der kleinen Präsenzbibliothek in meinem Schlafzimmer ständig zur Hand,
und immer wieder lese ich einen Abschnitt - auch aus mir schon bekannten Partien -
und schöpfe inneren Gewinn und Stärkung aus der Lektüre. - Die zweite Auflage von
Band I geht nun in Kürze bei der Druckerei in die Maschine.
Ich freue mich, dass Sie den Gedanken einer wohlfeilen Volks- oder Studienaus-
gabe der »Atombombe« mit entschiedener Zustimmung aufgegriffen haben. Wenn
eine Ausgabe für unter 10.-- Mark bei uns herauskommt, dann wäre dies schon ein
gewaltiger Preissprung nach unten, jeder ernsthafte Interessent könnte doch und
würde zugreifen. Immerhin kosten zwei Plätze in einem mittleren Kino schon rund
6.-- Mark. Bereits in Bälde der Fischer-Bücherei eine Lizenz etwa für einen Doppel-
Band zu geben, wäre nicht zweckmässig, da dann einmal wegen des krassen Preis-
unterschieds doch das Vertrauen des Publikums bei über 20 000 Lesern, die erst vor
kurzem das Fünffache bezahlten, in die verlegerischen Praktiken erschüttert wer-
den würde. Zum anderen wäre auch zu fürchten, dass bei einem schnellen Erschei-
nen einer Taschenbuchausgabe eine Art geistiger Substanzentwertung erfolgte. Dem
gegenüber hatte ein Buch, wie zum Beispiel »Ursprung und Ziel der Geschichte«,
vor der Taschenbuchausgabe mehrere Jahre Zeit zur buchhändlerischen und gei-
stigen Entfaltung. Von einer wohlfeilen Sonderausgabe des Originalverlags wird
sicher zunächst die grössere Durchschlagskraft ausgehen. Eine dann später folgende
Taschenbuchausgabe bleibt aber, als sozusagen dritte Stufe der Verbreitung, immer
noch als Chance bestehen. Und die Aktualität des Grundthemas Ihres Buches kann
sich gewiss nicht bald erschöpfen.
Wir stellen jetzt sorgfältige Überlegungen wegen der billigen Ausgabe nach allen
Seiten an. Herr Dr. Rössner, eben auf einer Geschäftsreise in Norddeutschland, befragt
einige der besonders urteilsfähigen führenden Sortimenter in Hamburg und Hanno-
ver. Wenn ich Sie das nächste Mal in Basel besuchen darf, kann ich gewiss schon einen
konkreten Vorschlag machen. Übrigens trifft natürlich zu, dass billige Taschenbuch-
ausgaben in der Tat heute einen gegenüber früheren Verhältnissen ausserordentli-
chen Radius erreichen. Interessant ist, dass zum Beispiel der Verlag Suhrkamp einige
Texte von Bert Brecht selbst als billige Taschenbuchausgaben brachte, die auch von
den Buchhändlern viel vorgelegt werden. Eben besorgte ich mir Brechts »Galilei«, um
den Text nach der hiesigen eindrucksvollen Theatervorführung zu lesen.1083
Ich lasse Ihnen in diesen Tagen einige Veröffentlichungen zugehen, die Sie viel-
leicht interessieren: das letzte Heft der »Neuen Rundschau«, mit einem in »unserem