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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1960)

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läufig schicke ich Ihnen die erste Hälfte im Separatum der Festschrift für Heinrich
Barth."49 Über das Thema will ich im Sommer meine Vorlesung halten und dabei die
Sache vollenden. Mit den Arbeitsergebnissen dieses Winters bin ich insofern nicht
zufrieden, als ich durch zuviele kleinere Dinge mich habe ablenken lassen. Ein Auf-
satz über Epikur für eine Festschrift Beutler,"5° ein Aufsatz zur Frage »Wo stehen wir
heute« für ein Sammelbuch zahlreicher europäischer Autoren,"51 ein Aufsatz über das
Doppelgesicht der Universitätsreform für die deutsche Universitätszeitung, als deren
Mit-Herausgeber ich fungiere."52 Dazu kamen allerhand Studien und Arbeiten bei
den Berufungsverhandlungen für die Nachfolge Heinrich Barths. Meine Frau schilt
mich, dass ich über die Zeit mit meinen Instinkten immer schlecht informiert bin.
Fast immer dauert es länger, als ich meinte. Nur ein neues Vorwort für die amerikani-
sche Ausgabe meiner »Grossen Philosophen« habe ich ausnahmsweise an einem Tage
geschrieben."53 Es geht so nicht weiter. Ich muss mich auf die eigentlichen Werke kon-
zentrieren.
Dies und einige andere Motive haben mich veranlasst, wie ich Ihnen vorläu-
fig vertraulich mitteile, meine Pensionierung zu beantragen. Man bezeugt mir zwar
meine geistige Frische und sogar körperlich mein gutes Aussehen, aber es ist mir zum
Bewusstsein gekommen, dass alles seine Zeit haben muss. Mein Vater pflegte zu sagen,
es sei recht, sein Amt aufzugeben, wenn noch niemand meine, man sei zu alt. Es ist in
meinem Alter das Natürliche, auf amtliche Tätigkeit zu verzichten. Die Lehrtätigkeit
ist mir doch stets eine körperliche Schwierigkeit gewesen, die mir für meine eigentli-
che Arbeit viel Kraft wegnahm. Ich habe gerne Vorlesungen gehalten, aber im letzten
Sommer war es mir körperlich manchmal ein subjektiv grösserer körperlicher Wider-
stand, den ich zu überwinden hatte. Im Frühjahr hatte ich die lange Zeit der Stimm-
losigkeit infolge einer Grippe, die zwar nach Monaten wieder völlig verschwunden
ist, aber das unbehagliche Gefühl bei den Sommervorlesungen bewirkte die Frage,
ob ich jeweils auch werde ordentlich sprechen können. Nun hat man mir den Vor-
schlag gemacht, wenigstens formell im nächsten Winter im Amt zu bleiben und eine
Stunde in der Woche zu lesen."54 Das konnte ich natürlich nicht ablehnen; aber diese
ganz ungewöhnliche Vergünstigung muss von den behördlichen Instanzen noch der
Reihe nach bewilligt werden. Eigentlich ist ja nie ein rational zureichender Grund für
eine Pensionierung da, wenn es sich nicht um eine handgreifliche Katastrophe han-
delt. Aber die natürliche Entwicklung lässt etwas zur Reife kommen, was einem dann
überzeugend ist.
Jetzt bin ich übrigens schon wieder unterbrochen, weil ich meine Rede zum Uni-
versitätsjubiläum schreibe."55 Ich möchte sie gern vor Semesterbeginn fertig haben.
Nun habe ich nur von mir geschrieben und denke doch manchmal, dass Sie offen-
bar Ihre Herzbeschwerden durch eine vernünftigere Arbeitsdisposition und genü-
gende Ruhezeiten überwunden haben. Ich hoffe, dass ich mich darin nicht irre. Auch
 
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