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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1961)

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alter entsprechend, das ärmer und funktionaler und massenhafter geworden ist, neu
hinaufführten, nach Kräften und mit nicht geringem Erfolg. Schon längst sind Sie
nicht mehr nur der Sohn Ihres berühmten Vaters, sondern eigenständig, stehen unter
den gegenwärtig bedeutenden Verlegern, von allen anerkannt, von meinem Blick-
punkt aus der geistig Gewichtigste. Sie haben Mass gehalten, wenn Sie den Anforde-
rungen modernen Betriebs unvermeidlich genug tun mussten, ursprünglich weni-
ger Geschäftsmann als Liebhaber guter Bücher und besinnlich moderner Mensch.
Sie haben unter solchen Bedingungen die Ihnen eigene Physiognomie des Verlages
in Continuität mit dem alten grossen Piperverlag, ohne den Ihr Weg nicht möglich
gewesen wäre, aber doch durch eine langsame Umformung herausgebildet. In der
modernen Welt haben Sie ständig Umschau gehalten, überall durch eigene Anwe-
senheit Ihre Erfahrungen gemacht, Ihre Eindrücke besinnlich erwogen. Alles sollte
Ihrem grossen Ziele dienen, unter den modernen Bedingungen für eine noch immer
bereite Leserschaft mitzuschaffen an einer freien geistigen Welt, nicht gebunden
durch die Fachzwecke, denen andere Verlage sinnvoll und mit Recht Genüge leisten,
und nicht gebunden durch politische, kirchliche, parteiliche, konventionelle Ansprü-
che, bemüht, sich an die besten Motive im Leser zu wenden. Während der Raum für
den freien Geist enger zu werden scheint, wächst Ihr Verlag und trägt nicht wenig
dazu bei, dass dieser Raum erhalten wird.
Ich denke mir, dass Sie manchmal wie ich selber ein Gefühl haben könnten, mit
dem augenblicklichen Gelingen doch am Ende für eine verlorene Sache zu stehen. Ich
glaube, dass dieses Gefühl trügt. Nur Totalitarismus und Atomkrieg könnten das Ende
bringen. Wenn die politisch freie Welt bestehen bleibt, wird auch der Geist leben, und
es wird begehrt werden, was Sie durch Ihren Verlag zur Wirksamkeit bringen.
Wie viel ich selber Ihnen danke, das habe ich schon bei anderen Gelegenheiten
ausgesprochen. Aber eine Wiederholung an einem feierlichen Tage ist nicht ungehö-
rig. Es war herrlich für mich, in der dunkelsten Zeit durch Herrn v. Eckardt Ihren Brief
zu erhalten.1286 Die Hoffnung, dass es ein Überleben geben könne und dass Sie und ich
dann unter denen sein würden, die wieder Aufgaben haben, stärkte meine Lust an der
Arbeit, zu der andere meinten: wozu eigentlich? es ist ja doch vergeblich. In der Folge
haben wir dann mit einander gearbeitet. Was immer ich schreiben mag, ich kann dar-
auf rechnen, dass Sie es veröffentlichen. Und Sie haben durch Ihre Organisation und
durch Ihre persönlichen Kontakte eine Weise der Propaganda, die dem Autor hilft
und ihn nicht bekümmert. Ohne Propaganda und ohne Ihre »Strategie« sind Bücher
heute nicht leicht zu verbreiten, auch wenn ein Autor meiner Art, wo immer er ver-
öffentlicht, seinen kleinen, sicheren Absatz hat. Zu diesem ständigen Unternehmen
der Verbreitung kommt aber bei Ihnen, wie Sie wissen, etwas ganz Anderes. Ich danke
Ihnen Ihre Teilnahme an der Sache selber, natürlich weniger an den grossen Philoso-
phischen [sic!] Arbeiten, was nicht zu erwarten wäre, sondern an dem, was darüber
 
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