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Karljaspers - Piper Verlag (1964)
Dann denke ich meine Broschüre über Hannah Arendt zu schreiben. Ich mache
oft Notizen, meine als Titel: Die Unabhängigkeit des Denkens, als Untertitel: Han-
nah Arendt und ihre Kritiker. Natürlich weiss ich nicht, ob ich damit fertig werde.
Es scheint mir, dass Grundprobleme unseres geistigen literarischen humanistischen
Daseins hier offenbar geworden sind.
Nun denke ich auch: man soll wohl im Alter nicht zu viel wollen. Die Ausarbei-
tung meiner Manuskripte über die »Grossen Philosophen«, wie jetzt über Cusanus, ist
eine ruhige, dem Alter angemessene und schöne Arbeit. Wenn nur die Welt nicht des
Teufels wäre und man fast leibhaftig spürte, wie es bei einer Katastrophe - nahe oder
wahrscheinlicher ein wenig ferner, höchstens ein paar Jahrzehnte ferner - zugeht und
wie man sie bestehen soll, dass die Menschen dann den Mut nicht verlieren und sich
nicht der Barbarei oder dem Untergang in die Arme werfen.
Herzliche Grüsse
Ihr
Karl Jaspers
280 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
21. April 1964
Lieber Herr Professor!
Ich freute mich sehr über Ihren ausführlichen Brief vom 31. März und muß mich bei
Ihnen entschuldigen, weil ich mich so lange nicht selber brieflich bei Ihnen meldete.
Meine Frau schrieb Ihrer lieben Gattin und Ihnen, wie sehr sie sich über Ihre Glück-
wünsche freute. Es geht ihr gut, auch dem Töchterchen, das meist noch ganz dem ve-
getativen Dasein hingegeben, aber inzwischen schon in »Aufmerksamkeits-Haltung«
den Botschaften, vor allem zunächst den akustischen, aus der Umwelt geöffnet ist.
Ich freue mich, daß Sie meinen Aufsatz in der »Welt der Literatur« gelesen haben.
Übrigens ist mir die Rolle des Papiers beim Zustandekommen unserer Verbindung
durchaus in Erinnerung. Ihre begründete Sorge damals, daß das große Werk in guter
Form herauskomme, war mir begreiflich und schien mir sehr gerechtfertigt. Es ist
eigentümlich und charakteristisch für viele Entscheidungen im Leben, wie äußere
und innere Dinge - beide sind letzten Endes aufeinander bezogen - ineinander greifen.
Wir freuen uns alle im Verlag jetzt auf das Erscheinen des CUSANUS. Im Namen
der beteiligten Herren möchte ich Ihnen sehr danken für die Anerkennung der Mit-
wirkung bei den Korrekturen und bei der Herstellung. Wir bringen einen Sonderpro-
spekt für den CUSANUS und werden das Buch auch in verschiedenen Kulturzeitschrif-
ten eigens anzeigen, um die empfänglichen Leser aufmerksam zu machen.
Karljaspers - Piper Verlag (1964)
Dann denke ich meine Broschüre über Hannah Arendt zu schreiben. Ich mache
oft Notizen, meine als Titel: Die Unabhängigkeit des Denkens, als Untertitel: Han-
nah Arendt und ihre Kritiker. Natürlich weiss ich nicht, ob ich damit fertig werde.
Es scheint mir, dass Grundprobleme unseres geistigen literarischen humanistischen
Daseins hier offenbar geworden sind.
Nun denke ich auch: man soll wohl im Alter nicht zu viel wollen. Die Ausarbei-
tung meiner Manuskripte über die »Grossen Philosophen«, wie jetzt über Cusanus, ist
eine ruhige, dem Alter angemessene und schöne Arbeit. Wenn nur die Welt nicht des
Teufels wäre und man fast leibhaftig spürte, wie es bei einer Katastrophe - nahe oder
wahrscheinlicher ein wenig ferner, höchstens ein paar Jahrzehnte ferner - zugeht und
wie man sie bestehen soll, dass die Menschen dann den Mut nicht verlieren und sich
nicht der Barbarei oder dem Untergang in die Arme werfen.
Herzliche Grüsse
Ihr
Karl Jaspers
280 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
21. April 1964
Lieber Herr Professor!
Ich freute mich sehr über Ihren ausführlichen Brief vom 31. März und muß mich bei
Ihnen entschuldigen, weil ich mich so lange nicht selber brieflich bei Ihnen meldete.
Meine Frau schrieb Ihrer lieben Gattin und Ihnen, wie sehr sie sich über Ihre Glück-
wünsche freute. Es geht ihr gut, auch dem Töchterchen, das meist noch ganz dem ve-
getativen Dasein hingegeben, aber inzwischen schon in »Aufmerksamkeits-Haltung«
den Botschaften, vor allem zunächst den akustischen, aus der Umwelt geöffnet ist.
Ich freue mich, daß Sie meinen Aufsatz in der »Welt der Literatur« gelesen haben.
Übrigens ist mir die Rolle des Papiers beim Zustandekommen unserer Verbindung
durchaus in Erinnerung. Ihre begründete Sorge damals, daß das große Werk in guter
Form herauskomme, war mir begreiflich und schien mir sehr gerechtfertigt. Es ist
eigentümlich und charakteristisch für viele Entscheidungen im Leben, wie äußere
und innere Dinge - beide sind letzten Endes aufeinander bezogen - ineinander greifen.
Wir freuen uns alle im Verlag jetzt auf das Erscheinen des CUSANUS. Im Namen
der beteiligten Herren möchte ich Ihnen sehr danken für die Anerkennung der Mit-
wirkung bei den Korrekturen und bei der Herstellung. Wir bringen einen Sonderpro-
spekt für den CUSANUS und werden das Buch auch in verschiedenen Kulturzeitschrif-
ten eigens anzeigen, um die empfänglichen Leser aufmerksam zu machen.