Karl Jaspers - Piper Verlag (1964)
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Ich begrüße es außerordentlich, daß Sie die Schrift über Hannah Arendt - über
den Rang und die unersetzliche Bedeutung des unabhängigen Denkens - schreiben.
Die Unabhängigkeit des Denkens als Voraussetzung der geistigen Freiheit ist auch der
zentrale Punkt meines gegenwärtigen Rundschreibens an den Buchhandel zur deut-
schen Ausgabe des Eichmann-Buches. Ich habe gerade mit zwei führenden bedeuten-
den Sortimentsbuchhändlern telefoniert, um sicher zu gehen, daß das Erscheinen
des Eichmann-Buches zunächst als Paperback-Ausgabe die beste Voraussetzung bie-
tet für die maximale Verbreitung. Beide befragten Buchhändler bejahten meine Frage
eindeutig. In einem der Gespräche merkte ich, wie verhängnisvoll sich der Angriff
von Golo Mann bisher ausgewirkt hat.1508 Sie schrieben in diesem Zusammenhang
(betr. Hochhuth) mit Recht von Methoden des »Rufmordes«.1509 Es ist erstaunlich, ja
erschreckend, wie auch gebildete Leute dazu neigen, negative Meinungen bloss nach-
zureden, sich vom Vorurteil und von Emotion anstecken zu lassen.
Ich erlaubte mir, Ihnen zwei größere Zeitungsaufsätze zu schicken, die jetzt zum
20jährigen Erinnerungstag an den 20.Juli erschienen sind, dazu auch die letzte Num-
mer der Zeit mit dem Abdruck der Rede von Gerstenmaier (die ich selbst noch lesen
muß).1510 Ich schicke Ihnen auch - es wird Sie amüsieren und auch freuen - die letzte
Nummer der Illustrierten »Revue«. Wir stießen am Donnerstag voriger Woche beim
Betriebsausflug des Piper-Verlags in einem Tiroler Gasthaus auf die Nummer. Unter
lebhaftem Beifall wurde das Blatt mit der schönen jungen Dame, die »Plato, Augustin,
Kant« in der Hand hält und offenbar darin liest, herumgereicht.15"
Von Eschenburg schicke ich Ihnen mit gleicher Post »Staat und Gesellschaft in
Deutschland«, ferner die Schriften »Ämterpatronage«, »Institutionelle Sorgen in der
Bundesrepublik« und »Die improvisierte Demokratie«.1512 (Sollten Sie eine der Schrif-
ten schon haben, wird sich vielleicht Herr Dr. Saner1513 dafür interessieren.)
Mit sehr herzlichen Grüßen bin ich für heute an Sie und an die liebe gnädige Frau,
auch von meiner Frau, die hofft, das nächste Mal wieder mit mir fahren zu können,
in aufrichtiger Verehrung
Ihr
Klaus Piper
P.S.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie Herrn Dr. Künzli bitten wollen, uns sein inzwi-
schen abgeschlossenes und von Ihnen im Ganzen als bedeutende Originalleistung
befundenes Karl Marx-Manuskript vorzulegen (falls es verlegerisch noch frei ist).1514
Und Dank noch für den Hinweis auf Frau Dr. Singer, New York, an die ich schreiben
werde.1515
Herr Dr. Greven schickt Ihnen Kopien der beiden englischen Rezensionen über Han-
nah Arendt (»Eichmann« und »Krieg und Revolution«).1516
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Ich begrüße es außerordentlich, daß Sie die Schrift über Hannah Arendt - über
den Rang und die unersetzliche Bedeutung des unabhängigen Denkens - schreiben.
Die Unabhängigkeit des Denkens als Voraussetzung der geistigen Freiheit ist auch der
zentrale Punkt meines gegenwärtigen Rundschreibens an den Buchhandel zur deut-
schen Ausgabe des Eichmann-Buches. Ich habe gerade mit zwei führenden bedeuten-
den Sortimentsbuchhändlern telefoniert, um sicher zu gehen, daß das Erscheinen
des Eichmann-Buches zunächst als Paperback-Ausgabe die beste Voraussetzung bie-
tet für die maximale Verbreitung. Beide befragten Buchhändler bejahten meine Frage
eindeutig. In einem der Gespräche merkte ich, wie verhängnisvoll sich der Angriff
von Golo Mann bisher ausgewirkt hat.1508 Sie schrieben in diesem Zusammenhang
(betr. Hochhuth) mit Recht von Methoden des »Rufmordes«.1509 Es ist erstaunlich, ja
erschreckend, wie auch gebildete Leute dazu neigen, negative Meinungen bloss nach-
zureden, sich vom Vorurteil und von Emotion anstecken zu lassen.
Ich erlaubte mir, Ihnen zwei größere Zeitungsaufsätze zu schicken, die jetzt zum
20jährigen Erinnerungstag an den 20.Juli erschienen sind, dazu auch die letzte Num-
mer der Zeit mit dem Abdruck der Rede von Gerstenmaier (die ich selbst noch lesen
muß).1510 Ich schicke Ihnen auch - es wird Sie amüsieren und auch freuen - die letzte
Nummer der Illustrierten »Revue«. Wir stießen am Donnerstag voriger Woche beim
Betriebsausflug des Piper-Verlags in einem Tiroler Gasthaus auf die Nummer. Unter
lebhaftem Beifall wurde das Blatt mit der schönen jungen Dame, die »Plato, Augustin,
Kant« in der Hand hält und offenbar darin liest, herumgereicht.15"
Von Eschenburg schicke ich Ihnen mit gleicher Post »Staat und Gesellschaft in
Deutschland«, ferner die Schriften »Ämterpatronage«, »Institutionelle Sorgen in der
Bundesrepublik« und »Die improvisierte Demokratie«.1512 (Sollten Sie eine der Schrif-
ten schon haben, wird sich vielleicht Herr Dr. Saner1513 dafür interessieren.)
Mit sehr herzlichen Grüßen bin ich für heute an Sie und an die liebe gnädige Frau,
auch von meiner Frau, die hofft, das nächste Mal wieder mit mir fahren zu können,
in aufrichtiger Verehrung
Ihr
Klaus Piper
P.S.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie Herrn Dr. Künzli bitten wollen, uns sein inzwi-
schen abgeschlossenes und von Ihnen im Ganzen als bedeutende Originalleistung
befundenes Karl Marx-Manuskript vorzulegen (falls es verlegerisch noch frei ist).1514
Und Dank noch für den Hinweis auf Frau Dr. Singer, New York, an die ich schreiben
werde.1515
Herr Dr. Greven schickt Ihnen Kopien der beiden englischen Rezensionen über Han-
nah Arendt (»Eichmann« und »Krieg und Revolution«).1516