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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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556

Karl Jaspers - Piper Verlag (1967)

328 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
Die meisten der im Brief übermittelten Verbesserungsvorschläge Pipers zur Druckfahne der Antwort-
Schrift hat Jaspers mit Bleistift, offenkundig sukzessive, gestrichen, nachdem er sie erwogen und darauf-
hin offenbar als erledigt angesehen hat. Diese Streichungen bedeuten somit keine Ablehnung, wie ein
Abgleich mit der gedruckten Fassung zeigt, der im Stellenkommentar erfolgt.
München, den 19. Januar 1967
Lieber Herr Professor,
heute möchte ich Ihnen zu dem Restmanuskript wegen einiger Stellen bzw. Fragen
schreiben. Vorausschicken darf ich, daß ich unter dem allerstärksten Eindruck der
neuen Schrift als Ganzen stehe. Der Anlaß ist die Frage der Gefährdung und des Über-
lebens von Deutschland. Sie haben, vor allem gegen den Schluß hin, einige Seiten
geschrieben, die mich besonders stark berührten. Besonders wichtig finde ich auch
gegen Ende Ihren beschwörenden Appell an alle, die politisch verstehen wollen -, die
an der Diskussion teilnehmen und sich mitverantwortlich fühlen. Das präzise Durch-
denken des konkret so und so Gesagten, so und nicht anders Gehandelten, nach dem
Modell Ihrer Analyse der Bundestagsdebatte, - dies müßte in der Tat bei den Politolo-
gen und Soziologen Schule machen!
Allerdings muß man immer wieder feststellen, dass im deutschen Charakter die
Mentalität des Opportunismus sehr tief sitzt (um für einen Augenblick eine nationale
Eigenschaft als Hilfsbegriff zu verwenden).
Nun darf ich zu meinen Bemerkungen kommen:
Seite 111, oben
Es heißt: »Nachdem einmal eine kleine volksfremde Parteien-Minorität...« Das Adjek-
tiv »volksfremd« ist viell. mißverständlich. Wirken, Anspruch, Funktion der Parteien
blieben volksfremd, aber nicht die Parteiführer. Schon durch das Fernsehen sind Ade-
nauer, Erhard, Ollenhauer, Wehner, Brandt, Strauß usw. als Personen dem Volk nicht
»fremd« geblieben. Könnten Sie hier differenzieren?1783
Seite 113, Zeile 7 v.o.
In dieser Zeile habe ich verdeutlicht: »Ein neuer Zusammenschluß würde selber als-
bald Partei.«1784
Was den Inhalt dieses Absatzes betrifft, so werden die Leser wahrscheinlich vermis-
sen, daß keine konkreten Möglichkeiten oder Beispiele aufgezeigt sind. Ferner bleibt
die Frage offen, in welchem Verhältnis solche Gruppen zur Macht stehen sollen.
Die Parteien sind in der parlamentarischen Demokratie die Vehikel zur politischen
Macht. Entweder erreichen neue Gruppen ebenfalls eine Verbindung zur Macht, oder
sie bleiben einflußlos. - Gäbe es ein Beispiel aus einer der anderen älteren Demokra-
tien?1785
 
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