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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0660
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1967)

559

s. 143
Der erste Absatz schließt (bei berechtigter Kritik gewisser linksintellektueller Substanz-
losigkeit) mit dem Satz: »Solche Polemik, so kann es scheinen, findet statt im gemein-
samen Raum der sittlich-politischen Bodenlosigkeit.« Hier sollte vielleicht noch ein-
g efügt werden: »Dies k <yiJnJ2ehtschl <yidj >og <Qyi edei ]im zip^in ^
Gefahr werden. Auch hier muß man die Selbstkontrolle der Vernunft verlangen.1799
S. 144 (Notstandsgesetze), Mitte
Sie sagen, Sie seien wegen der Lauheit der SPD und Gewerkschaften »vollkommen
überrascht und enttäuscht ...«I8°° Auch ich beurteile diese Laxheit als durchaus
bedenklich.
Dabei frage ich mich, ob SPD und Gewerkschaften vielleicht glauben, daß Not-
standsgesetze wichtig wären, weil nur von rechts her eine wirkliche Gefahr für die
Demokratie drohe (Notstandsgesetze also, um im Ernstfall der NPD den Garaus zu
machen). Dies ist nur eine Mutmaßung, ich habe keine näheren Informationen.1801
S. 149
Hier handelt es sich um das Niveau der (Partei)-Politiker in der Bundesrepublik im Ver-
gleich zu Frankreich.1802
Das Niveau in Frankreich, auch in England ist höher. Allerdings liegt der Grund in
den ganz anderen gesellschaftlichen und historischen Voraussetzungen dieser Län-
der. Dort herrscht keine Tradition der bürgerlichen Subordination wie bei uns. Unsere
Leute, die zur Politik fähig wären, gehen nicht zur Politik, sondern werden Professo-
ren, Bankiers, Chef-Redakteure, Verleger. Die Schuld der aktiven Politiker in der Wei-
marer Republik und in der Bundesrepublik ist eines Ihrer entscheidenden Urteile. Ich
will nichts verkleinern, aber wenn nicht im bisher apolitischen deutschen Bürgertum
mehr politischer Wille erwacht, wird doch alles umsonst bleiben, weil dann die besten
Leute eben auch künftig in der Politik fehlen werden.
Zu Frankreich sagen Sie: »Im Staat de Gaulles lebt ein Geist von Liberalität und
Humanität, der in unserem freiheitswidrigen, willkürlichen fast verschwunden ist.«
Ich glaube, Sie sehen hier zu sehr schwarz-weiß bzw. weiss-schwarz. Ganz so ideal
ist es im heutigen Frankreich nicht. Unser Rundfunksystem z.B. ist viel freier als das
französische: Wir haben die Konkurrenz öffentlich-rechtlicher Anstalten, während
es in Frankreich nur den Staats-Rundfunk gibt. Dieser hat den Weisungen der Regie-
rung zu folgen. Außerdem herrscht eine literarische Zensur, die viel weiter geht als bei
uns die Bundesprüfstelle für jugendgefährdendes Schrifttum.1803 (Übrigens werden wir
von Frangois Bondy in unseren Paperbacks eine Aufsatzsammlung bringen;1804 er wäre
ein hervorragender Sachkenner.)
Auch auf S. 149, zum Schluß des Hauptabsatzes, heißt es, daß unsere Politiker im
Vergleich zu Frankreich »durchweg politisch unmündig scheinen.«
 
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