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Karl Jaspers - Piper Verlag (1967)
bestellt. (Jede Buchhandlung bekommt bei einer Bestellung von 10 Exemplaren ein
Freistück.)
Schönste Grüße bis auf bald, in Basel,
Ihr
Klaus Piper
329 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, auf Briefpapier des R. Piper & Co Verlags München, wohl versehentlich
nicht unterschrieben
München, 31. Januar 1967
Lieber Herr Professor,
bei Sonnenschein (die beschneiten Alpenberge leuchteten) bin ich von Zürich zurück-
geflogen und möchte Ihnen gleich, damit kein Aufenthalt entsteht, den 4. Abschnitt,
»Die NPD«, zum Nachwort zurücksenden.1833 Wieder habe ich mir erlaubt, einige
Bemerkungen oder Fragen ins Manuskript hineinzuschreiben.1834
Bevor ich diese letzten Manuskriptseiten las, kam ich auf einen Gedanken, der
sich, als ich zuende gelesen hatte, bestätigte: Es fehlt nun ein Schlußwort.
Darüber habe ich intensiv nachgedacht: Wäre es nicht schön, wenn Sie den Leser
mit einem post-scriptum, das ihn ermutigt, wieder »ins Leben« hinaus entlassen wür-
den? Darf ich Ihnen dazu einige Gedanken, die sich bei mir einstellten, mitteilen? Sie
sind leider nicht systematisch, aber sie stehen dafür ganz unter dem Eindruck aller der
Fragen, die wir in den Gesprächen in Ihrem Arbeitszimmer berührten.
Ich möchte von Ihrer Frage an mich ausgehen, ob auch ich den Eindruck hätte,
daß selbst die Wohlwollenden vom ersten Buch vielfach betroffen worden seien - in
Ihrer scharfen Gesamtverurteilung der gegenwärtigen deutschen Politik. Ich meine,
daß ein post scriptum auf keinen Fall etwas von der so bitter notwendigen Radikalität
Ihrer Gedanken wegnehmen dürfte. (So ist z.B., wie ich Ihnen schon sagte, die Ableh-
nung eines - bei Kiesinger in Anspruch genommenen - »Irrtums« von großer Bedeu-
tung.1835 Selbst Grass hat in seiner heutigen sonst ausgezeichneten und mit Ihnen
ganz übereinstimmenden SPIEGEL-Glosse nicht kritisch genug reagiert. Ich meine,
in Bezug auf den Begriff des Irrtums).1836
Wenn ich sagte, ein Schlußwort sollte die Leser ermutigen, dann die deutschen
Leser, die doch weiterleben müssen, die zur richtigen Gesinnung und Einsicht
gebracht werden sollen, damit sie in den entscheidenden Situationen, sei es an gerin-
ger oder hoher Stelle, richtig handeln.
Ihr Buch soll ja nicht mutlos machen oder »abstoßen«, sondern für den rechten
Weg gewinnen, indem es aufrüttelt. Sie sagen richtig, daß der politische Beobach-
Karl Jaspers - Piper Verlag (1967)
bestellt. (Jede Buchhandlung bekommt bei einer Bestellung von 10 Exemplaren ein
Freistück.)
Schönste Grüße bis auf bald, in Basel,
Ihr
Klaus Piper
329 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, auf Briefpapier des R. Piper & Co Verlags München, wohl versehentlich
nicht unterschrieben
München, 31. Januar 1967
Lieber Herr Professor,
bei Sonnenschein (die beschneiten Alpenberge leuchteten) bin ich von Zürich zurück-
geflogen und möchte Ihnen gleich, damit kein Aufenthalt entsteht, den 4. Abschnitt,
»Die NPD«, zum Nachwort zurücksenden.1833 Wieder habe ich mir erlaubt, einige
Bemerkungen oder Fragen ins Manuskript hineinzuschreiben.1834
Bevor ich diese letzten Manuskriptseiten las, kam ich auf einen Gedanken, der
sich, als ich zuende gelesen hatte, bestätigte: Es fehlt nun ein Schlußwort.
Darüber habe ich intensiv nachgedacht: Wäre es nicht schön, wenn Sie den Leser
mit einem post-scriptum, das ihn ermutigt, wieder »ins Leben« hinaus entlassen wür-
den? Darf ich Ihnen dazu einige Gedanken, die sich bei mir einstellten, mitteilen? Sie
sind leider nicht systematisch, aber sie stehen dafür ganz unter dem Eindruck aller der
Fragen, die wir in den Gesprächen in Ihrem Arbeitszimmer berührten.
Ich möchte von Ihrer Frage an mich ausgehen, ob auch ich den Eindruck hätte,
daß selbst die Wohlwollenden vom ersten Buch vielfach betroffen worden seien - in
Ihrer scharfen Gesamtverurteilung der gegenwärtigen deutschen Politik. Ich meine,
daß ein post scriptum auf keinen Fall etwas von der so bitter notwendigen Radikalität
Ihrer Gedanken wegnehmen dürfte. (So ist z.B., wie ich Ihnen schon sagte, die Ableh-
nung eines - bei Kiesinger in Anspruch genommenen - »Irrtums« von großer Bedeu-
tung.1835 Selbst Grass hat in seiner heutigen sonst ausgezeichneten und mit Ihnen
ganz übereinstimmenden SPIEGEL-Glosse nicht kritisch genug reagiert. Ich meine,
in Bezug auf den Begriff des Irrtums).1836
Wenn ich sagte, ein Schlußwort sollte die Leser ermutigen, dann die deutschen
Leser, die doch weiterleben müssen, die zur richtigen Gesinnung und Einsicht
gebracht werden sollen, damit sie in den entscheidenden Situationen, sei es an gerin-
ger oder hoher Stelle, richtig handeln.
Ihr Buch soll ja nicht mutlos machen oder »abstoßen«, sondern für den rechten
Weg gewinnen, indem es aufrüttelt. Sie sagen richtig, daß der politische Beobach-