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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1967)

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solchem, kann man bei objektiver Beurteilung als solcher den Politikern nicht ein-
fach absprechen.
Was Sie meinen, ist, daß die Substanz des politischen Wollens, des Glaubens und
Zielbewußtseins unentschieden, unsicher, vielfach verworren oder auch mutlos ist
(da z.B. weder die führenden CDU- noch die führenden SPD-Politiker endlich den
Entschluß aufbringen, dem deutschen Volk über die »Wiedervereinigung« die Wahr-
heit zu sagen).
Aber die Kritik an den Motivationen und Überzeugungen der Politiker ist etwas
anderes, wie wenn ich ihnen den »Glauben« überhaupt abspreche.
Das Bedenkliche ist aber auch noch dies, daß solche Sätze der NPD, wie aber auch
Ulbricht und den Seinen erwünschte Waffen in die Hand geben. Zuviel Beifall von
den falschen Seiten wäre doch sehr bedauerlich!
Sind Sie einverstanden, den oben zitierten Satz etwa zu ändern in:
»Weil unsere Parteien und ... ohne überzeugenden politischen Glauben
sind ...«l893
Seite 123 (im Kapitel über den SPIEGEL):
Sie können sich natürlich die Freiheit nehmen, auch in dem neuen Buch wiederum
nur allein über den SPIEGEL zu sprechen. Gestatten Sie aber bitte den Hinweis, daß
der Satz:
»Aber auch innerhalb dieser gewichtigen Zeitungen scheint mir der SPIEGEL
das einzige Oppositionsblatt großer Auflage und Wirksamkeit.«
- ich glaube, dieser Satz läßt sich objektiv nicht aufrechterhalten. Denn Sie müßten
zumindest das Wochenblatt DIE ZEIT nennen. Vielleicht bekommen Sie das Blatt nur
relativ selten in die Hand. Ich lese es seit seiner Begründung. Gewiß, die ZEIT hat nicht
die gleiche hohe Auflage wie der SPIEGEL. Meines Wissens kommt sie inzwischen aber
an die 300000 heran. Sie wird, wie ich immer wieder höre, besonders viel von poli-
tisch interessierten Studenten und jungen Leuten gelesen. In der Analyse bestimmter
Sachverhalte, auch in kompromißloser Stellungnahme zu Verletzungen der demokra-
tischen Freiheit (Justiz, Erziehung z.B.) ist die ZEIT oft dem SPIEGEL sogar eindeutig
überlegen, - d.h. in ausgesprochener, faktischer Opposition.1894
Sie ist es aus dem einfachen Grund, da Augstein konsequenterweise den SPIEGEL
als Nachrichtenblatt fortführt. Urteile, Angriffe, eigene Stellungnahmen erscheinen
doch im SPIEGEL nur an gesonderter Stelle, nicht aber regelmässig. Das große Ver-
dienst des Spiegel liegt natürlich in der ständigen »Durchleuchtung« mit den Rönt-
genstrahlen der Augstein'schen Intelligenz, die alle Bereiche des öffentlichen Lebens
erfahren, aber in Urteil und Angriff profilierter Kritiker, die mit Namen für ihre The-
sen und Urteile eintreten, hat die ZEIT einen hohen, selbständigen Rang. Ich würde
es doch für sehr richtig halten, wenigstens die ZEIT an dieser Stelle zu nennen. Es
 
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