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Fabian Schulz
notieren. Große Überschneidungen gibt es hingegen mit Theophanes (frühes 9. Jh.),
der also ebenfalls einen vollständigeren Malalas benutzt hat. Die Anrede „unser Herr
Justinian” im Fragment ist spannend und weist daraufhin, dass die Passage zu Lebzei-
ten des Kaisers geschrieben worden sein könnte. Datierungen fallen hier und in den
anderen Fragmenten noch detaillierter aus.
Der Epitomator, auf den der Baroccianus zurückgeht, scheint also Dinge, die ihm
zu zeit- und ortsspezifisch sowie zu detailliert waren, gekürzt zu haben;14 am stärksten
im zeitgeschichtlichen 18. Buch, das trotz dieser Eingriffe den größten Umfang hat.
Aber der Text der Fragmenta ist nicht durchgängig besser; an einigen Stellen ist der
Baroccianus vorzuziehen, zumal wenn er mit dem Chronicon Paschale und Theophanes
übereinstimmt.15
Schriftart
Der Text ist in geneigten Majuskeln geschrieben.16 Vergleiche mit anderen Manu-
skripten legen nahe, dass die palimpsestierte Malalas-Handschrift nicht mehr ins
6. Jahrhundert gehörte, wie seit Mai manche meinen,17 sondern eher ins 7. Jahrhun-
dert.18 Damit stammt der Codex zwar nicht aus der Generation nach Malalas, ist aber
der mit Abstand älteste Zeuge.19
Neue Edition
Die Tuskulanischen Fragmente sind in der Malalas-Ausgabe von Thurn komplett und
in den neueren Übersetzungen in Auszügen abgedruckt. Grundlage ist auch nach fast
200 Jahren die Edition von Mai.
Gerne würde die Wissenschaft einen neuen Blick in den Palimpsest werfen. Aber
Mai hat es seinen Nachfolgern schwer gemacht, indem er, um die abgeschabte Schrift
wieder zum Vorschein zu bringen, Chemikalien benutzte, die der langfristigen Les-
barkeit nachhaltig geschadet haben, wie moderne Fotografien bezeugen.20
Die neusten Verfahren der Palimpsestforschung, die mit diversen Spektralkanälen
und der Röntgenfluoreszenz arbeiten, könnten hier von Nutzen sein. In der Tat sind
bereits mehrfach multispektrale Aufnahmen des Manuskripts angefertigt worden, was
bisher aber nur wenig greifbare Ergebnisse produziert hat: Thurn verfügte, wie er in
der Einleitung seiner Edition verrät, über Normal- und UV-Aufnahmen, auf denen
14 Patzig (1890/91), S. 10 f.
15 Vgl· Patzig (1890/91), S. 7 und Gastgeber in diesem Band.
16 Crisci (1990), S. 252 b und Cavallo/Maehler (1987), S. 108-109.
17 Thurn (2000), S. 10* unter Berufung auf Cavallo (1977), S. 120, der seine Meinung aber später geändert
hat.
18 Vgl. Cavallo/Maehler (1987), S. 108 £ und Crisci (2000), S. 10 mit Anm. 34. Vgl. bereits Patzig (1890), S.
2, der sich auf einen Hinweis von Gardthausen beruft.
19 Thurn verwehrt den Fragmenta Tusculana nur wegen ihrer Kürze den ersten Platz.
20 Cavallo (1977), Tafel 8 und Crisci (2000), Tafel 3 bilden Blatt 66 recto ab.
Fabian Schulz
notieren. Große Überschneidungen gibt es hingegen mit Theophanes (frühes 9. Jh.),
der also ebenfalls einen vollständigeren Malalas benutzt hat. Die Anrede „unser Herr
Justinian” im Fragment ist spannend und weist daraufhin, dass die Passage zu Lebzei-
ten des Kaisers geschrieben worden sein könnte. Datierungen fallen hier und in den
anderen Fragmenten noch detaillierter aus.
Der Epitomator, auf den der Baroccianus zurückgeht, scheint also Dinge, die ihm
zu zeit- und ortsspezifisch sowie zu detailliert waren, gekürzt zu haben;14 am stärksten
im zeitgeschichtlichen 18. Buch, das trotz dieser Eingriffe den größten Umfang hat.
Aber der Text der Fragmenta ist nicht durchgängig besser; an einigen Stellen ist der
Baroccianus vorzuziehen, zumal wenn er mit dem Chronicon Paschale und Theophanes
übereinstimmt.15
Schriftart
Der Text ist in geneigten Majuskeln geschrieben.16 Vergleiche mit anderen Manu-
skripten legen nahe, dass die palimpsestierte Malalas-Handschrift nicht mehr ins
6. Jahrhundert gehörte, wie seit Mai manche meinen,17 sondern eher ins 7. Jahrhun-
dert.18 Damit stammt der Codex zwar nicht aus der Generation nach Malalas, ist aber
der mit Abstand älteste Zeuge.19
Neue Edition
Die Tuskulanischen Fragmente sind in der Malalas-Ausgabe von Thurn komplett und
in den neueren Übersetzungen in Auszügen abgedruckt. Grundlage ist auch nach fast
200 Jahren die Edition von Mai.
Gerne würde die Wissenschaft einen neuen Blick in den Palimpsest werfen. Aber
Mai hat es seinen Nachfolgern schwer gemacht, indem er, um die abgeschabte Schrift
wieder zum Vorschein zu bringen, Chemikalien benutzte, die der langfristigen Les-
barkeit nachhaltig geschadet haben, wie moderne Fotografien bezeugen.20
Die neusten Verfahren der Palimpsestforschung, die mit diversen Spektralkanälen
und der Röntgenfluoreszenz arbeiten, könnten hier von Nutzen sein. In der Tat sind
bereits mehrfach multispektrale Aufnahmen des Manuskripts angefertigt worden, was
bisher aber nur wenig greifbare Ergebnisse produziert hat: Thurn verfügte, wie er in
der Einleitung seiner Edition verrät, über Normal- und UV-Aufnahmen, auf denen
14 Patzig (1890/91), S. 10 f.
15 Vgl· Patzig (1890/91), S. 7 und Gastgeber in diesem Band.
16 Crisci (1990), S. 252 b und Cavallo/Maehler (1987), S. 108-109.
17 Thurn (2000), S. 10* unter Berufung auf Cavallo (1977), S. 120, der seine Meinung aber später geändert
hat.
18 Vgl. Cavallo/Maehler (1987), S. 108 £ und Crisci (2000), S. 10 mit Anm. 34. Vgl. bereits Patzig (1890), S.
2, der sich auf einen Hinweis von Gardthausen beruft.
19 Thurn verwehrt den Fragmenta Tusculana nur wegen ihrer Kürze den ersten Platz.
20 Cavallo (1977), Tafel 8 und Crisci (2000), Tafel 3 bilden Blatt 66 recto ab.