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Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0008
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Einleitung

Zur Entwicklung der Malalas-Forschung -
einige Orientierungslinien
Mischa Meier, Christine Radtki, Fabian Schulz

Betrachten wir das Barberini-Diptychon, eines der bedeutendsten Beispiele spätantiker
Elfenbeinkunst; es entstand im Osten des Römischen Reiches und befindet sich heute
im Pariser Louvre. Bei dem hier im Typus des triumphator omnium gentium dargestell-
ten Kaiser handelt es sich entweder um Anastasios (491-518 n. Chr.) oder um Justinian
(527-565 n. Chr.). Unabhängig von der Frage der individuellen Zuordnung ist indes
eines unverkennbar: Noch immer präsentiert sich der Herrscher über die Oikumene
als Eroberer. In voller Rüstung triumphiert er über die sich vor ihm niederwerfenden
Barbaren und demonstriert so dem ganzen Erdkreis seine Sieghaftigkeit sowie die
Vergrößerung des römischen Machtbereichs. Heute nicht mehr sichtbar, aber diese
Botschaft unterstreichend, zeigte die Schnitzerei zu seiner Linken eine Allegorie der
Victoria, die auf einem Globus sitzend dem Kaiser die Krone entgegenstreckte.1
Augenfällig ist darüber hinaus ein Element, das in besonders nachdrücklicher
Weise eine zentrale Konstante herrscherlicher Repräsentation im 6. Jahrhundert
n. Chr., insbesondere unter Justinian, versinnbildlicht: Über dem Haupt des Kaisers
thront der segnende Christus, eingebettet in ein Medaillon, das von zwei Engeln zu
beiden Seiten gehalten wird. Als Beschützer der Person des Kaisers und Urheber sei-
ner Herrschaft galt Gott - er hatte ihn eingesetzt, von ihm sah sich der Kaiser beauf-
tragt.2 Diese Überhöhung der eigenen Herrschaft, diese Suggestion der Zugehörigkeit
zu einer göttlichen Sphäre bis hin zur Gottgleichheit des Kaisers ist nur ein Ausdruck
einer umfassenden religiösen Durchdringung von Politik und Alltag im Oströmi-
schen Reich des 6. Jahrhunderts; er stellte ein Element jenes gesellschaftlichen und
politischen Wandels dar, der sich vom 5. zum 6. Jahrhundert vollzog und der weite
Teile der heutigen Forschung annehmen lässt, dass insbesondere in der Herrschaft

1 Zum Gebrauch dieser Darstellung von Weltkugel und Victoria in der spätantiken Herrscherdrepräsen-
tation vgl. Kolb (2001), S. 52 ff. sowie ipjf.
2 Besonders deutlich wird dies u. a. in der Einleitung der Konstitution Deo auctore, die Justinian promul-
gierte, als er am 15. Dezember 530 eine Kommission damit beauftragte, die Fülle älterer und jüngerer
Rechtsgutachten zu sichten, zu bearbeiten und zu den späteren Digesten zusammenzuführen.
 
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