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Laura Carrara, Olivier Gengier
zitierten Inschriften (eine von Bourier nicht berücksichtigte mögliche Quellenart)
und kam zu dem Schluss, dass Malalas nicht alle angeführten Inschriften selbst ko-
pierte, sondern sie einem anderen Werk entnahm (dabei der üblichen Arbeitsweise
der antiken Historiographie folgend).31 Nonna D. Papadimitriou ihrerseits sammelte
alle Erwähnungen von chronographoi in der Malalas-Chronik und versuchte, dadurch
die Natur der protobyzantinischen Chronographie und insbesondere des Werkes von
Malalas zu charakterisieren.32
Erst die Arbeit des australischen Teams um Elizabeth Jeffreys an einer ersten Ge-
samtübersetzung der Malalas-Chronik in eine moderne Sprache verlieh der Unter-
suchung ihrer Quellen neuen Schwung. Im Rahmen der begleitenden Studies in John
Malalas, die als Prolegomena zur Übersetzung und zum damals geplanten Kommen-
tar entstanden,33 brachte Jeffreys selbst 1990 die erste Analyse von Malalas’ Quellen
seit Bourier und Schenk Graf von Stauffenberg hervor, gleichzeitig die erste Studie
zu diesem Thema mit einem systematischen Anspruch:34 Wie Jeffreys betonte, war es
nämlich endlich notwendig, die Chronik als Ganzes zu betrachten, auch wenn Mala-
las selbst in seinem Vorwort eine grundsätzliche Änderung in der Natur der Quellen
ab Zenons Regierungszeit (d.h. ab Buch XV) anzukündigen scheint.
Ein besonderes Merkmal der Malalas-Chronik besteht darin, dass der Autor regel-
mäßig - aber doch verstärkt in den ersten vierzehn Büchern - auf seine Informations-
quellen bzw. auf andere Autoren und Werke verweist. Gewiss können Referenzketten
aus einer einzigen Quelle stammen. Darüber hinaus sehen mehrere Zitate so ungenau
oder verstümmelt aus, dass sie sicherlich schon mehrere Male paraphrasiert worden
sein müssen, bevor sie Malalas erreichten. Andere entsprechen jedoch ungefähr dem
originalen Text, soweit er uns bekannt ist, oder zumindest dessen Inhalt, wie er sich
unabhängig von Malalas wiederherstellen lässt.35 Es ist also wichtig, alle Einzelfälle für
sich zu betrachten, um herauszufinden, welche Quellen Malalas selbst direkt verwen-
det haben könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Jeffreys einen Katalog aller in der
Chronik namentlich erwähnten Gewährsmänner erstellt; sie zählte siebenundsiebzig
Autoren, die in ca. hundertfünfzig Textstellen auftreten.36
31 Downey (1935).
32 Papadimitriou (1989).
33 Jeffreys/Croke/Scott (1990), S. ix; vgl. Jeffreys/Jeffreys/Scott (1986), S. ix.
34 Jeffreys (1990). Wie schon oben in Abschnitt 1.1 beschrieben, beschränkte sich Bourier (1899) und
Bourier (1900) auf die Bücher I-XIV, Schenk Graf von Stauffenberg (1931) auf die Bücher IX-XII.
35 Jeffreys (1990), S. 167-172; vgl. auch Jeffreys (2003), S. 516-517.
36 Jeffreys (1990), S. 172-196. Diese 77 Autoren bzw. Werke werden insgesamt 219 Mal erwähnt, was aber
nur ca. 150 Textstellen entspricht, da bestimmte Autoren zusammen zitiert werden. Ausgenommen von
Jeffreys’ Auflistung sind solche Autoren, die nur in einem chronographischen Abschnitt genannt wer-
den, wie z.B. Demokrit (Malalas, Chronographia IV 15) oder Cicero (Malalas, Chronographia VIII 32).
All diese Zahlen geben eigentlich nur eine Größenordnung an, da sie stark davon abhängig sind, was
als Quellenverweis bewertet wird bzw. wie die Autoren und Werke voneinander unterschieden werden.
Jeffreys differenziert z.B. in ihrer Auflistung die „Hebrew scriptures“ (Praefatio [=,Moses“]; I 2
[=„Moses“ und „Aquila“]; 14; III 8; III13; IV12; VI14), die „Sacred scriptures“ (X 2; X 4; X11; X14) und
„Moses“ (7 Textstellen: Praefatio-, I 2, eigentlich ein Verweis auf Aquilas Kommentar; I 3; II10; III14;
IV 7; X 2), während Treadgold (2007b), S. 714, der Jeffreys-Katalog verwendet, alle biblischen Zitate
Laura Carrara, Olivier Gengier
zitierten Inschriften (eine von Bourier nicht berücksichtigte mögliche Quellenart)
und kam zu dem Schluss, dass Malalas nicht alle angeführten Inschriften selbst ko-
pierte, sondern sie einem anderen Werk entnahm (dabei der üblichen Arbeitsweise
der antiken Historiographie folgend).31 Nonna D. Papadimitriou ihrerseits sammelte
alle Erwähnungen von chronographoi in der Malalas-Chronik und versuchte, dadurch
die Natur der protobyzantinischen Chronographie und insbesondere des Werkes von
Malalas zu charakterisieren.32
Erst die Arbeit des australischen Teams um Elizabeth Jeffreys an einer ersten Ge-
samtübersetzung der Malalas-Chronik in eine moderne Sprache verlieh der Unter-
suchung ihrer Quellen neuen Schwung. Im Rahmen der begleitenden Studies in John
Malalas, die als Prolegomena zur Übersetzung und zum damals geplanten Kommen-
tar entstanden,33 brachte Jeffreys selbst 1990 die erste Analyse von Malalas’ Quellen
seit Bourier und Schenk Graf von Stauffenberg hervor, gleichzeitig die erste Studie
zu diesem Thema mit einem systematischen Anspruch:34 Wie Jeffreys betonte, war es
nämlich endlich notwendig, die Chronik als Ganzes zu betrachten, auch wenn Mala-
las selbst in seinem Vorwort eine grundsätzliche Änderung in der Natur der Quellen
ab Zenons Regierungszeit (d.h. ab Buch XV) anzukündigen scheint.
Ein besonderes Merkmal der Malalas-Chronik besteht darin, dass der Autor regel-
mäßig - aber doch verstärkt in den ersten vierzehn Büchern - auf seine Informations-
quellen bzw. auf andere Autoren und Werke verweist. Gewiss können Referenzketten
aus einer einzigen Quelle stammen. Darüber hinaus sehen mehrere Zitate so ungenau
oder verstümmelt aus, dass sie sicherlich schon mehrere Male paraphrasiert worden
sein müssen, bevor sie Malalas erreichten. Andere entsprechen jedoch ungefähr dem
originalen Text, soweit er uns bekannt ist, oder zumindest dessen Inhalt, wie er sich
unabhängig von Malalas wiederherstellen lässt.35 Es ist also wichtig, alle Einzelfälle für
sich zu betrachten, um herauszufinden, welche Quellen Malalas selbst direkt verwen-
det haben könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Jeffreys einen Katalog aller in der
Chronik namentlich erwähnten Gewährsmänner erstellt; sie zählte siebenundsiebzig
Autoren, die in ca. hundertfünfzig Textstellen auftreten.36
31 Downey (1935).
32 Papadimitriou (1989).
33 Jeffreys/Croke/Scott (1990), S. ix; vgl. Jeffreys/Jeffreys/Scott (1986), S. ix.
34 Jeffreys (1990). Wie schon oben in Abschnitt 1.1 beschrieben, beschränkte sich Bourier (1899) und
Bourier (1900) auf die Bücher I-XIV, Schenk Graf von Stauffenberg (1931) auf die Bücher IX-XII.
35 Jeffreys (1990), S. 167-172; vgl. auch Jeffreys (2003), S. 516-517.
36 Jeffreys (1990), S. 172-196. Diese 77 Autoren bzw. Werke werden insgesamt 219 Mal erwähnt, was aber
nur ca. 150 Textstellen entspricht, da bestimmte Autoren zusammen zitiert werden. Ausgenommen von
Jeffreys’ Auflistung sind solche Autoren, die nur in einem chronographischen Abschnitt genannt wer-
den, wie z.B. Demokrit (Malalas, Chronographia IV 15) oder Cicero (Malalas, Chronographia VIII 32).
All diese Zahlen geben eigentlich nur eine Größenordnung an, da sie stark davon abhängig sind, was
als Quellenverweis bewertet wird bzw. wie die Autoren und Werke voneinander unterschieden werden.
Jeffreys differenziert z.B. in ihrer Auflistung die „Hebrew scriptures“ (Praefatio [=,Moses“]; I 2
[=„Moses“ und „Aquila“]; 14; III 8; III13; IV12; VI14), die „Sacred scriptures“ (X 2; X 4; X11; X14) und
„Moses“ (7 Textstellen: Praefatio-, I 2, eigentlich ein Verweis auf Aquilas Kommentar; I 3; II10; III14;
IV 7; X 2), während Treadgold (2007b), S. 714, der Jeffreys-Katalog verwendet, alle biblischen Zitate