Malalas und die Quellen für die Zeit der Soldatenkaiser 75
lichkeit findet sich nun ein zweiter Beweis für die Existenz dieses Philostratos in
den neuen Fragmenten des Dexippos, die aus dem Palimpsest Vindobonensis historicus
graecus gewonnen werden können. Hier (ff. i92v-i93r) wird ein skythischer Angriff
in Griechenland erwähnt (zu datieren auf kurz nach der Mitte des 3. Jahrhunderts
n.Chr.); diesem widersetzen sich die vom Feldherrn Marianos angeführten Truppen
sowie die örtlichen Milizen unter der Führung des Boiotarchen Cn. Curtios Dexip-
pos und eines ansonsten unbekannten Philostratos von Athen. Wie sowohl die ersten
Herausgeber des Wiener Palimpsests, Gunther Martin und Jana Gruskovä, als auch
Christopher Jones festgestellt haben, handelt es sich bei Letzterem wahrscheinlich
um den gleichnamigen Geschichtsschreiber: Nicht ohne Grund wird er als Λόγους
καί γνώμην κράτιστος bezeichnet.9 Kürzlich hat Kyle Harper eine Studie über den
Einfluss des Philostratos auf die spätere Geschichtsschreibung mit Fokus auf die sog.
„Cyprianische Pest“ vorgelegt. Seiner Ansicht nach stammen die Nachrichten über
diese angeblich fünfzehn Jahre lang (zwischen den 50er und 60er Jahren des 3. Jahr-
hunderts) im römischen Reich wütende Epidemie bei Zonaras und bei Orosius tat-
sächlich von Philostratos.10 Eine genaue Prüfung der Ergebnisse Harpers steht zwar
noch aus, dennoch kann Philostratos bereits jetzt als Quelle in die Rekonstruktion der
Ereignisse um die Mitte des 3. Jahrhunderts n.Chr. miteinbezogen werden. Es gibt
also keinen Grund, an der Gültigkeit der Aussage des Malalas in Chronographia XII
26 grundsätzlich zu zweifeln, und es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sie
von einer direkten Lektüre des Philostratos-Werks herrührt.11
S. 303, wo die Frage nach der Identifizierung dieses Philostratos mit einem der zahlreichen Namensvetter
aus der Kaiserzeit offen gelassen wird; so nun auch Mallan/Davenport (2015), S. 212-213. Die Informa-
tionskanäle von Synkellos bleiben unsicher: Bezüglich der Arbeitsweise dieses Chronisten und der
Möglichkeit, dass die von ihm genannten heidnischen Quellen von Panodoros stammen, siehe Mecella
(2013), S. 43-52.
9 Vindob. hist. gr. 73, f. 193*·: αιρετοί απεφάνθησαν υπό των 'Ελλήνων Μαρία νος τε, ος δή
προαιρεθείς ήν άρχειν τής 'Ελλάδος εκ βασιλέως τής εντός Πυλών, καί επί τώδε
ΦιΛόστρατός τε Αθηναίος άνήρ Λόγους καί γνώμην κράτιστ(ος) καί Δέξιππ(ος), ος δή
πέμπτον είχε τήν εν Βοιωτοΐς αρχήν; dieser Text nach Lucarini (2016), S. 42, und vgl. auch die
editioprinceps in Martin/Gruskovä (2014), S. 107. Diskussion und Datierung der Episode in Jones (on-
line), Lucarini (2016) und Zecchini (im Druck), die alle an die gotischen Feldzüge von 253/254 n.Chr.
denken; Mallan/Davenport (2015) neigen hingegen dazu, die vom Palimpsest berichteten Ereignisse
mit den Überfällen von 261/262 n. Chr. in Verbindung zu bringen. Zu den bereits bekannten B elegstellen
des ,Philostratos-Dossiers‘ hat Jones (2011) auch Evagrius Scholasticus, Historia Ecclesiastka IV 29 hin-
zugefügt, wo ein Philostratos im Zusammenhang mit einer Pestseuche erwähnt wird, die fünfzehn
Jahre lang gewütet haben soll (S. 179,11-12 Bidez/Parmentier) - sehr wahrscheinlich ist damit eben jene
Pestseuche der 50er und 60er Jahre des 3. Jahrhunderts n.Chr. gemeint. Schließlich hat Janiszewski
(2006), S. 97-109 auf Basis der Aussage von Synkellos (zitiert oben Anm. 8) die Hypothese aufgestellt,
dass Philostratos’ Werk auch die Feldzüge des Aurelian gegen Palmyra umfasst haben könnte; siehe
jetzt auch Stebnicka (2015), S. 295-296. In diesem Sinn hatte sich bereits Baldini (2000), S. 45, 51,143,
159-160,228,231,240 geäußert.
10 Harper (2015), S. 231-234.
11 Zur Glaubwürdigkeit einiger der von Malalas seinem Philostratos zugeschriebenen Informationen
siehe Kettenhofen (1982), S. 102-103 und Brecht (1999), S. 259. Siehe auch Janiszewski (2006), S. 101-
103, demzufolge der Irrtum bezüglich Schapurs Todes beim Feldzug in Persien Malalas zuzuschreiben
ist (der das Werk des Philostratos nur über Domninos kannte) und nicht Philostratos. Ähnlich argu-
lichkeit findet sich nun ein zweiter Beweis für die Existenz dieses Philostratos in
den neuen Fragmenten des Dexippos, die aus dem Palimpsest Vindobonensis historicus
graecus gewonnen werden können. Hier (ff. i92v-i93r) wird ein skythischer Angriff
in Griechenland erwähnt (zu datieren auf kurz nach der Mitte des 3. Jahrhunderts
n.Chr.); diesem widersetzen sich die vom Feldherrn Marianos angeführten Truppen
sowie die örtlichen Milizen unter der Führung des Boiotarchen Cn. Curtios Dexip-
pos und eines ansonsten unbekannten Philostratos von Athen. Wie sowohl die ersten
Herausgeber des Wiener Palimpsests, Gunther Martin und Jana Gruskovä, als auch
Christopher Jones festgestellt haben, handelt es sich bei Letzterem wahrscheinlich
um den gleichnamigen Geschichtsschreiber: Nicht ohne Grund wird er als Λόγους
καί γνώμην κράτιστος bezeichnet.9 Kürzlich hat Kyle Harper eine Studie über den
Einfluss des Philostratos auf die spätere Geschichtsschreibung mit Fokus auf die sog.
„Cyprianische Pest“ vorgelegt. Seiner Ansicht nach stammen die Nachrichten über
diese angeblich fünfzehn Jahre lang (zwischen den 50er und 60er Jahren des 3. Jahr-
hunderts) im römischen Reich wütende Epidemie bei Zonaras und bei Orosius tat-
sächlich von Philostratos.10 Eine genaue Prüfung der Ergebnisse Harpers steht zwar
noch aus, dennoch kann Philostratos bereits jetzt als Quelle in die Rekonstruktion der
Ereignisse um die Mitte des 3. Jahrhunderts n.Chr. miteinbezogen werden. Es gibt
also keinen Grund, an der Gültigkeit der Aussage des Malalas in Chronographia XII
26 grundsätzlich zu zweifeln, und es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sie
von einer direkten Lektüre des Philostratos-Werks herrührt.11
S. 303, wo die Frage nach der Identifizierung dieses Philostratos mit einem der zahlreichen Namensvetter
aus der Kaiserzeit offen gelassen wird; so nun auch Mallan/Davenport (2015), S. 212-213. Die Informa-
tionskanäle von Synkellos bleiben unsicher: Bezüglich der Arbeitsweise dieses Chronisten und der
Möglichkeit, dass die von ihm genannten heidnischen Quellen von Panodoros stammen, siehe Mecella
(2013), S. 43-52.
9 Vindob. hist. gr. 73, f. 193*·: αιρετοί απεφάνθησαν υπό των 'Ελλήνων Μαρία νος τε, ος δή
προαιρεθείς ήν άρχειν τής 'Ελλάδος εκ βασιλέως τής εντός Πυλών, καί επί τώδε
ΦιΛόστρατός τε Αθηναίος άνήρ Λόγους καί γνώμην κράτιστ(ος) καί Δέξιππ(ος), ος δή
πέμπτον είχε τήν εν Βοιωτοΐς αρχήν; dieser Text nach Lucarini (2016), S. 42, und vgl. auch die
editioprinceps in Martin/Gruskovä (2014), S. 107. Diskussion und Datierung der Episode in Jones (on-
line), Lucarini (2016) und Zecchini (im Druck), die alle an die gotischen Feldzüge von 253/254 n.Chr.
denken; Mallan/Davenport (2015) neigen hingegen dazu, die vom Palimpsest berichteten Ereignisse
mit den Überfällen von 261/262 n. Chr. in Verbindung zu bringen. Zu den bereits bekannten B elegstellen
des ,Philostratos-Dossiers‘ hat Jones (2011) auch Evagrius Scholasticus, Historia Ecclesiastka IV 29 hin-
zugefügt, wo ein Philostratos im Zusammenhang mit einer Pestseuche erwähnt wird, die fünfzehn
Jahre lang gewütet haben soll (S. 179,11-12 Bidez/Parmentier) - sehr wahrscheinlich ist damit eben jene
Pestseuche der 50er und 60er Jahre des 3. Jahrhunderts n.Chr. gemeint. Schließlich hat Janiszewski
(2006), S. 97-109 auf Basis der Aussage von Synkellos (zitiert oben Anm. 8) die Hypothese aufgestellt,
dass Philostratos’ Werk auch die Feldzüge des Aurelian gegen Palmyra umfasst haben könnte; siehe
jetzt auch Stebnicka (2015), S. 295-296. In diesem Sinn hatte sich bereits Baldini (2000), S. 45, 51,143,
159-160,228,231,240 geäußert.
10 Harper (2015), S. 231-234.
11 Zur Glaubwürdigkeit einiger der von Malalas seinem Philostratos zugeschriebenen Informationen
siehe Kettenhofen (1982), S. 102-103 und Brecht (1999), S. 259. Siehe auch Janiszewski (2006), S. 101-
103, demzufolge der Irrtum bezüglich Schapurs Todes beim Feldzug in Persien Malalas zuzuschreiben
ist (der das Werk des Philostratos nur über Domninos kannte) und nicht Philostratos. Ähnlich argu-