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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0079
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Laura Mecella

n.Chr. Diese Umstände sind allesamt zu beachten, wenn man den Reichtum und die
Polychromie der Darstellung des Malalas gänzlich verstehen will.
2. Die Lücke des Oxoniensis Baroccianus 182 und die Probleme
der Rekonstruktion des Textes
Die Lage wird noch durch den äußerst schlechten Zustand des überlieferten Malalas -
Textes erschwert: Der Hauptzeuge der Chronographia, die Handschrift Oxoniensis Ba-
roccianus 182 (11./12. Jahrhundert),22 weist eine Lücke auf, die den gesamten die Zeit
zwischen Caracalla und Aemilianus (ca. 211-253 n.Chr.) behandelnden Abschnitt hat
verschwinden lassen. Malalas’ Bericht nimmt erst mit Beginn der Herrschaft Valerians
wieder vollständige Maße an.
In Dindorfs Malalas-Edition für das Corpus Bonnense wird dieses textkritische
Problem gar nicht berücksichtigt.23 24 Thurn hat hingegen versucht, den verlorenen Ma-
lalas-Text zumindest partiell zu rekonstruieren und eine Sammlung an Fragmenten
aus verschiedenen indirekten Traditionen (aus dem Laterculus Malalianus, den Ex-
cerpta de Insidiis,^ dem Chronicon Paschale und der Chronik des Theodoros Skuta-
riotes) vorgelegt, ohne jedoch seine Auswahl zu begründen. Dabei ist Thurn weder
ausschließlich dem grundlegenden Kriterium der Quellenforschung gefolgt (wonach
eine korrekte Zuordnung erst durch übereinstimmende Belege in mindestens zwei
Zeugnissen gewährleistet wird) noch hat er sic et simpliciter alle Abschnitte der ein-
schlägigen Werke für den jeweiligen Zeitraum miteinbezogen. Vielmehr hat er in Be-
zug auf das Material, das nur in einer Quellenschrift vorkommt, in den anderen aber
nicht behandelt wird, eine Selektion vorgenommen, deren Kriterien sich dem Leser
nicht unmittelbar erschließen. Diese Selektion wirkt etwas willkürlich - genauso wie
Thurns Präsentation der aufgenommenen Textpartien, die einfach aneinandergereiht
und auf dieselbe Ebene gestellt werden, selbst wenn sie widersprüchliche Informati-
onen beinhalten (ein Beispiel dafür ist der Bericht über den Tod eines Kaisers infolge
eines Oberschenkelbruches nach einem Sturz vom Pferd: Laut Chronicon Paschale ist
dieser Kaiser Philippus lunior gewesen, während Skutariotes bei sonst identischem
Wortlaut Gordian II. ins Spiel bringt).25 Aus diesen Gründen werden die einzelnen
22 Zur Überlieferung der Malalas-Chronik über den Baroccianus hinaus siehe jetzt den Überblick von
Meier/Radtki/Schulz (2016), S. 16-17 und Jeffreys (2016); nützlich auch Brecht (1999), S. 228.
23 In Dindorf (1831), S. 295 geht der Text von Caracalla über zu Valerian voran, ohne Unterbrechung und
ohne jegliche Anmerkung im Apparat.
24 Von den anderen Abteilungen der Konstantinischen Enzyklopädie werden nur einmal die Excerpta de
Virtutibus et Vitiis eingesetzt: Malalas, Chronographia fr. XVIIc Thurn (siehe unten Anm. 72).
25 Malalas, Chronographia fr. IXe Thurn (= Chronicon Paschale S. 503, 2-5 Dindorf) und Malalas,
Chronographia fr. IXf Thurn (= Theodoros Scutariotes, Synopsis S. 36,17-19 Sathas; der Text fehlt in den
Χρονικά). Die Forschung stimmt darin überein, dass die Nachricht letztendlich von Malalas stammt;
einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Gordian III. (nicht Gordian II.) tatsächlich so gestorben
sei, nach der Schlacht von Misikhe: siehe Bleckmann (1992), S. 72-76 und Martolini (2009), S. 68-72
(mit weiterführender Literatur). Es muss jedoch daran erinnert werden, dass Theodoros Skutariotes im
 
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