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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0080
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Malalas und die Quellen für die Zeit der Soldatenkaiser

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Thurn’schen Fragmente schlussendlich wertlos: Ohne eigene Prüfung der Kanäle, über
die die späteren Quellen auf den Text des Malalas zurückgegriffen haben könnten, ist
es für den Leser fast unmöglich, sich in dieser unüberschaubaren Flut von Informati-
onen zurechtzufinden.
Mit Blick auf die widersprüchliche zeitliche Einordnung der einzelnen Kaiser
kann der Laterculus Malalianus mehr Sicherheit geben, da er die ursprüngliche Se-
quenz der Chronographia vermutlich genauer wiedergibt: Der Vergleich zwischen der
Kaiserliste im Laterculus und dem Bericht des Malalas ab XII 26 (von da an lesen wir
wieder den Text des Baroccianus) bestätigt die Reihenfolge des Laterculus.2,6
Schwieriger ist es hingegen, diejenigen Passagen zu bewerten, die in diesem la-
teinischen Werk nicht vorhanden sind. Für deren korrekte Einordnung muss in ers-
ter Linie die Uberlieferungsgeschichte der Malalas-Chronik in mittelbyzantinischer
Zeit rekonstruiert werden. Vor dem Hintergrund der bereits mehrmals ausführlich
untersuchten Arbeitsweise der excerptores Constantiniani - generell folgten sie den
Originaltexten treu - können wir zumindest das Zeugnis der Excerpta de Insidiis als
zuverlässig ansehen.27
Hingegen bedürfen sowohl das Chronicon Paschale als auch die Chronik des Theo-
doros Skutariotes einer nuancierteren Untersuchung. Das Chronicon Paschale, dem der
Text des Malalas als direkte Quelle diente und das daher generell sehr wertvoll 1st,28
erweist sich gerade in Bezug auf die Dauer der einzelnen Regierungszeiten als eher

Folgenden eine andere Version des Todes des Gordian III. wiedergibt, wonach dieser Kaiser infolge
eines Aufstandes der Truppen wegen der Hungersnot ums Leben kam {Synopsis S. 36, 29-31 Sathas, zu
vergleichen mit Chronica II 41 Tocci). Diese Erzählung ist von Zosimos’ Bericht {Historia nova 118-19,
1) über den Verrat des Philippus Arabs beeinflusst: siehe Patzig (1896), S. 42; Bleckmann (1992), S. 66-
69; Martolini (2009), S. 76-80; Mecella (2013), S. 90-93; Thurn hätte diesen weiteren Theodoros-Text
(sein fr. Xc) Malalas nicht zuordnen sollen. Contra Brecht (1999), S. 155: „Für die Hintergründe der
Meuterei folgt Syn.Sath. nun allerdings nicht der Darstellung des Zosimus, sondern der gleichen
Quelle wie Zonaras in seiner ersten Version“.
26 Siehe die Tabelle in dem Appendix am Ende dieses Abschnittes. Der Laterculus Malalianus ist eine
lateinische Chronik, die zwischen den Jahren 669 und 690 von Theodoros von Tharsos in Canterbury
ausgearbeitet wurde und durch den Codex Vaticanus Palatinus latinus 277 überliefert ist (geschrieben in
Rom zu Beginn des 8. Jahrhunderts). Dass der Text des Laterculus, insbesondere die Abschnitte 2-11,
von Malalas stammt, gilt in der Forschung heute als unbestritten: vgl. Mommsen (1898), S. 424-437,
insb. S. 424; Stevenson (1990); Siemens (2010), S. 43-44.
27 Und das trotz der Einwände von Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 365-366 („es scheint auf die
freilich nicht beweisbare Vermutung hinzuführen, daß diese Lücke auch in der von den konstantini-
schen Exzerpieren benutzten Malalasausgabe irgendwie markiert gewesen ist und daß dieselben zu
ihrer Ausfüllung aus anderem Material als dieser Ausgabe geschöpft haben; womit freilich unser
Rekonstruktionsversuch als noch wesentlich ungesicherter erwiesen wäre als schon in der vorliegenden
Form“); siehe auch Flusin (2004) und Carolla (2016), die sich jedoch nicht mit dem hier untersuchten
Abschnitt beschäftigen.
28 Einen Überblick über dieses Werk bietet Treadgold (2007a), S. 340-349. Zur Bedeutung des Chronicon
Paschale für die Rekonstruktion des Malalas-Textes siehe jetzt Gastgeber (2016), ferner Juhäsz (2016)
bezüglich der Indiktionen. Bereits Patzig (1891), S. 5-17, insb. S. 6 stellte fest, dass „der Paschalchronist
einen vollständigeren Malalas benutzt [hat]“ (im Vergleich zur gekürzten Version des Baroccianus).
 
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