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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0122
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Magnus von Karrhai

121

eine Helepolis eingenommen oder Maiozamalcha durch einen Belagerungstunnel -
bei Augenzeugen notwendig auch mit diesen Charakteristiken zu identischen Be-
richten führen mussten. Mitunter sei die Geographie von Orten so markant, dass
man z.B. Kirkesion schwerlich anders denn als Insel zwischen Euphrat und Chaboras
beschreiben könne.119 Eine Analyse der Einnahme von Anatha zeige, dass mündliche
Berichte notwendigerweise zu ähnlichen Darstellungen führen müssten. Der Fall der
Episode von Anatha sei völlig typisch und es sei leicht „de demontrer que beaucoup
depisodes rendus en des termes analogues ont cette origine“.120 Durch solche Erklä-
rungen bleibt in der von Dillemann vorgenommenen kritischen Musterung der von
Sudhaus angeführten Parallelen nichts übrig.121
Dass für eine Periode mehrere Berichte oder Überreste von Berichten von Zeitge-
nossen erhalten sind, die bald gemeinsam berichten, bald voneinander abweichen, ist
für die griechisch-römische Historiographie in zahlreichen Konstellationen abrufbar,
vom Ende des Peloponnesischen Kriegs über Alexander den Großen bis zu den Kir-
chenhistorikern in der Zeit Theodosius II. oder zu den Historikern der Epoche des
Justin II. und des Tiberius Constantinus.122 Die Verschiedenheit dieser Erzählungen
immer nur mit der Verschiedenheit der Augenzeugenberichte zu erklären, berücksich-
tigt nicht hinreichend, dass diese Autoren meistens in einem komplizierten Geflecht
literarischer Beeinflussungen standen. Ein Modell eines solchen Geflechts hat Edu-
ard Schwartz für die Geschichte der Catilinarischen Verschwörung konstruiert, dem
zufolge in der Regel ein literarisch sehr schnell geformter Grundbericht - im Falle
der Catilinarischen Verschwörung das Selbstzeugnis Ciceros - alle übrigen Berichte
zwar in seiner Grundstruktur prägt, aber durch Zusätze, Erweiterungen, Kürzungen,
Varianten in den Namen etc. sehr schnell variiert wird.123 Die fast zeitgleich verfassten
Kirchengeschichtswerke des Philostorgios, Sokrates, Sozomenos und Theodoret er-
lauben, wenn man davon ausgeht, dass sie bereits auf Vorgängerberichte zurückgehen,
sich einen Eindruck davon zu machen, wie durch diese Verfahren innerhalb einer kur-
zen Frist von wenigen Jahrzehnten eine Fülle von Varianten entstehen konnten.124 Das
Verhältnis der Zeugnisse untereinander wird vor allem dann besonders kompliziert,
wenn bestimmte Literaten wie Ammian zwar einerseits zu schriftlichen Quellen grei-
fen, auf der anderen Seite aber aus eigener Augenzeugenschaft berichten. Dabei geht
es ihnen selbst vor allem um den literarischen Effekt, der sich aus einer komplexen
Struktur des kompositen Textes ergibt. Die moderne Annahme, dass Zeitgenossen
119 Dillemann (1961), S. 128. Dass dem vielleicht nicht so ist, zeigt die Kurzbeschreibung von Kirkesion
durch den Teilnehmer des Julianzugs Eutrop, vgl. Eutropius, Breviarium IX 2,3: Miles ei (seil. Gordiano)
tumulum vicesimo miliario a Circesio, quod castrum nunc Romanorum est Euphratae imminens, aedificavit.
120 Dillemann (1961), S. 129.
121 In einem Einzelfall scheint die Parallele tatsächlich illusorisch, vgl. Dillemann (1961), S. 128.
122 Nämlich Menander Protektor, Johannes von Epiphaneia (vor allem bei Theophylaktos Simokattes
greifbar) sowie Theophanes von Byzanz. Hinzu treten die Berichte des Euagrios Scholastikos und des
Johannes von Ephesos.
123 Schwartz (1897).
124 Siehe Bleckmann (2015).
 
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