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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0331
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Fabian Schulz

ruft sich an beiden Stellen auf einen Gewährsmann (nämlich Kyrill von Alexandria):3
Er steht also in einer langen Tradition, die natürlich nicht erst in der Spätantike be-
gann. Hat Malalas diese Tradition einfach übernommen oder seinerseits geprägt?
2. Orakelsprüche und Prophetien in der Spätantike: Ein Überblick4
Der Glaube, dass Menschen über Mittler Einblick in den Plan der Götter erhalten
können, war fester Bestandteil der griechischen und römischen Religiosität. Es gab
feste Orakelgötter, Orakelstätten und Medien. Das bekannteste Beispiel ist das Ora-
kel von Delphi, wo die Pythia in Apollons Namen sprach. Die Priesterin firmierte als
Expertin, ihre Sprüche galten als höheres Wissen.5 Dies schlägt sich in der Literatur
nieder, wo Orakelsprüche als vorausdeutendes teleologisches Element zur Sinnstiftung
dienen; oft waren sie ex post manipuliert, nicht unbedingt durch die Autoren selbst,
sondern in einer langen Uberlieferungskette. Wenngleich in intellektuellen Kreisen
Orakelkritik geübt wurde,6 scheinen die meisten Menschen daran geglaubt zu haben.
Hier lag ein Konfliktfeld mit dem aufkommenden Christentum, dessen Anhänger
davon überzeugt waren, den einzig wahren Gott zu verehren, der sie privilegiere und
das Kommen seines Sohnes in den Schriften des Alten Testament angekündigt habe.7
Es war ein Kampf um den Vorrang und um die Deutungshoheit, in dem Orakelsprü-
che als Waffen dienten. Neuplatoniker begannen ihre Lehre historisch zu untermau-
ern und theologisch zu legitimieren: lamblich glaubte, in den Texten verschiedener
Weiser, Dichter und Philosophen dieselbe unveränderliche Lehre zu finden. In seiner
Philosophia ex oraculis haurienda {Philosophie aus Göttersprüchen) erklärte Porphyrios
Orakelsprüche zu Offenbarungstexten.8 Das henotheistische Götterbild, das er und
andere entwarfen, musste die Christen herausfordern.9 Das christliche Lager hat die
Herausforderung angenommen und mit der Zeit verschiedene Abwehrstrategien ent-
wickelt. Apologeten (einschließlich Eusebios) verurteilten die pagane Orakelpraxis:10
Heidnische Götter seien Dämonen, die Lügen verbreiten; nur die biblische Offenba-
rung zähle. Diese Strategie war mit hohen Kosten verbunden, da sie einen Bruch mit
der eigenen Geschichte erforderte.
3 Zum Verhältnis zu Kyrills Sprüchen siehe unten Abschnitt 3.2.1; Kyrill behauptet, alle Weise hätten
den einen (christlichen) Gott bezeugt (Cyrillus, Contra lulianum I 39, 21-22).
4 Zum Hintergrund siehe Lane Fox (1986), Beatrice (2001), S. xx-xxv, die Einleitungen von Brock (1983)
und Busine (2005) sowie jetzt van Kastell (2011).
5 Viele Handbücher sehen im „Experten“ ein Phänomen der modernen Gesellschaft. Dabei hängt es von
den jeweiligen gesellschaftlichen Gegebenheiten ab, wer den Status des Experten erhält und welches
Wissen als Expertenwissen akzeptiert wird: siehe dazu Schumacher/Busset (2001).
6 Man denke beispielsweise an Plutarchs De Pythiae oraculis oder an die Exzerpte von Oinomaos von
Gadara bei Eusebios von Caesarea.
7 Vgl. die Erfüllungsworte des Matthäus-Evangelium: Evangelium secundum Matthaeum 1, 22-23.
8 Johnson (2013), S. 172-178.
9 Mitchell/van Nuffelen (2010).
10 Heyden (2009), S. 209-218 untersucht die Haltung der Kirchenhistoriker des 5. Jahrhunderts n.Chr. zu
Orakeln und zeigt, dass die Ablehnung vorherrscht und bei Sokrates Scholastikos besonders scharfist.
 
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