Metadaten

Carrara, Laura [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Radtki-Jansen, Christine [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0334
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Theosophische Weissagungen bei Malalas

333

tematische Untersuchung des theosophischen Materials bei Malalas steht aber noch
aus. Das könnte auch mit der unübersichtlichen Editionslage der antiken Theosophica
Zusammenhängen: Die neuen Editionen der theosophischen Texte, die Harmut Erbse
und Pier Franco Beatrice vorgelegt haben, unterscheiden sich diametral und lassen
darüber hinaus weiteres Material, auf das Sebastian P. Brock hingewiesen hat, unbe-
rücksichtigt.
Der Umfang des antiken theosophischen Materials und der begrenzte Rahmen
erfordern hier ein großflächiges Vorgehen, das an den wichtigsten Stellen um De-
tailanalysen ergänzt wird. Die Tabelle im Appendix gibt einen Überblick über die
Weissagungen bei Malalas und ihre Quellen.
j.z Theosophische Weissagungen bei Malalas
In der gekürzten Fassung der Malalas-Chronik finden sich acht theosophische
Passagen,18 die in der einen oder anderen Form mit der Tübinger Theosophie bzw. dem
theosophischen Corpus in Verbindung gebracht worden sind;19 bei manchen erlaubt
die Parallelüberlieferung den verlorenen Ur-Malalas zu greifen.
Die ersten beiden Sprüche gehören in die ägyptische Frühgeschichte, die Malalas
im zweiten Buch schildert. In Chronographia II 2 (S. 18, 27-34 Thurn) besucht Pharao
Thulis eine namenlose Orakelstätte in Afrika;20 er fragt überheblich, ob es vor ihm ei-
nen mächtigeren König gab oder nach ihm geben werde. Die Antwort lautet: „Zuerst
Gott, dann der Logos, und mit ihnen zusammen der Geist. Dies alles ist zusammen,
auf einen einzigen Spross zielt es, dessen Macht ewig ist“. Nach Verlassen der Ora-
kelstätte wird Thulis ermordet. Malalas gibt keine Deutung, aber das Orakel scheint
deswegen angeführt, weil ein arroganter weltlicher Herrscher durch einen christlich
klingenden Spruch in die Schranken gewiesen wird.21 Gott(vater)/Logos,22 Geist und
Spross (= Sohn) stehen in einem trinitarischen Verhältnis. Wenngleich einzelne Be-
griffe und Vorstellungen auch in heidnischen Kulten vorkommen,23 erinnern sie in
ihrer Reihung fast eher an das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis.
Es scheint sich also um ein christliches Pseudo-Orakel zu handeln.
Das Chronicon Paschale gibt mit großer Wahrscheinlichkeit für dieses Orakel den
Text des Ur-Malalas wieder; der Oxoniensis Baroccianus 182, unsere Haupthandschrift
18 Die einzige vollständige Liste liefert Roberto (2015), S. 216; siehe auch die Tabelle am Ende dieses
Beitrages.
19 Am vollständigsten sind die Tabellen von Brock (1983) und Brock (1984). Erbse (1941) und Erbse (1995)
übersieht bei Thesauri minores C03 das Zeugnis von Malalas, Chronographia VII15; entsprechend Beatrice
(2001) und Thurn (2000).
20 Nach einer anderen Quelle war diese Orakelstätte die des Sarapis: Suda θ 415 Adler s.v. ΘοϋΛις: εις
τό μαντείαν τού Σαράπτδος.
2ΐ Garstad (2014a), S. 67-68 mit Anm. 64 hält das Orakel für ein Stück christlicher Polemik.
22 Vgl. zu diesem Paar Siegert (2004).
23 In Pheosophia Tubingensis § 27 Erbse (in Z. 7; das Orakelstück kommt aus dem zweiten Buch von
Porphyries’ Philosophin ex ornculis haurienda, F 325 Smith) erscheint z.B. αιώνιος αΛκή. Zu monothe-
istischen Tendenzen vgl. Mitchell/van Nuffelen (2010).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften