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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0359
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Wolfram Brandes

gung mit ihr lohnend zu sein - vor allem deshalb, weil eine eingehendere Analyse
der Vorgänge eine ganze Reihe von Fragen aufwirft, die bisher so noch nicht gestellt
wurden. Allerdings - und das sei gleich an dieser Stelle eingestanden - werden einige
dieser Fragen unbeantwortet bleiben müssen, was in erster Linie auf die schwierige
Quellensituation zurückgeführt werden kann.
Die letzten Regierungsjahre Justinians sind von einer geringeren Quellendichte
gekennzeichnet.6 7 Die legislatorischen Aktivitäten des gealterten Kaisers (geb. ca. 482)
waren fast zum Erliegen gekommen? Die historische Situation um 562 war keines-
wegs günstig. Und was in diesen Jahren im Kopfe Justinians vorging, wissen wir natür-
lich auch nicht. Was wir wissen, ist, dass er bis spätestens Ende 564/Anfang 565 (also
nur wenige Monate vor seinem Tod) sich mit der Lehre des Julian von Halikarnassos
(der eigentlich ein Miaphysit war, wenn auch Gegner des Severus von Antiochia)8 von
der Unversehrtheit des Leibes Christi (zwischen dem Tod am Kreuz und der Him-
melfahrt) intensiv befasste und dieses Dogma (Aphthartodoketismus) per Gesetz im
ganzen Reich als verbindlich erklärte.9 Der sich sträubende Patriarch Eutychios, der
562 am hier behandelten Prozess (yilentium) teilgenommen hatte,10 wurde abgesetzt.
Und wer führte ihn in die Verbannung? Der bekannte kourator Aitherios, von dem
noch mehrfach die Rede sein wird.11
Die Lage des Reichs um 562 war also nicht rosig. Die großen Pestkatastrophe
der 40er Jahre sowie die immer wieder aufflammenden neuen Pestwellen, die auch
Konstantinopel betrafen (555/556 kam es durch einen eingetretenen Getreidemangel
zu einem Aufstand in Konstantinopel; 557/558 tobte die Seuche in Antiochia und von
Februar bis Juli desselben Jahres suchte sie erneut die Hauptstadt heim; 560/561 wa-
ren dann erneut Antiochia und Kilikien an der Reihe, von dort wurde auch Syrien
betroffen), hatten Langzeitwirkungen. Man darf diese Auswirkungen - nicht nur die
mentalen und theologischen - nicht zu gering schätzen. Die Störungen der Wirt-
schaft, der Ausfall von Steuern (und Rekruten) verstärkten die ohnehin vorhandenen
Krisensymptome.12
Dass in einer solchen Situation der Staat Probleme hatte, genügend Geldmittel
zu akkumulieren, dürfte auf der Hand liegen. Der Umstand, dass der Umsturzver-
such des Jahres 562 fast ausschließlich von Männern des Finanzsektors unternommen
wurde, macht es wahrscheinlich, dass diese Banker gegen bestimmte finanzpolitische
Maßnahmen des Kaisers rebellierten. Es scheint aber auch mächtige Hintermänner
6 Siehe u.a. Evans (1996), insb. S. 253-272 („The Final Years“); Leppin (2011), S. 316-334 („Ende in
Isolation“).
7 Vgl. die bequeme Übersicht in RKOR.
8 Siehe Müller-Abels (>2002); CPG 7125-7126.
9 RKOR Nr. 1452 (S. 346), mit Quellen und Literatur; Uthemann (2005), insb. S. 327-331; zuletzt dazu
Meier (2016a).
10 Siehe unten Anm. 88.
11 Eustratius, Vita Entychii S. 69,2153-70,2171 Laga; BHG f>yy, CPG 7520; zu dieser Vita siehe Efthymiadis
(2011), S. 64-65 Zu Aitherios siehe unten Anm. 99 und passim.
12 Siehe die Übersicht von Meier (2005a) sowie die anderen Beiträge in Meier (2005b); immer noch
lesenswert sind Leven (1987); Brandes (1989), S. 185-186; siehe zuletzt Meier (2016b).
 
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