570 Richard Wagner in Bayreuth
durch die von ihm konstituierten Verträge oder vollzogenen Festlegungen sei-
ne Freiheit einbüßt. Die Rheintöchter klagen: „Traulich und treu / ist's nur in
der Tiefe: / falsch und feig / ist was dort oben sich freut!" (GSD V, 268). Mit
,oben‘ ist hier die Konstellation der Götter gemeint, die auf prekäre Weise in
negative Emotionen wie Machtgier und Neid verstrickt sind. Als positives
Gegenbild zu dieser Szenerie inszeniert Wagner den freien Menschen in Gestalt
Siegfrieds, der seine Existenz dem Inzest der Zwillinge Siegmund und Sieglinde
verdankt. Zum Handlungsverlauf von Wagners Opern Das Rheingold und Die
Walküre und zum Part Wotans in diesen beiden ersten Teilen seiner Tetralogie
Der Ring des Nibelungen vgl. die beiden NK 438, 4 (zu den Lemmata „Wotan"
und „Brünnhilde").
508, 14-15 des goldenen Ringes, des Inbegriffs aller Erdenmacht] Für die Rhein-
töchter in Wagners Oper Das Rheingold besitzt das Gold keinen materiellen,
sondern einen ästhetischen Wert. Erst der für diese Qualität unempfängliche
Zwerg Alberich, der ihnen das Rheingold raubt, vermag aus dem Metall einen
Ring herzustellen, dessen Magie ihm Macht verleiht, allerdings nur unter der
obligatorischen Bedingung einer Liebesentsagung, auf die sich Alberich be-
denkenlos einlässt. Fortan werden Besitzgier und Machthunger zu problemati-
schen Triebkräften, die das Schicksal des Rheingolds bestimmen. Zu den Hand-
lungskonstellationen in Wagners Oper Das Rheingold, dem ersten Teil seiner
Tetralogie Der Ring des Nibelungen, vgl. NK 438, 4 (zum Lemma „Wotan").
508, 24 dem Zwange, der ihn bindet, gehorchen] In Handlungssequenzen der
beiden ersten Werkkomplexe von Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen
gerät der Gott Wotan durch eigene frühere Festlegungen in problematische Di-
lemmata. Dies trifft schon auf den zweiten Akt von Wagners Oper Das Rhein-
gold zu: Hier bringt sich Wotan in Schwierigkeiten, weil er den Riesen Fasolt
und Fafner für die Errichtung der Götterburg Walhall als Belohnung die Göttin
Freia versprochen hat, deren Anwesenheit für die Götter jedoch existentiell
unentbehrlich ist (vgl. NK 438, 4). Als die Riesen nach erbrachter Leistung den
Preis einfordern, stellt Wotan die Vereinbarung zunächst als Scherz hin, um
Zeit zu gewinnen, kann die selbst verschuldeten Handlungszwänge dadurch
allerdings nicht außer Kraft setzen. - Im dritten Akt der Oper Die Walküre ver-
hängt Wotan eine Strafe über seine Lieblingstochter Brünnhilde, weil sie beim
Zweikampf zwischen Siegmund und Hunding durch ihr Engagement für Sieg-
mund zwar Wotans ursprüngliche Anweisung ausgeführt, zugleich aber seine
spätere, genau gegenläufige Willenserklärung missachtet hat. Als sie sich ihm
gegenüber für ihr Handeln rechtfertigt und in diesem Zusammenhang das Di-
lemma betont, reagiert Wotan darauf zwar mit Erschütterung, vermag die von
ihm bereits verhängte Strafe aber nicht mehr zurückzunehmen, sondern nur
durch die von ihm konstituierten Verträge oder vollzogenen Festlegungen sei-
ne Freiheit einbüßt. Die Rheintöchter klagen: „Traulich und treu / ist's nur in
der Tiefe: / falsch und feig / ist was dort oben sich freut!" (GSD V, 268). Mit
,oben‘ ist hier die Konstellation der Götter gemeint, die auf prekäre Weise in
negative Emotionen wie Machtgier und Neid verstrickt sind. Als positives
Gegenbild zu dieser Szenerie inszeniert Wagner den freien Menschen in Gestalt
Siegfrieds, der seine Existenz dem Inzest der Zwillinge Siegmund und Sieglinde
verdankt. Zum Handlungsverlauf von Wagners Opern Das Rheingold und Die
Walküre und zum Part Wotans in diesen beiden ersten Teilen seiner Tetralogie
Der Ring des Nibelungen vgl. die beiden NK 438, 4 (zu den Lemmata „Wotan"
und „Brünnhilde").
508, 14-15 des goldenen Ringes, des Inbegriffs aller Erdenmacht] Für die Rhein-
töchter in Wagners Oper Das Rheingold besitzt das Gold keinen materiellen,
sondern einen ästhetischen Wert. Erst der für diese Qualität unempfängliche
Zwerg Alberich, der ihnen das Rheingold raubt, vermag aus dem Metall einen
Ring herzustellen, dessen Magie ihm Macht verleiht, allerdings nur unter der
obligatorischen Bedingung einer Liebesentsagung, auf die sich Alberich be-
denkenlos einlässt. Fortan werden Besitzgier und Machthunger zu problemati-
schen Triebkräften, die das Schicksal des Rheingolds bestimmen. Zu den Hand-
lungskonstellationen in Wagners Oper Das Rheingold, dem ersten Teil seiner
Tetralogie Der Ring des Nibelungen, vgl. NK 438, 4 (zum Lemma „Wotan").
508, 24 dem Zwange, der ihn bindet, gehorchen] In Handlungssequenzen der
beiden ersten Werkkomplexe von Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen
gerät der Gott Wotan durch eigene frühere Festlegungen in problematische Di-
lemmata. Dies trifft schon auf den zweiten Akt von Wagners Oper Das Rhein-
gold zu: Hier bringt sich Wotan in Schwierigkeiten, weil er den Riesen Fasolt
und Fafner für die Errichtung der Götterburg Walhall als Belohnung die Göttin
Freia versprochen hat, deren Anwesenheit für die Götter jedoch existentiell
unentbehrlich ist (vgl. NK 438, 4). Als die Riesen nach erbrachter Leistung den
Preis einfordern, stellt Wotan die Vereinbarung zunächst als Scherz hin, um
Zeit zu gewinnen, kann die selbst verschuldeten Handlungszwänge dadurch
allerdings nicht außer Kraft setzen. - Im dritten Akt der Oper Die Walküre ver-
hängt Wotan eine Strafe über seine Lieblingstochter Brünnhilde, weil sie beim
Zweikampf zwischen Siegmund und Hunding durch ihr Engagement für Sieg-
mund zwar Wotans ursprüngliche Anweisung ausgeführt, zugleich aber seine
spätere, genau gegenläufige Willenserklärung missachtet hat. Als sie sich ihm
gegenüber für ihr Handeln rechtfertigt und in diesem Zusammenhang das Di-
lemma betont, reagiert Wotan darauf zwar mit Erschütterung, vermag die von
ihm bereits verhängte Strafe aber nicht mehr zurückzunehmen, sondern nur